Foto: RTL / Nutzung im Zusammenhang mit BerichtersDie Leserreporter-Aktion von "Bild" hat für viel Kritik gesorgt. Sie probieren jetzt bei "RTL aktuell" mit dem Aufruf Fotos und Videofilme an die 4949 zu senden Ähnliches...

Wir haben im Internet - wo wir zu dieser Aktion aufrufen - feste Regeln definiert, nach denen diese Bilder gemacht werden sollten und ich denke, dass die Leute, die mit ihrem Handy Bilder und Videos erstellen, darüber auch Bescheid wissen. Wir rufen nicht dazu auf, bei Unfällen kaputte Lastwagen zu filmen oder Mordopfer abzulichten. Vielmehr rufen wir zum Beispiel dazu auf, außergewöhnliche Wetterereignisse mit dem Handy zu filmen. Wir kanalisieren und steuern so, welche Art von Bildern wir bekommen wollen. Dass es zu jeder neuen Technik und Methode Kritiker gibt, damit zu leben habe ich über die Jahre gelernt. Wir können unsere Augen aber nicht davor verschließen, dass „user generated content“ eine immer wichtigere Rolle spielt und auch in Zukunft spielen wird. Als Redaktion sind wir aber noch immer der Filter, der zwischen der Entstehung und der Ausstrahlung sitzt.


Bei dem Transrapid-Unglück vor einigen Wochen lieferte ein "Bild"-Leserreporter die ersten Fotos vom Ort des Geschehens. Zeichnet sich nicht eine Ohnmacht der Presse ab, die gar nicht immer so schnell vor Ort sein kann wie ein "Leserreporter"?

Immer mehr Privatleute fotografieren - und das mit Hilfe der Digitalkameras und Breitband-Internet eben nicht mehr nur für sich privat. Und solche Bilder gelangen immer schneller zu den Medien. Aber wir werden natürlich auch in Zukunft noch Bildagenturen brauchen, die verlässlich und qualitativ hochwertig arbeiten. Wir werden weiterhin Nachrichtenagenturen brauchen, was Text angeht. Wir werden weiterhin auf Informationen und Bilder von Sendern wie CNN angewiesen sein - weil wir eben genau wissen, dass es sich dabei um journalistische Inhalte handelt, die wir mehr brauchen als Handyvideos. Dass es dennoch Bilder gibt, die mit einem Handy gemacht wurden, und die es vielleicht sonst nicht gegeben hätte, ist eine interessante Dreingabe. In diesem Zusammenhang wird immer wieder die norwegische Zeitung angeführt, die beim Tsunami 2004 ein Foto von einem Urlauber aus Thailand erhielt. Er hatte fotografiert wie die Welle auf ihn zu kam, er konnte sich aber retten. Innerhalb kürzester Zeit schickte er die Aufnahme via MMS nach Norwegen. Dieses Foto war das allererste Beweisbild dafür, was da unten wirklich passiert ist. Diese Situation wird es immer wieder geben und Bildmaterial, das dadurch entsteht verwenden wir natürlich auch - vor allem wenn es exklusiv ist.

Leserreporter bzw. Zuschauer die Fotos einsenden, gibt es in den USA schon länger. Sie selbst kennen auch das US-Nachrichtenfernsehen sehr gut. Sehen Sie dort einen weiteren Trend der zu uns schwappen könnte?

News-Konzepte, bei denen ich aufschrecke und mich frage, wieso wir das im deutschen Fernsehen noch nicht haben, finde ich wenige, sieht man einmal von den immer populäreren webcasts ab. Auch in Amerika wird das Fernsehen nicht ständig neu erfunden. Amerikanische Journalisten sind bei großen internationalen Geschichten manchmal etwas schneller mit ihren Teams vor Ort, gerne auch mit erheblich größerem Aufwand an Technik und Personal. In Kriegssituation geben sie dann aber auch gerne die Distanz auf, mancher „embedded reporter“ der US-Networks machte den Eindruck, er hätte wie Ernest Hemingway im 2. Weltkrieg auch gerne eine Waffe in der Hand gehabt. Vor allem beim Fox News Network ähnelte manche Kriegsreportage schon sehr der Football-Berichterstattung am Sonntagabend.