Herr Schiwek, zuerst wurde UFA X integriert, wenig später folgte die Übernahme von TubeOne. Wie groß ist Divimove eigentlich?

Vor der Integration von UFA X, also vor einem knappen Jahr, waren wir europaweit 90 Mitarbeiter. Mit UFA X, United Screens in den Nordics, RTL MCN in Holland und zuletzt TubeOne Networks kommen wir jetzt auf rund 250 Stellen. Über 20 Positionen sind momentan aber noch zusätzlich auf unserer Homepage ausgeschrieben. Und das alles in einem Jahr. Das muss man erst einmal gestemmt bekommen. Wir sind so stark gewachsen, dass wir im Sommer diesen Jahres unser Headquarter in Berlin an einen neuen Standort mit 2.000 Quadratmetern verlagern werden.

Was genau macht dieses schnelle Wachstum mit der DNA Ihres Unternehmens?

Wir haben während dieser Entwicklung zwei Dinge gemacht: Erstens qualitativ rechts und links angebaut. Insbesondere mit UFA X haben wir noch einmal ganz viel Produktionsexpertise dazugewonnen. Und zweitens hat sich kulturell etwas getan. Es gibt eine hohe Überschneidung an Interessen und Talenten. Ich würde sogar behaupten, dass, wenn jemand durch die Firma geht, kaum noch zugeordnet werden kann, zu welcher Firma ein Mitarbeiter ursprünglich gehörte. Zur DNA von Divimove gehört aber auch, dass sich unser Geschäftsmodell kontinuierlich weiterentwickelt und längst nicht mehr YouTube only bedeutet. Wir brauchen Leute, die schnell und positiv auf Veränderungen reagieren, da sich auch das Geschäft schnell ändert. 

Wie wichtig ist Größe in diesem Geschäft?

Es ist vor allem wichtig, grenzübergreifend zu arbeiten. Größe spielt da aus verschiedenen Gründen eine Rolle. Da geht es etwa darum, eine Antwort auf die Fragmentierung der Zielgruppen zu geben. Wir haben Künstler, die teilweise drei oder vier Kanäle betreiben – da hilft Größe ungemein. Sie hilft außerdem in einer Verhandlungsposition mit Plattformen, Markenartikeln und Künstlern. Jeder, der Teil unserer Produktionskette ist, genießt den Vorteil, dass wir sowohl Konzeption, Kreation, Strategie, Talent, Produktion als auch Media europaweit aus einer Hand liefern können. Die Größe ist es also nicht per sé, sondern die Zentralisierung der Möglichkeiten. Beides geht Hand in Hand.

Wie viel Zeit bleibt eigentlich noch, um sich um einzelne Künstler zu kümmern, die nicht unbedingt den größten Namen haben?

Das ist ein ganz wichtiger Kern unseres Modells, der noch relevanter werden wird. Viele setzen rein auf Reichweite, für uns ist jedoch das Qualitative entscheidend. Wir wollen mehr und mehr Persönlichkeitsmarken aufbauen. Da geht es um Haltung, um Wertesysteme und Communities. Sie können kein gutes Narrativ pflegen, ohne ein gutes Gesicht. Das ist der Dreh- und Angelpunkt für uns. Unser Anspruch muss es sein, möglichst viele Narrative abzudecken – und das geht nur, indem man sich intensiv mit den Künstlern befasst. Ich muss dazu sagen, dass unsere Zusammenarbeit mit jedem Künstler individuell ist - es gibt kein Standardprogramm. Bei einem Künstler liegt die Beratungsintensität vielleicht im technischen Bereich, bei einem anderen in der Vermarktung.

Kürzlich haben Sie mit Rezo Ihr wohl einflussreichsten Gesicht verloren. Lässt sich das überhaupt innerhalb kurzer Zeit kompensieren. 

Wir reden selten über einzelne Talente. Entscheidend ist es für uns, dass wir über die Jahre hinweg ein so starkes Portfolio aufgebaut haben, welches nicht von einem einzelnen Talent abhängig ist. Wie er selbst sagte, haben wir uns im Guten getrennt. An verschiedenen Stellen arbeiten wir sogar noch zusammen. Dass jemand auch mal einen anderen Weg einschlagen wird, gehört zu diesem Geschäft dazu wie in der Sport- oder Musikindustrie.

Klingt ein bisschen wie im Profi-Fußball. Gibt’s bei Ihnen einen ähnlichen Poker um Vertragsverlängerungen?

Die Vertragslaufzeiten sind ähnlich wie unsere vereinbarten Leistungen gegenüber dem Talent sehr individuell. Bei manchen Kooperationen arbeiten wir sogar ganz ohne Kündigungsfristen. Es bringt nichts, jemanden an sich zu binden, der gar keine Lust mehr auf die Zusammenarbeit hat. 

Wie ist es generell um Talente bestellt? Gibt es noch weitgehend unentdeckte Gesichter? 

Es gibt eine große Lust in der Gesellschaft, sich zu zeigen. Das liegt sicherlich daran, dass die Barriere so niedrig ist wie noch nie. Wir fragen uns sogar manchmal, ob es noch irgendeine Nische gibt, die mittlerweile noch nicht abgedeckt ist – und werden dann tatsächlich wieder von jemandem überrascht, der mit etwas komplett Neuem um die Ecke kommt. Dadurch, dass sich jeder kreative Mensch in seinem Wohn- oder Kinderzimmer vor die Kamera setzen und die Menschen unterhalten kann, ist es auch so einfach wie nie, Talente zu finden