Frau Müller-Elmau, 3sat hat vor einem Jahr sein Erscheinungsbild überarbeitet und die digitale Präsenz rundum erneuert. Jetzt wollen Sie am Programmschema arbeiten. Mit welchem Ziel?

Ich bin seit Januar 2018 bei 3sat und wir befinden uns seither in einem Modernisierungs- und Profilierungsprozess. Dabei ging es um die von Ihnen genannten Schritte, das Design, unsere neue Mediathek und jetzt das Programm. Wir haben versucht unseren Zuschauerinnen und Zuschauern genau zuzuhören, um zukünftig  das zu stärken was sie an uns besonders schätzen: Unsere hohe Qualität, unsere journalistische Glaubwürdigkeit und dass wir Themen Raum geben.  Unter anderem  punkten wir ja seit je her schon mit unseren Thementagen. Wir setzen ab März verstärkt auf vertiefende, längere Informationsstrecken an den Wochentagen und anspruchsvolle Fiktion am Freitag.

Was bedeutet es, wenn Sie von der Verlängerung von Informationsstrecken sprechen?

Wir wollen unsere Marke „3sat Thema“ in Zukunft noch deutlich ausbauen. Wir hatten dafür im letzten Jahr  eine Pilotprogrammierung mit der „Großen Nachkriegsshow“, wo wir den Dokumentarfilm „Kulenkampffs Schuhe“ gezeigt haben, eingebunden in eine Moderation und vertiefende Gespräche. Und danach haben wir thematisch passende Folgen von „EWG“ und „Dalli Dalli“ programmiert. Das klingt vielleicht erstmal Retro, aber eingebettet in den Abend und folgend auf „Kulenkampffs Schuhe“ und die Diskussionen, hat man diese Sendungen von damals dann nochmal mit ganz anderen Augen gesehen. Das war inhaltlich überzeugend und kam beim Publikum sehr gut an. Das hat uns darin bestärkt, solche Themenabende 2020 häufiger zu programmieren. 3sat wird oft gemocht ohne dass vielen bewusst ist, dass unser Programm nicht nur aus Zulieferungen von ARD, ZDF, ORF und SRF besteht sondern 3sat auch originär produziert.

Was ist da demnächst geplant?

Am 27. Februar zeigen wir den mit der „Terra X“-Redaktion koproduzierten Dreiteiler „Anthropozän“, der sich mit dem Einfluss der Menschen auf die Entwicklung der Erde befasst und machen daraus einen ganzen Abend unter dem Titel „Rettet die Erde“, in dem wir das Programm in weiterführende Gespräche einbetten werden. Dafür setzen wir auch unser übliches Programmschema außer Kraft und nehmen uns richtig viel Zeit. Ein anderes Beispiel: Unser Wirtschaftsmagazin „makro“ wird künftig immer dienstags um 22.25 Uhr Themen anreißen und danach greifen passende Dokumentationen das Thema auf. Zum Start Anfang März geht es beispielsweise um das Thema Schulden, aktuell in „makro“ und danach zeigen wir eine Doku der WDR-Reihe „Akte D“. Ähnlich werden wir es am späten Donnerstagabend mit dem „auslandsjournal extra“ und einer passenden Dokumentation machen.

"Wir wollen das Beste aus dem öffentlich-rechtlichen Repertoire ins Schaufenster stellen."

Bleibt bei aller Flexibilität im Programmschema das Heiligtum am Vorabend unangetastet?

Natürlich, „nano“ und „Kulturzeit“ sind unsere Leuchttürme und bleiben unverändert auf ihren Sendeplätzen mit denen 3sat von 18.30 Uhr bis 20.15 Uhr eine einzigartige Informationsstrecke anbietet. Die beiden Formate sind Gemeinschaftsproduktionen unserer Partner, an denen  Fachredakteure aller Sender arbeiten und gemeinsam den hohen Standard halten. Das ist eine ganz besonderes Stück öffentlich-rechtliches Fernsehen auf das ich bei 3sat nicht verzichten will.

Am Freitagabend wollen Sie die fiktionalen Programme bei 3sat bündeln. Was steht da auf dem Programm?

Es geht dabei um die großen historischen und zeitgeschichtlichen Fernsehfilme unserer Mutterhäuser, denn in die Fiktion werden wir mit unserem Budget sicher nicht einsteigen. Wir fangen an mit „Frau Böhm sagt nein“ von der ARD, dann kommt der ARD-Zweiteiler „Die Flucht“, dann vom ZDF der Zweiteiler „Landgericht“. Große relevante Stoffe, allesamt preisgekrönt und Unterhaltung mit Erkenntnisgewinn. Wir wollen das Beste aus dem öffentlich-rechtlichen Repertoire ins Schaufenster stellen. Das sind Schätze, die nochmal die ganz große Bühne verdienen auch weil sie vielleicht von einer Generation ursprünglich nicht gesehen wurde, die jetzt nach relevanten fiktionalen Geschichten sucht.