Frau Gerner, Herr Weyrauch. Radio Bremen hat eine Zielgruppen-Studie in Auftrag gegeben, um herauszufinden, wen man erreicht und wen nicht. Das Ergebnis (siehe Infokasten) sieht im Wesentlichen so aus, dass Sie quasi alle Menschen im Verbreitungsgebiet erreichen, viele davon auf regelmäßiger Basis. Dennoch heißt es, Sie wären überrascht von einigen Ergebnissen. Von welchen genau?

Yvette Gerner: Wir haben den Auftrag, alle Menschen im Land zu erreichen und das wollen wir tun. Dabei sind wir mit einer vielfältigen Gesellschaft und Mediennutzung konfrontiert. Wir haben zuvor vermutet, dass es Punkte gibt, bei denen wir besser werden können. Vor allem bei Gruppen, die wir vielleicht nicht so gut erreichen. Deshalb waren wir so überrascht: Die Studie sagt uns, dass wir fast alle Menschen erreichen, egal ob weiblich oder männlich, jung oder alt, ob mit oder ohne Migrationsgeschichte. Wir machen also bereits einen guten Job, besser werden geht aber immer. Dabei wird uns die Zielgruppen-Studie helfen.

Jan Weyrauch: Wir hatten nicht damit gerechnet, dass wir Menschen mit Migrationsgeschichte insgesamt fast so gut erreichen wie den Rest der Bevölkerung. Wenn man genauer hinschaut, sieht man aber schon, dass die Bindung der Menschen, die eine Migrationsgeschichte haben, zu unseren Angeboten nicht ganz so ausgeprägt ist. Außerdem nutzen sie uns eher über digitale Wege. Das wiederum erklärt sich, denn diese Bevölkerungsgruppe ist durchschnittlich etwas jünger. Insgesamt hat es uns überrascht, wie gut wir in der Stadt über alle Zielgruppen hinweg verankert sind. Denn ehrlich gesagt macht man so eine Studie ja vor allem deshalb, um zu schauen, wo man noch etwas verändern kann.

Also alles gut? Keine Veränderungen notwendig?

Weyrauch: Unser ursprünglicher Gedanke war es, Lücken in unserem Portfolio zu entdecken. Also: Wen erreichen wir noch nicht und mit welchen Formaten könnten wir diese Gruppe zukünftig ansprechen? Die ganz großen Lücken konnten wir jetzt nicht entdecken, was auch daran liegt, dass wir gerade mit unseren digitalen Angeboten – von Podcasts über Funkformate bis hin zu speziellen Social Media-Angeboten – inzwischen sehr gezielt auf verschiedene Zielgruppen zugehen können.

Gerner: Wir diskutieren im gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk immer wieder, wie gut wir junges Publikum erreichen. Und mit dem breiten Angebot, das wir abgefragt haben, funktioniert das sehr gut. Tun können wir aber sicherlich noch etwas, wenn es um die Bindung und die tägliche Nutzung der Menschen geht.

Ergebnisse der Zielgruppen-Studie

  • Die Zielgruppen von Radio Bremen zeigt: Ein großer Teil der im Sendegebiet lebenden Menschen nutzt die Angebote der Anstalt regelmäßig, 88 Prozent wöchentlich. Die linearen Angebote werden regelmäßiger genutzt als die non-linearen, junge Menschen aber nutzen die linearen Programme deutlich weniger als die Älteren. Ab 50 Jahren sinkt die non-lineare Nutzung der Angebote spürbar. Sortiert man die Ergebnisse nach Geschlecht und Migrationshintergrund (ja/nein) zeigt sich: Die non-lineare Nutzung ist in allen Fällen etwas niedriger als die lineare Nutzung der Angebote. Bei der Unterscheidung der Personen nach Herkunft (Bremen / Bremerhaven) zeigt sich, dass Menschen in Bremerhaven die Angebote der Anstalt in ihrer Gesamtheit deutlich weniger häufig nutzen als die in Bremen, vor allem die non-lineare Nutzung bei den Personen in Bremerhaven ist niedriger.

    Auf Basis einzelner Programme und Formate lässt sich festhalten, dass die Audio-Angebote von Radio Bremen oder auch der Bremer "Tatort" eher linear gesehen bzw. genutzt werden. Bei "buten un binnen" gibt es dagegen auch eine starke non-lineare Nutzung (79 Prozent vs. 83 Prozent linear). Auch bei "3nach9" ist die non-lineare Nutzung (45 Prozent) vergleichsweise hoch, im Vergleich zu "buten un binnen" aber niedrig.

    Menschen, die Radio Bremen nicht nutzen, gaben zu 50 Prozent an, sie würden sich aktuelle Nachrichten bei der ARD-Anstalt wünschen. 47 Prozent wollen Spielfilme und Serien und ebenfalls mehr als 40 Prozent wünschen sich Humor sowie Themen aus Bremen und Umgebung bei Radio Bremen.

Weyrauch: Als Programmdirektor will ich natürlich immer, dass wir besser werden. In der täglichen Nutzung sehen wir auf alle Fälle noch Potenziale bei jüngeren Menschen. Insgesamt nutzen 56 Prozent der Menschen mindestens ein Angebot von uns täglich. Bei den 16- bis 29-Jährigen sind es hingegen nur 39 Prozent. Da gibt es also noch etwas zu tun. Trotzdem: In der Gesamtheit betrachtet sind das sehr gute Werte. Wir haben es aber auch etwas leichter als andere Sender, weil wir den Vorteil eines sehr homogenen und übersichtlichen Sendegebiets haben. Wir können ganz konkret auf die Bedürfnisse der Menschen in der Region eingehen. Das ist für Anstalten, die mehrere Länder abdecken müssen, deutlich schwieriger.

Gerner: Die Studie bestätigt unseren eingeschlagenen Weg. Mit Bremen NEXT haben wir die jüngste Hörfunkwelle in Deutschland, die von Anfang an auch ein non-lineares Konzept hatte. Natürlich freuen wir uns über die Ergebnisse. Aber unser Ehrgeiz ist es, besser zu werden. Wir versuchen immer wieder, an Stellschrauben zu drehen.

Wie sehen in Anbetracht der Studie nun solche Stellschrauben konkret aus, an denen sie drehen wollen?

Weyrauch: Wir haben in der Studie gesehen, welch großen Wert das Y-Kollektiv für uns hat. Das Format setzen wir ja schon seit einigen Jahren für funk um. Bei Youtube haben wir damit eine Community von mehr als einer Million junger Menschen aufgebaut. Unser Ziel als Teil der ARD ist es aber natürlich auch, unsere eigenen Plattformen zu stärken. Deshalb wollen wir das Y-Kollektiv sukzessive in der Mediathek stärken und die jungen Menschen, die wir derzeit bei Youtube erreichen, auf unsere eigene Plattform aufmerksam machen. Das gehen wir ab dem Sommer an. Klar ist aber auch, dass das nur mit starken Partnern geht. Die haben wir mit SWR und BR schon gefunden und wir sind noch in Gesprächen mit weiteren Anstalten.

Das heißt: Weniger Y-Kollektiv auf Youtube? Oder andere Formate rund um das Y-Kollektiv in der Mediathek?

Weyrauch: Wenn ich die Zauberformel hätte, wie wir die Menschen dazu bekommen, ihre geliebte Plattform zu verlassen, um auf eine neue zu gehen, würde ich Ihnen das heute nur vielleicht erzählen (lacht). So ganz haben wir die Zauberformel aber noch nicht. Es geht darum, Anreize zu setzen. Wir wollen zunächst Youtube weiter nutzen, auch um die Menschen dort nicht zu enttäuschen. Aber wir müssen ihnen stärker als bislang klarmachen, dass sie auf unserer Plattform einen deutlichen Mehrwert bekommen.

Nutzung Radio Bremen, Zielgruppenstudie © Radio Bremen Ein großer Teil der Menschen im Verbreitungsgebiet nutzt das lineare Programm von Radio Bremen regelmäßig, 49 Prozent sogar täglich. Bei den non-linearen Angeboten sind die Zahlen etwas niedriger, aber auch diese werden von der Mehrheit regelmäßig genutzt.

Basis: Total (n=1017; gewichtete Daten) 

Gerner: Eines unserer Prinzipien bei Radio Bremen ist, dass wir aus wenig viel machen. In dem Zusammenhang ist es auch wichtig, was uns die Menschen gesagt haben, die uns wenig bis gar nicht nutzen. Die wünschen sich Nachrichten und Unterhaltung aus Bremen und Umgebung. Da müssen wir uns überlegen, wie wir die Inhalte so aufbereiten, dass sie auch die Nicht- und Wenig-Nutzer erreichen.

Weyrauch: Wir versuchen das zu schaffen, indem wir junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Bremen NEXT mit den gestandenen Journalistinnen und Journalisten hier im Haus zusammenbringen, z.B. jenen, die "buten un binnen" machen. Da entstehen ganz neue Ideen, für Tiktok produzieren wir etwa das neue Format "What the Fact Bremen", in dem Informationen und Fakten auf eine besondere Art und Weise aufbereitet werden. Und es funktioniert. Wir treffen damit einen Nerv und erreichen sehr junge Menschen. Das war zunächst ein Versuch. Nun war das "leider" so erfolgreich, dass wir es fortsetzen und dafür gucken müssen, wie wir es finanziert bekommen. So eine Regelfinanzierung für ein neues Format ist für Radio Bremen nicht selbstverständlich, aber wir wären mit einem Klammerbeutel gepudert, würden wir so erfolgreiche Formate nicht fortsetzten.

Die Wenig- und Nicht-Nutzer von Radio Bremen wollen von Ihnen Nachrichten, Filme, Serien, Humor und Themen aus Bremen und Umgebung, das zeigt die Studie. Ist das nicht ziemlich ernüchternd? Das ist doch genau das, was Sie täglich liefern.

Weyrauch: Ja, total. Und wir fragen uns jetzt auch, was wir mit dieser Information anstellen. Diese Menschen, insgesamt sind es sehr wenige, wissen anscheinend nicht, dass sie genau das bei uns bekommen. Welche Gründe hat das? Sind es inhaltliche oder sind diese Menschen nie auf uns aufmerksam geworden? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.

Aktuell wird wieder viel über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gesprochen. Wie verfolgen Sie die Debatte und was sind Ihre Vorschläge für eine Reform des Systems?

Gerner: Wir sind Teil der ARD-Debatte und arbeiten aktuell sehr intensiv und konstruktiv an den einzelnen Reformthemen mit. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss sich immer wieder einer solchen gesellschaftlichen Debatte stellen und schauen, wie er seine Strukturen verbessert.

Weyrauch: Wir wollen in der ARD künftig Dopplungen vermeiden und mehr gemeinsam machen, um Mittel frei zu bekommen, die wir dann ins Digitale umschichten können. Das wird zu Lasten des linearen Programms gehen, wo letztlich weniger Mittel zur Verfügung stehen werden. Um das zu schaffen, müssen wir uns noch besser abstimmen als in der Vergangenheit. Über dieses Ziel herrscht innerhalb der ARD aber ein großer Konsens.

Gerner: Wenn es um Kooperationen geht, finden Sie gerade bei Radio Bremen schon jetzt viele Beispiele. Revision, Einkaufs- und Beitragsabteilung, all das bildet etwa der NDR für Radio Bremen ab. Demnächst haben wir dann auch eine gemeinsame Sendeabwicklung mit NDR und MDR und wir werden im nächsten Jahr auch beim SAP-Projekt der ARD mit einsteigen. Hinzu kommen nun die neuen ARD-Reformprojekte. Wir arbeiten intensiv daran und sind alle entschlossen, Doppelstrukturen abzubauen.

Haben Sie das Gefühl, dass die Debatte in der Gesellschaft rund um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk schärfer geworden ist? Und dadurch auch der Druck gestiegen ist?

Gerner: Wenn man hier vor Ort in Bremen ist, dann ist die Debatte eine ganz andere. Da geht es mehr um einzelne Themen des Programms, weil die Menschen viel näher dran sind. Das ist etwas anderes als die Diskussion, die medial und medienpolitisch geführt wird. Alle Debatten sind berechtigt und müssen offen geführt werden. Aber ich glaube: Wir haben ein gutes föderales System und einen guten öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der eine wichtige Funktion wahrnimmt. Gäbe es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht, man müsste ihn heute erfinden. Der Nutzen für die Demokratie ist so wichtig.

Wir wollen in der ARD künftig Dopplungen vermeiden und mehr gemeinsam machen, um Mittel frei zu bekommen, die wir dann ins Digitale umschichten können. Das wird zu Lasten des linearen Programms gehen.
Jan Weyrauch, Programmdirektor Radio Bremen


Die Frage ist doch: Würde man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk neu erfinden, wie würde man ihn aufstellen? So wie heute oder ganz anders?

Gerner: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, so wie er heute ist, ist mit der Zeit gewachsen und hat eine Struktur. Ich finde unser föderales System ist ein sehr gutes und stabiles System. Auch gerade, wenn man auf die vielfältige Gesellschaft mit ihren völlig unterschiedlichen Interessen blickt. Es ist doch konstruktiv und bereichernd, verschiedene Blickwinkel auf einzelne Themen zu haben. Die verschiedenen Reformvorschläge, die jetzt kursieren, würden es nicht besser machen, auch wenn ich die Sehnsucht nach einfachen Lösungen verstehe. Aber ich glaube, dass das System prinzipiell ein gutes ist und dass wir unseren Auftrag erfüllen. Das zeigt ja auch die Zielgruppen-Studie. Trotzdem müssen wir selbstverständlich immer offen über unsere Strukturen diskutieren. Gerade in einer Zeit, in der wir noch linear und non-linear präsent sein müssen, um wirklich alle Menschen zu erreichen.

Weyrauch: Wollte man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erfolgreich neu bauen, würde man ihn auch heute noch föderal und inhaltlich breit aufstellen. Nur so hätte man die Gewährleistung, die Menschen vor Ort optimal zu erreichen.

Es gibt immer wieder Vorschläge, ARD-Anstalten, insbesondere den Saarländischen Rundfunk und Radio Bremen, mit größeren Anstalten zu fusionieren oder weitgehend zu verschmelzen in der Verwaltung. Was halten Sie davon?

Gerner: Ich bin ein Fan des föderalen Systems. Es ist immer ein Zusammenspiel aus kleinen, mittleren und großen Anstalten und das funktioniert gut. Jeder hat Kompetenzen und Blickwinkel, das macht uns am Ende stärker. Das System wird dadurch vielleicht etwas komplex, aber es ist die Mühe wert. Eine mögliche Fusion steht medienpolitisch nicht zur Debatte und ganz allgemein warne ich vor scheinbar einfachen Lösungen. Tatsache ist, dass eine Fusion praktisch niemandem Vorteile bringen, aber den Rundfunk insgesamt sehr viel schlechter machen würde. Wichtige Blickwinkel und innovative Angebote würden verloren gehen, vor allem würde es aber auch wirtschaftlich keinen Nutzen bringen. Wir sind extrem sparsam unterwegs, Sparen ist bei uns Alltagsgeschäft.

Diskutiert wird ARD-intern über ein Mantelprogramm für alle Dritten Programme. Kann Radio Bremen hier ein Vorbild sein? Das Programm wird weitgehend mit NDR-Formaten bestückt, durchbrochen nur durch "buten un binnen" und einzelne Programminseln.

Weyrauch: Als Vorbild würde ich uns jetzt nicht nennen. Das wurde bei uns ja aus der Not heraus geboren, weil sich Radio Bremen heute kein eigenes drittes TV Programm mehr leisten könnte. Wir sind dem NDR dankbar, dass wir mit unserem Regionalangebot unter den Mantel des NDR-Fernsehens schlüpfen können. Das ermöglicht es, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren: Unser sehr erfolgreiches Regionalangebot "buten un binnen", ausgesuchte Dokus und "3nach9".

Gerner: Wir sind in dem Bereich sicher kein Role Model für die anderen ARD-Anstalten. Es gibt, wenn man den Reformweg beschreitet, immer verschiedene Möglichkeiten und da muss man sich genau überlegen, was das Publikum braucht. Welche Programme sorgen für eine regionale Bindung? Was wünschen sich die Zuschauerinnen und Zuschauer im Sendegebiet? Da ist das Regionale ein hoher Wert. Wir haben bei Radio Bremen schwierige Entscheidungen treffen müssen, als wir aus Sparsamkeitsgründen unser Programm reduzieren mussten. Aber wir haben aus der Not eine Tugend gemacht und sind mit dem NDR Mantelprogramm jetzt gut unterwegs.

Hier und da ist es eben doch wichtig, Kompetenzen in den Häusern zu belassen.
Yvette Gerner, Intendantin von Radio Bremen


Gibt es noch Bereiche, in denen Radio Bremen einsparen kann?

Gerner: Wie schon gesagt, gehört Sparen bei uns zum Alltag. In jedem Jahr haben wir größere Debatten darüber, wo wir sparen müssen. Das machen wir teilweise strukturell, indem wir überall ein bisschen sparen. Und dann schauen wir uns immer noch an, wo man spezielle Potenziale heben und zum Beispiel Kooperationen umsetzen kann. Ein Beispiel: Wir haben zuletzt eine gebrauchte Antennenanlage gekauft anstatt eine neue. Diese Anlage war erheblich kostengünstiger als eine neue, ist vom Energieverbrauch aber sparsamer als die alte.

Braucht Radio Bremen zum Beispiel ein eigenes Justiziariat?

Gerner: Für Radio Bremen arbeiten drei Jurist:innen, das ist eine überschaubare Größe. Diese Kolleg:innen sind gut mit unserem Alltagsgeschäft verbunden und gehen zum Beispiel regelmäßig in den Abnahmeraum von "buten un binnen", wenn dort Fragen auftauchen. Sie decken auch den Posten der Datenschutzbeauftragten bei uns im Unternehmen ab. Vor allem dient ein Justiziariat ja hausintern jeden Tag als Ansprechstelle – z.B. bei Programmbeschwerden, bei Fragen der Aufsichtsgremien, bei Rechtsgeschäften Radio Bremens, bei der Anwendung unserer internen Geschäftsordnungen und Satzungen und als Kontakt zur Rechtsaufsicht. All dies wäre extern nicht zu leisen. Wir prüfen innerhalb der ARD immer wieder, wo es sich lohnt, Aufgaben zu bündeln, um so auch Geld zu sparen. Aber hier und da ist es eben doch wichtig, Kompetenzen in den Häusern zu belassen.

Weyrauch: Wir schauen uns immer auch die Technik an. Alles, was wir in diesem Bereich sparen, können wir 1:1 ins Programm geben. Bei den sogenannten EB-Teams, also den Kamerateams, die für unser lineares Programm täglich im Einsatz sind und oft aus zwei oder drei Personen bestehen, setzen wir jetzt an. Da haben wir in diesem Jahr erste Versuche gestartet und arbeiten verstärkt mit Videoproducern zusammen. Der Vorteil da ist, dass diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vielfältig sind. Sie können schneiden, die Kamera führen und sind näher dran an der Redaktion.

ARD, ZDF und Deutschlandradio melden am 28. April ihren Finanzbedarf für die nächste Beitragsperiode bei der KEF an. Der DJV befürchtet einen "vorauseilenden Gehorsam" der Intendantinnen und Intendanten gegenüber der Politik. Was sagt das über den Zustand der Öffentlich-Rechtlichen aus? Ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk schon so angeschossen, dass sich der DJV berufen fühlt zu warnen: "Macht keinen Knicks vor der Politik"?

Gerner: Diese Interpretation hatte ich nicht, als ich die Meldung des DJV gelesen habe. Dass im Rahmen einer Finanzbedarfsanmeldung bei der KEF Debatten entstehen, nehme ich zur Kenntnis. Wir legen den Rundfunkbeitrag nicht fest, sondern die unabhängige KEF und am Ende auch die Landesparlamente. Da gibt es Parameter, die uns von der KEF vorgegeben werden und an denen wir uns orientieren. Nach der Anmeldung wird die KEF alles prüfen und dann werden wir sehen, was die Kommission festlegt.

Also kein vorauseilender Gehorsam?

Gerner: Wir machen unseren Job. Dass wir mit unserer Anmeldung nicht einfach finanzielle Maximalforderungen erheben, sondern auch auf Sparsamkeit achten, ist eine Selbstverständlichkeit. Vor allem ist es eine Frage des Respekts gegenüber den Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern.

Frau Gerner, Herr Weyrauch – vielen Dank für das Gespräch!