Herr Kalkofe, Herr Welke, sind Sie beide regelmäßige Podcast-Hörer?

Oliver Welke: Ich höre seit zwei oder drei Jahren sehr regelmäßig Podcasts. Die eigentliche Pointe ist, dass ich sie beim Sport höre. (lacht) Zuhause habe ich ein Ergometer und ohne irgendeine akustische Ablenkung möchte ich am liebsten alle fünf Minuten aufhören.

Oliver Kalkofe: Jetzt wird's noch lustiger: Ich habe einen Crosstrainer, auf dem ich Serien schaue, zu denen ich sonst nicht komme. Übrigens aus dem gleichen Grund: Ich schaue sie dort, um nicht zu merken, dass ich Sport mache. Podcasts höre ich wiederum eher im Büro und im Alltag. Das Medium ist mir deswegen nahe, weil ich schon seit langer Zeit großer Hörspiel-Fan bin.

Noch vor einigen Jahren galt der Podcast als Nerd-Medium. Jetzt kommen plötzlich die Babyboomer. Wie gut passt das zusammen?

Welke: Meine Mutter hört regelmäßig Podcasts. Daran erkennt man schon: Der Coolnessgrad ist inzwischen ein bisschen zusammengeschrumpft. Es ist tatsächlich so, dass wir beide zu den geschätzt 18 lebenden Deutschen gehören, die noch keinen Podcast haben. Und weil wir diesen sozialen Druck und die Hänseleien nicht mehr ausgehalten haben, fangen wir jetzt mit "Kalk & Welk" an. Mir ist aber natürlich klar, dass es ungefähr so aufregend ist, wie wenn wir uns in unserem Alter zu ersten Mal bei Facebook anmelden würden – was ich gewiss nicht mehr tun werde. Im Ernst, wir hatten Lust auf einen Podcast und machen ihn vor allem aus ganz egoistischen Gründen.

Die da wären?

Welke: Wir waren beide über die Jahre ein sehr eingespieltes Autoren-Duo, das aber durch die Distanz zwischen Bonn und Berlin seit 14 Jahren nicht mehr dazu kommt zusammenzuarbeiten. Deshalb hatten wir beide wieder unglaubliche Lust auf das Projekt. Für mich persönlich ist es einfach schön, etwas Ungeskriptetes zu machen. Ich habe nach wie vor große Freude an der "heute-show" und bin von Montag bis Freitag mit viel Leidenschaft als einer der Autoren damit beschäftigt, aber in der Show selbst lässt sich durch ihre Kleinteiligkeit kaum improvisieren.

Die Distanz zwischen Ihnen wird aber vermutlich bleiben, oder?

Kalkofe: Geistig liegen wir gemeinsam im Bett, aber körperlich wird es in aller Regel eine Distanz geben, wenn wir den Podcast aufzeichnen.

Welke: Ein wöchentliches Treffen wäre logistisch nicht zu machen, auch wenn gelegentliche Besuche nicht ausgeschlossen sind. Dank modernster Technik werden uns dennoch jede Woche bei der Produktion des Podcasts gegenseitig sehen. Ich hoffe allerdings, dass das Videosignal nirgendwo hochgeladen wird, weil ich die Möglichkeit haben will, den Podcast in Unterhose zu machen.

Kalkofe: Ich möchte nicht mal eine Unterhose tragen!

Kalk & Welk © ARD
Wo würden Sie denn Ihren Podcast einsortieren? Es gibt ja das schöne Genre des "Laber-Podcasts"...

Welke: Im Moment ist es das Konzept, dass wir jede Woche zwei Tage vor der Aufzeichnung ein aktuelles Thema festlegen, das uns als roter Faden dient. Allerdings haben wir schon bei den beiden Testballons im Sommer gemerkt, dass wir abschweifen werden. Wir versuchen ein wenig monothematischer zu sein als viele andere, was uns aber nicht davon abhalten wird zu labern.

Kalkofe: Nun werden Hörspiele im Podcast ja seltener gemacht, stattdessen gibt es inzwischen häufiger aufwendige Doku-Reihen. Aber der ganz große Rest ist doch, wenn Sie so wollen, alles Labern. Ich würde das aber nicht so despektierlich betrachten. Wir möchten vielmehr mit dem verbalen Florett fechten und intelligente Debatten führen...

Welke: … also kurz gesagt: Wir machen einen Laber-Podcast.

Kalkofe: Der Witz ist, dass wir das, was wir im Podcast machen, streng genommen schon vor Jahrzehnten im Radio gemacht haben. Was viele jüngere Menschen nicht mehr wissen: Früher durfte man im Radio noch sprechen. In ganzen Sätzen! Und dann auch noch länger als eineinhalb Minuten! Leider kamen in den 90er Jahren die Beraterfirmen und trichterten den Leuten beim Radio ein, dass der menschliche Schädel explodiert, wenn er mehr als 90 Sekunden zuhören muss. Inzwischen hat sich glücklicherweise herausgestellt, dass Menschen nicht nur bei Musik oder Jingles zuhören, die einem in regelmäßigen Abstanden sagen, aus welchem Jahrzehnt die Superhits kommen.

Welke: Wir haben diesen Übergang miterlebt und das "Frühstyxradio" war eine der Oasen, in denen wir teilweise acht Minuten lange Hörspiele wie den "Wixxer" gemacht haben. Da gab es überhaupt kein Limit. Irgendwann kamen dann die Leute, die uns gesagt haben, wir müssen zehn Mal die Stunde sagen, dass die besten Hits der 80er und 90er laufen. Das hat sehr schnell zu unserer Entfremdung vom Radio beigetragen. Damals hätte ich nicht zu träumen gewagt, dass das Wort einmal über den Umweg Podcast wieder Triumphe feiert.

 

"Wenn es Podcasts gegeben hätte als wir 20 oder 30 waren, wären wir vermutlich darin versunken."
Oliver Welke

 

Wurde das Radiopublikum unterschätzt?

Welke: Das Publikum wurde sträflich unterschätzt, aber das soll ja bekanntlich nicht nur im Radio vorkommen, sondern gelegentlich auch im Fernsehen. Schon vor 20 Jahren habe ich Unterhaltungsredakteure über das Publikum Sätze sagen hören wie: "Stell dir deinen dümmsten Freund vor und zieh noch 50 IQ-Punkte ab."

Kalkofe: … und dann hast du an mich gedacht und sogar noch mehr abgezogen. (lacht) Die Podcast-Welle zeigt, dass sich die meisten Radiomacher ebenso geirrt haben – so wie auch die meisten Fernsehmacher. Wie oft habe ich diese Überheblichkeit erlebt, dass sich Redakteure als intellektuelle Elite gesehen haben, die ja nur deshalb schlechtes Fernsehen machen, weil die Leute da draußen angeblich so dumm sind. Nein, es hat sich gezeigt: Die Menschen sind nicht so blöd wie Medienmacher behaupteten.

Welke: Zum Glück hat sich das Bild gedreht. Und um mal etwas wirklich Boomer-mäßiges zu sagen: Wenn es Podcasts gegeben hätte als wir 20 oder 30 waren, wären wir vermutlich darin versunken.

Ihr Podcast bei der ARD beheimatet. Wie kam es dazu?

Kalkofe: Das Schicksal hat uns zusammengeführt. Unser Gedanke, einen Podcast zu machen, existierte schon seit einiger Zeit. Als ich in Kontakt mit Robert Skuppin vom RBB kam, ging dann alles recht schnell, und irgendwann war die gesamte ARD dabei, die es sich ja zur Aufgabe gemacht hat, ihre Audiothek zu stärken. Da helfen wir selbstverständlich gerne.

Welke: Was das Fernsehen angeht, bleibe ich exklusiv beim ZDF. Erst wenn das ZDF jenseits von "Lanz & Precht" in die Podcast-Welt einsteigt, werde ich in einen Interessenskonflikt geraten. Bis dahin aber noch nicht.

Wie groß ist die Gefahr, sich im Podcast einfach das zu erzählen, was Sie ohnehin schon voneinander wissen?

Kalkofe: Wahrscheinlich sollten wir uns außerhalb der Aufzeichnungstage besser aus dem Weg gehen, um nicht Gefahr zu laufen, alle Geschichten erst kurz vorher gehört zu haben. Das Reizvolle an einem solchen Podcast liegt ja darin, den anderen zu überraschen – vorwiegend mit Geschichten, die man noch nicht kennt. Oder solchen, von denen man gar nicht möchte, dass sie öffentlich erzählt werden. 

Welke: Da ist die Distanz zwischen Bonn und Berlin möglicherweise ganz heilsam, weil wir uns die guten Geschichten künftig für den Podcast aufbewahren.

Werden Sie Impulse von außen suchen oder bleibt es bei einem Zwiegespräch?

Welke: Wir wollen über mehrere Kanäle versuchen, Feedback und Fragen zuzulassen, beispielsweise originelle Beschimpfungen. Schon jetzt gibt es in den sozialen Netzwerken einen Menschen, der wegen des Podcasts unser Lebenswerk zerreißt, obwohl er noch nicht eine Minute hören konnte. Davon erhoffe ich mir mehr. 

Kalkofe: Ich finde es immer super, wenn sich die Leute in irgendeiner Form beteiligen. Es ist ansonsten ja doch ein sehr einsames Leben im Fernsehen. Oli hat es in der "heute-show" dank des Studiopublikums zum Glück anders, aber als wir die "Mattscheibe" aufgezeichnet haben, gab es während der Produktion niemanden, der gelacht hat. Deswegen freue ich mich so sehr über Live-Veranstaltungen und das direkte Feedback. Und was Gäste im Podcast angeht, gilt: Wenn's passt mit Gast. Ansonsten sind wir beide uns selbst genug.

Welke: … fast zu viel. (lacht) Wir haben im Sommer zwei Probe-Aufzeichnungen gemacht und es hat sowohl mit als auch ohne Gast funktioniert. Aber wir haben gemerkt, dass ein 45-minütiger Podcast mit zwei Leuten, die so viel reden wie wir, schnell zu Ende sein kann. Trotzdem wollen wir gelegentlich versuchen, Gäste in die Sendung zu holen. Wir haben beispielsweise eine Pilotfolge mit Till Reiners gemacht, in der es um die Frage ging, ob der Humor von jüngeren Menschen wirklich so viel anders ist als der Boomer-Humor. Darüber hinaus wollen wir uns bei Themen, in denen wir objektiv beispielsweise das falsche Geschlecht haben, Frauen einladen, um unseren Horizont zu erweitern.

Herr Kalkofe, Sie haben gerade die "Mattscheibe" angesprochen. Barbara Salesch ist zurück, Britt ist bald wieder da – was muss eigentlich noch passieren, damit es auch zu einem Comeback Ihrer Sendung kommt?

Kalkofe: Beim Blick ins Programm fühle ich mich momentan gefangen in einer Zeitschleife. Es ist zum Teil schon erschreckend, was alles zurückkommt – und vor allem wie unreflektiert gleichförmig das oft ist. Das ließe sich wunderbar in der "Mattscheibe" sezieren. Ich wäre jedenfalls jederzeit für ein Comeback. Nicht nur, weil die "Mattscheibe" mein Herzensprojekt ist, sondern auch, weil ein solches Format in der Fernsehlandschaft bitter nötig ist. Es bräuchte nur jemanden, der sich da ran traut. Wie oft habe ich schon von Fernsehverantwortlichen den Satz gehört: "Gut, dass es die 'Mattscheibe' gibt – aber auch gut, dass es jemand anderes macht."

Bleibt nur die Frage: Wann kommt die nächste Quizshow mit einem Affen?

Welke: (lacht) Professor Czimp würde heute vermutlich nicht mehr ins Fernsehen gelassen, alleine schon, um Tierquälerei zu vermeiden. Außerdem gibt es ja bereits eine Art Neuauflage, denn wenn man den Affen abzieht, ist "Besserwisser" nahezu eins zu eins wie "Wer weiß denn sowas?". 

Kalkofe: Nur, dass der Affe jetzt durch Kai Pflaume ersetzt worden ist. (lacht)

Herr Kalkofe, Herr Welke, vielen Dank für das Gespräch.

"Kalk & Welk - Die fabelhaften Boomer-Boys", ab sofort in der ARD-Audiothek