Frau Koch, ihr Kollege Daniel Rosemann will Sat.1 als beste Freundin positionieren und noch stärker Frauen ansprechen. Bekommt Sixx konzernintern Konkurrenz? 

Sixx ist und bleibt die jüngere Marke. Wenn wir Programm machen, dann denken wir an eine Zuschauerin im Alter irgendwo zwischen 20 und 39 Jahren. Daniel geht bei Sat.1 ganz bewusst auf die starke Frau ab 40. Für uns bleibt ein enormes Feld, weil das Spektrum der Interessen von 20 bis 39 Jahren schon extrem groß ist: Beauty setzt sicher viel früher ein als zum Beispiel Home & Living, wobei das bei jüngeren Zuschauerinnen auch schon über Deko-Themen gut funktioniert. Da haben wir viel Spielraum für Sixx.

Wo Ihnen die Late-Night-Shows genommen wurden, gibt’s jetzt also als Entschädigung nicht noch ein Sixx-Format mit Frau Schrowange?

(lacht) Nein, das nicht. Wir profitieren als Sixx auf der anderen Seite auch sehr von der Zugehörigkeit zur Sendergruppe, wenn wir „Das große Promi-Backen“ oder „Germany’s Next Topmodel“ als Quick-Repeat zeigen können. Es ist also nicht so als wenn uns die großen Schwestern nichts abgeben. Aber bei den Eigenproduktionen setzen wir auf Uniqueness. Und natürlich darf es da auch mal Überschneidungen geben, wie zum Beispiel bei Melissa Khalaj, die bei uns, aber auch bei„The Voice of Germany“ zu sehen ist.

Sie haben vor einem Jahr mitten in der Pandemie die Führung von Sixx übernommen. Wie fällt Ihre eigene Bilanz des ersten Jahres aus?

Ich blicke mit ganz viel Stolz auf das vergangene Jahr zurück, weil wir unseren Marktanteil stabil halten konnten und das,obwohl unsere relevante Zielgruppe oft gleich doppelt gefordert war: Die Zweifachbelastung von Beruf und Familie hängt leider immer noch an den Frauen - ob selbst gewählt oder nicht – was in der Pandemie nochmal eine besondere Herausforderung darstellte, weil für Frauen wenig eigene Zeit zum Fernsehen bleibt. Und dann war es ein Sportjahr mit Europameisterschaft und Olympischen Spielen. Unter all diesen Vorzeichen den Marktanteil stabil gehalten zu haben, steht bei mir ganz oben auf der Top-Liste der Achievements in diesem Jahr.

Inwiefern spüren Sie die veränderte Nutzung Ihrer Zielgruppe?

Der instabile Alltag hat unsere Zuschauerinnen in besonderer Weise getroffen, was die eigene Me-Time betrifft. Sich also mal einfach Zeit für sich zu nehmen, abzuschalten und seine Lieblingsserie auf Sixx zu schauen, ist schwieriger geworden. Nicht nur, weil viel zu tun ist. Allein die Tatsache, dass Home Office und Distanzunterreicht dafür sorgen, dass Familien häufiger zusammen zuhause waren, ergibt weniger Gelegenheit, mal abzuschalten und sich was zu gönnen. Zum Glück haben uns aber im Lockdown auf der anderen Seite gerade jüngere Frauen, die noch ohne familiäre Verpflichtungen sind nochmal neu entdeckt.

Wieso das?

Unter anderem weil Sixx sich schon länger gewandelt hat und Themen wie Home & Living gerade in der Pandemie gut funktionieren, weil unser Zuhause in den vergangenen zwei Jahren mehr denn je für viele der wichtigste Ort geworden ist. Auch Food ist ein Genre, das vom Lockdown profitieren konnte. Kochen und Backen sind relevanter geworden, als die Restaurants geschlossen waren und man sich Essen nicht liefern lassen kann oder will. Das schlug sich bei uns z.B. am Samstag in der Daytime in der besten Staffel „Sweet & Easy“ ever nieder. Auch am Samstagabend waren wir mit „Fixer Upper“ und Backen nie erfolgreicher.

Bleibt das Interesse an den Genres denn, wenn die Pandemie irgendwann mal ihr Ende finden sollte?

Beides sind Themen, in denen man sich im positiven Sinne verlieren kann. Wer einmal Spaß am Kochen und Backen gewonnen hat, hört nicht einfach wieder damit auf.

Sie begleiten Sixx ja schon seit dem Sendestart. Wenn wir die Senderin heute mit damals vergleichen, dann hat sich viel verändert, oder?

Zum Sendestart von Sixx bestand das Programm zu 80 Prozent aus US-Serien, heute sind es nur noch etwa 50 Prozent. An diesem Verhältnis wollen wir festhalten. Für Fans toller US-Serien haben wir eine gute Nachricht, denn wir werden die Zahl der Serien-Erstausstrahlungen verdoppeln. Wir haben 2021 schon den Mädelsabend mit „All Rise“ revitalisiert und werden nachlegen, mit weiblicher Heldin bzw. weiblichen Heldinnen im Mittelpunkt. Im März starten wir „The Bold Type“, das ist quasi „Sex and the City“ für Female Millenials und gleichzeitig Empowering Entertainment. Ich weiß, so viele englische Begriffe, aber Empowering Entertainment mag ich sehr. Was ich damit sagen will: Bei „The Boldy Type“ geht es um moderne Frauen, die ihre ganz eigenen Wege gehen. Das ist eben nicht nur Unterhaltung, sondern auch Inspiration für unsere Zuschauerinnen. Wir haben zwar schon 90 Prozent weibliche Hauptdarstellerinnen in unserem Programm, aber wir wollen noch diverser werden, um mehr Identifikationspotential zu schaffen. Ob es um Alter, Hautfarbe oder um die Vorstellung davon geht, wie ein glückliches Leben auszusehen hat. Da kämpft gerade unsere Zielgruppe ja oft noch mit traditionellen Rollenbildern. Da passt „The Bold Type“ mit den ersten drei Staffeln hervorragend.

Wie setzen sich die weiteren 50 Prozent des Programms von Sixx zusammen bzw. sollen sie sich mit Blick auf Ihre Handschrift bei Sixx entwickeln?

30 Prozent unseres Programms bestücken inzwischen internationale Factual-Programme, die für uns weitaus wichtiger geworden sind. Die restlichen 20 Prozent setzen sich aus unseren Eigenproduktionen sowie Quick-Repeats von unseren großen Schwestersendern zusammen.

Der stärkere Fokus auf Factual-Programme im Bereich Home & Living macht es Sixx auch einfacher, das mit Eigenproduktionen zu ergänzen. Was ist da in 2022 geplant?

Home & Living wird wichtiger, definitiv. Mit nationalen Produktionen wie „Organize’n Style“, die neue Staffel startet schon am 8. Januar. Häuser umzubauen gelingt uns in Deutschland allerdings nicht ganz so schnell wie den Amerikanern, weil sie drüben dann doch öfter mit Pappe bauen, aber wir strengen uns an und wollen 2022 mit über 60 Prozent mehr Eigenproduktionen gegenüber dem Vorjahr so viel eigenes Programm on air bringen wie nie zuvor. Dafür wollen wir auch über die Bereich Home & Living und Backen hinauswachsen, mit neuen Formaten im Bereich der lieben Vierbeiner und im Bereich Beauty. Wir gehen hier mit der gleichen Strategie vor: Wir testen mit Ready-Made-Lizenzformaten und legen dann mit lokalen Eigenproduktionen nach.

60 Prozent mehr Eigenproduktionen klingt nach einem größeren Budget für die kleine Senderin. Wie erkämpft man sich das im Konzern?

Sie kennen unseren Laden offenbar sehr gut (lacht). Budget bekommt man selten geschenkt. Uns kommt die Herausforderung des vergangenen Jahres zugute: Dass wir die LateNight-Show zu „Promi Big Brother“ an Sat.1 abgegeben haben, bekamen wir zwar erstmal in der Reichweite zu spüren, aber dadurch haben wir jetzt Budget frei für originäre Sixx-Programme. Wichtig für uns ist weiterhin, dass unsere Eigenproduktionen auf eine Art zeitlos sind,  damit wir auch in kommenden Jahren noch etwas davon haben. 

Dann konkret zum Inhalt: Was kommt denn im Bereich Vierbeiner und Beauty?

Wir haben mit „Der Welpentrainer“ und „Trouble Teenies auf vier Pfoten“ schon zwei Formate, im Sommer folgt mit  „Der Pferdeversteher“ ein drittes Format dazu, so dass wir den Sonntagvorabend bei Sixx in 2022 durchgängig mit Programmen für Fans der Vierbeiner bestücken können. Der Pferdeversteher ist nicht Robert Redford, aber so viel kann ich sagen: Wir haben einen Pferdeversteher einer neuen Generation. Im Genre Beauty wollen wir den Erfolg unserer Freitag PrimeTime-Line Ups fortsetzen und zwei neue Eigenproduktionen starten. Wir werden ein bisschen schneiden, an den Haaren und möglicherweise auch an anderen Körperteilen. Mehr will ich noch nicht verraten.

Welche Rolle spielt die Vermarktbarkeit von Eigenproduktionen bei der Strategie, mehr eigenes Programm zu produzieren? Kommt da auch BrandedEntertainment ins Spiel?

Wir sind immer offen für Ideen und gerade im Bereich Beauty kann ich mir vieles vorstellen, gerade weil zum Beispiel Beauty heute etwas anderes bedeutet als vielleicht vor zwanzig Jahren. Es geht nicht mehr darum, für jemand anderen schön auszusehen, sondern sich selbst schön zu fühlen. Das bedeutet eine viel individuellere Definition von Schönheit und wird in jedem Alter zum Thema. Hier sind wir gemeinsam mit unserem Vermarkter Seven.One Media offen für Placements und Branded Entertainment. Darüber hinaus haben wir bereits das Thema Shoppable Content für uns entdeckt, was sich beim Genre Home & Living auch anbietet. Heißt: Bei „Organize’n Style“ arbeiten wir mit einem Affiliate-Programm zusammen und unsere Zuschauerinnen können Produkte aus der Sendung gezielt auf sixx.de nachkaufen. Das gehört für uns zu einer Strategie, die unser Programm über die TV-Ausstrahlung hinaus verlängert, wie wir es mit Podcasts etwa bei Paula schon erfolgreich umgesetzt haben.

Frau Koch, herzlichen Dank für das Gespräch.