Foto: DWDL.de; Bernd das Brot: KikaHerr Krappweis, Sie sind der Gründer der Produktionsfirma Bumm-Film, die sich spezialisiert hat auf Entwicklung und Realisierung von Visual Comedy. Mit Ihrer Arbeitsweise nimmt die Firma eine Ausnahmeposition ein. Sie sagen, Sie kommen morgens ins Studio und probieren dann einfach mal aus, was man machen könnte. Wie kann ich mir das vorstellen?

Das war mal die Idee dahinter und manchmal machen wir das tatsächlich so. Die Grundidee ist, dass ich es als großer Fan des Stummfilmkinos immer toll fand, wie Charlie Chaplin und Buster Keaton arbeiten durften. Die hatten ein Studio mit einem großen Raum, einen Schneideraum, Musiker und Requisiteure und haben gesagt: „Was machen wir denn heute?“. Ich habe das in meinem Studio außerhalb von München im Kleinen nachgebaut. Ich hab eigene Schnittplätze mit Editoren und Sounddesigner, die nur für uns arbeiten. Die Leute sind danach ausgesucht, ob sie in unsere Gehirnwelt passen. Die wenigsten von denen kommen originär vom Fernsehen, sondern das sind alles Leute, die vom Spirit her passen und auch so eine gewisse Grunddebilität mitbringen. Jeder hat dann auch noch in einer bestimmten Sache ein besonderes künstlerisches Talent, das nicht jeder hat. Wir achten auch sehr darauf, dass die Leute multitasking-fähig sind. So wie zum Beispiel Norman Cöster, der mit mir „Bernd das Brot“ entwickelt hat. Der schreibt sehr viele Sachen für „Bernd das Brot“, der dreht jetzt mit mir in Prag die „Märchenstunde“, macht Second Unit-Regie, spielt selbst und ist Gagman am Set. Mein Editor Jochen Donauer ist nicht nur Schlagzeuger sondern auch ein toller Comedian, mein Bruder Nico hat Schreiner gelernt und ist bei uns Sound-Designer mit Fachrichtung Comedy. Wenn wir nicht alle am Ende der Märchen an aktuter Überarbeitung sterben, ist das eigentlich die beste Art zu arbeiten überhaupt, weil sich die Bereiche alle gegenseitig befruchten.

Was ist denn bitte ein Gagman?

Das ist ein Job, den gibt es eigentlich nur in Amerika und der war früher in der Stummfilmzeit sehr weit verbreitet. Ein Gagman ist jemand, der ist nur am Set, um sich zu überlegen, wie man eine Szene noch lustiger hinkriegt. Der zum Beispiel auch neue Gags findet, wenn sich die Situation während des Drehs verändert. Beim Dreh zur ProSieben-Märchenstunde wollten wir zum Beispiel Alexandra Neldel noch ein paar Gags geben, wie sie versucht, den Frosch zum Sprechen zu bringen, der gar nicht sprechen kann. Da hat sich der Gagman zehn Minuten hingesetzt und gemeinsam mit dem Innenrequisiteur überlegt, was man noch machen kann mit den Sachen, die wir da hatten. Das ist eine der lustigsten Szenen der Folge überhaupt geworden. Oft ist das, was einem am Set einfällt komischer als das, was man zu Hause vorbereitet, während man in den Computer starrt.
 
 
Wenn man nach dem Prinzip arbeitet, morgens ins Studio zu gehen, um zu schauen, was man denn mal macht, wie kommt man denn dann in Verträge bei Sendern, die ja eher auf Nummer sicher gehen und vorher genau wissen wollen, was sie bekommen?

In dem Extrem ist das natürlich eine ganz spezielle Situation. In so einem idealen Gücksfall, dass wir alle Freiheiten dieser Welt haben befinden wir uns selten. Wenn ein Sender zum Beispiel sagt: „Wir haben sehr, sehr, sehr, sehr wenig Geld“, dann sagen wir: „Okay, dann haben wir sehr, sehr, sehr, sehr viel redaktionelle Freiheit“. Bei Sun TV für Regionalsender wie TV-Berlin und TV München vor ein paar Jahren war das zum Beispiel so. Wir erkauften uns sozusagen die Freiheit damit. Da haben wir dann für ein paar hundert Mark auf dem Flohmarkt Requisiten gekauft und geguckt, was wir damit machen können. Die Trefferquote für gute Sketche lag immerhin bei sechzig Prozent. Die übrigen vierzig...naja...die gab es auch. Dabei arbeiten wir natürlich immer in gegenseitiger Absprache. Es ist ja nicht so, dass der Sender dann erschrocken ist. So eine Situation ist aber eher selten, weil wir mittlerweile von den Aufträgen und von den Budgets her in Gefilde gekommen sind, wo sich solche Fragen gar nicht mehr stellen. Was ja auch gut ist. Unsere Firma hat ihren Wert um ein Vielfaches erhöht und es läuft alles hervorragend. Gerade die ProSieben-Märchen, die wir für „Rat Pack“ machen, sind natürlich nichts, wo es darum geht, sich morgens zu fragen, was man macht, sondern das ist ein Drehplan von epischen Ausmaßen, an den man sich besser auch hält.