Herr Ries, Sie kennen die Seite des Schauspielers ebenso wie die des Regisseurs. Wie haben Sie die Corona-Zeit bis jetzt erlebt? 

Als Schauspieler war ich seit Beginn der Corona-Pandemie nicht tätig. Dafür konnte ich in dieser Zeit zwei Filme als Regisseur begleiten, darunter "Ein Sommer auf Elba", der am kommenden Sonntag läuft. Ursprünglich war geplant, den Film schon im Frühjahr zu drehen, was dann aus nachvollziehbaren Gründen nicht möglich war. Direkt am ersten Tag, an dem die Grenzen geöffnet wurden, habe ich mich auf Motivsuche begeben, was ein eigenartiges Gefühl war, schon alleine weil am Flughafen fast keine Menschenseele anzutreffen war. Das fühlte sich wie die Apokalypse an. (lacht) Der Dreh selbst fühlte sich erstaunlich normal an, auch wenn wir lernen mussten, mit Maske zu arbeiten. Da wir alles draußen gedreht haben, konnten wir trotz Corona vergleichsweise entspannt arbeiten. Im Spätherbst, als ich einen Film in Hamburg gedreht habe, war das anders, weil wir regelmäßig Corona-Pausen einlegen mussten. Trotzdem bin ich dankbar, dass wir überhaupt arbeiten konnten.

"Ein Sommer auf Elba" wurde vor einem halben Jahr gedreht, zu einer Zeit, in der die Infektionszahlen vergleichsweise niedrig waren. Wie viel Erleichterung machte sich breit, als der Film abgedreht war?

Natürlich machte sich Erleichterung breit, nachdem alles gutgegangen ist. Während des Drehs steht man allerdings derart unter Zeitdruck, dass kaum Zeit bleibt, sich über die Situation Gedanken zu machen. Umso wichtiger war es, dass wir am Set einen Hygienebeauftragten hatten, der durchweg ein Auge auf die Einhaltung aller Regeln hatte und schnell zu einer Art Teammitglied geworden ist. 

Ihre Hauptrolle hat Ihre Frau gespielt. Ist das eine besondere Art der Zusammenarbeit?

Meine Frau und ich lesen immer gegenseitig unsere Bücher – und sie war direkt angetan von der Rolle. Allerdings war es nicht meine Idee, sie zu verpflichten, sondern die unserer Produzentin Ariane Krampe. Danach mussten wir erst mal im Sender prüfen, ob das in Ordnung geht, schließlich wollten wir nicht den Eindruck einer Family Affair erwecken. Nachdem es dann grünes Licht gab, lief die Zusammenarbeit sehr normal. Es ist vielleicht ein wenig vertrauter, weil man sich gut kennt und dadurch besser einschätzen kann, was man gegenseitig erwartet.

Ein Sommer auf Elba © ZDF/Christiane Pausch Maja (Regula Grauwiller) hat von ihrer Familie die Schnauze voll und setzt sich in einen Glamping-Park, einer Art Luxus-Zelt-Platz, ab. Dessen Betreiber Lorenzo (Robert Schupp) hat offenbar ein Geheimnis.

Es handelt sich bereits um die 35. Folge der Reihe. Was macht der Reiz für Sie aus?

Wenn ich ehrlich bin, gibt es einige Sonntagabendfilme, die ich mir nicht angucken kann. Als Regisseur möchte ich einen Film machen, von dem ich überzeugt bin. Ich habe nichts gegen leichte Stoffe, möchte diese aber so echt wie möglich machen, um mich darin wiederfinden zu können. Ich mache mich nicht lustig über die Zuschauer, weil ich mich selbst als Zuschauer sehe. Meine Figuren bedienen keine Klischees. Das ist uns in meinen Augen mit diesem Film ganz gut geglückt. 

Leider hapert es in Deutschland manchmal an der Kommunikation zwischen Schauspielern und Regisseur.

Sie haben in zahlreichen Filmen und Serien mitgespielt, unter anderem lange in der Krimiserie "SOKO Köln". Wie kommt's, dass Sie jetzt vermehrt hinter der Kamera stehen?

Als Schauspieler hab ich nie genau gewusst, was im Hintergrund passiert. Man ist der Sache ein Stück weit ausgeliefert. In dem Moment, in dem Du selber Regie führst, weißt du, wie der ganze Apparat den Schauspielern zuarbeitet. Irgendwann hat mir das Spielen alleine nicht mehr gereicht. Regie zu führen, ist für mich eine einzige Erfüllung, weil ich den Schauspielern das geben kann, was ich mir als Schauspieler immer gewünscht habe. Leider hapert es in Deutschland manchmal an der Kommunikation zwischen Schauspielern und Regisseur. 

Wie lässt sich die Kommunikation verbessern?

Ich würde das wahnsinnig gerne unterrichten, weil ich glaube, dass Regisseurinnen und Regisseure viel mehr lernen müssen, mit Schauspielern umzugehen, um ihnen nahezukommen und das Beste aus Ihnen herauszuholen. Wie oft habe ich es selbst am Set erlebt, dass Regisseure etwas gesagt haben, das ich gar nicht verstanden habe. Sie hofften, dass ich ihnen etwas spielen werde, konnten sich aber schlicht nicht richtig ausdrücken. Man braucht dieses Handwerkszeug, die Worte, um sagen zu können, was man vom anderen erwartet. Gleichzeitig müssten Schauspieler auf Schauspielschulen aber auch viel mehr von den anderen Gewerken lernen, um die Nöte des Kostüms, des Schnitts oder der Regie zu verstehen. Seit ich selbst Regie führe, spiele ich allerdings noch lieber, weil ich weiss wie die einzelnen Kreativabteilungen dem Schauspiel zuarbeiten.

Wie kamen Sie zur Regiearbeit?

Ich habe in New York Schauspiel studiert, parallel aber auch Drehbuch und Regie. Mich haben schon immer beide Seiten gereizt. Eine Zeit lang habe ich nur gespielt, um meine Familie zu ernähren, denn als Regisseur wird man in den seltensten Fällen wirklich reich. Irgendwann kam der Kameramann Wolfgang Aichholzer auf mich zu und motivierte mich, Regie zu machen. Auch Ariane Krampe hat mich schon lange unterstützt, sodass ich mich allmählich in diesem Bereich vortasten konnte. Ein echter Durchbruch war ein Kurzfilm, den ich mit Nadja Tiller und Walter Giller gemacht habe. Das war, wenn Sie so wollen, ein echter Türöffner, der es mir nun auch ermöglicht, eigene Wege zu gehen, so wie mit der Verfilmung von Miriam Maertens Roman "Verschieben wir's auf morgen", den ich gerade unter dem Titel "Die Luft zum Atmen" zusammen mit der Network Movie Hamburg für das ZDF inszeniert habe. Das ist kein trauriges, sondern ein lebensbejahendes Drama, das als Montagabendfilm ausgestrahlt wird.

Lassen Sie uns zum Schluss noch weiter nach vorne blicken: Was sind Ihre Pläne für das noch junge Jahr, in dem noch ja wegen Corona noch einige Ungewissheiten bestehen?

Vor zehn Jahren habe ich mir mit meinen Kindern einen Film ausgedacht, den wir jetzt auf den Namen "Rettet das Grand Hotel" getauft haben und ins Kino bringen wollen. Daneben arbeite ich an einer Vater-Sohn-Geschichte namens "Herzattacke" und mache mit Ariane Krampe ein Familien-Krimidrama, das Christian Jeltsch nach meiner Idee geschrieben hat. Sie sehen: Ich bin Grundoptimist und gehe daher davon aus, dass das alles schon wieder wird. 

Herr Ries, vielen Dank für das Gespräch.

"Ein Sommer auf Elba", Sonntag um 20:15 Uhr im ZDF