Das TV-Lab ist wieder da, könnte man sagen. Von 2011 bis 2015 testete ZDFneo unter diesem Namen neue Programmideen und stellte Pilotsendungen zur Abstimmung. Zum Auftakt 2011 gewann ein gewisser Teddy Teclebrhan. Diesmal geht es aber um mehr als eine Programmstunde bei ZDFneo. Im vergangenen Jahr wurde es schon einmal angekündigt, jetzt ist ZDFmitreden gestartet - ein Online-Panel für den schnelleren und umfassenderen Dialog mit dem Publikum und das auch, aber nicht nur, über neue Programmideen. Das Internet könne mehr als Social Media, davon ist Florian Kumb, Planungschef des ZDF, überzeugt. 

„Das ZDF beobachtet schon immer, was im Netz kommentiert, geliked und geteilt wird. Social Media hat sicher seine Errungenschaften, aber es hat negative Begleiterscheinungen, weil die Aufmerksamkeitsökonomie dafür sorgt, dass die schrillste Stimme die größte Aufmerksamkeit erzielt. Und das nützt uns nichts. Wir wollen ehrliches Feedback in einem geschützten Rahmen für die Teilnehmenden“, so Kumb im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. Dass man beim Lerchenberg sowohl die Dynamik wie auch die inhaltliche Kontrolle von Social Media durch Silicon Valley-Player kritisch sieht, ist bekannt. Im Februar wurde die Beteiligung am internationalen Projekt Public Spaces Inkubator bekannt, einem Forschungsprojekt „für offenen Dialog im Netz“.

Parallel dazu ist am Mittwoch ZDFmitreden gestartet und soll zu einer Online-Community mit 50.000 Mitgliedern wachsen. Florian Kumb: „Wir haben uns das Ziel gesetzt, ein ZDF für alle zu sein und das heißt auch: Wir wollen allen zuhören und dafür eine neue Kontaktmöglichkeit zum ZDF anbieten. Wir haben bereits ein großes Toolkit im Einsatz, aber es fehlte die Möglichkeit adhoc auf die Einschätzung einer etablierten Community, also eines Panels zurückgreifen zu können. Da hätten wir bislang Studien beauftragen müssen, die aber länger dauern und aufwendiger sind.“

Für die Realisierung des personell und finanziell aufwendigen Projekts habe man intern Mittel in der Medienforschung des ZDF umgeschichtet. ZDFmitreden sei ein zentraler Bestandteil des „ZDF Kompass“. Dahinter steckt die im vergangenen Jahr ausgerufene Strategie, sich als öffentlich-rechtlicher Sender in vier Dimensionen von Erfolg messen lassen zu wollen: Nutzung, Qualität, Wirkung und Akzeptanz sind demnach die auf dem Lerchenberg angepeilten Ziele. „ZDFmitreden ist ein wichtiges Tool, um das zu überprüfen“, sagt Planungschef Florian Kumb. Mit dem neuen Meinungsbarometer will das ZDF grundsätzlicher ansetzen als andere vermeintlich ähnliche Projekte, die z.B. NDR oder MDR realisiert haben; es aber mit Fragen wie "Würden Sie sich ein E-Auto kaufen?" hauptsächlich als Umfrage-Tool für die Berichterstattung nutzen.

ZDFmitreden © ZDF

„Einerseits geht es um programmliches Feedback und die Fragestellung, ob wir die in uns gesetzten Erwartungen erfüllen. Wir wollen es auch nutzen, um Programme weiterzentwickeln, vielleicht auch mal etwas zu testen. Wir können auch Videos einbinden und Feedback z.B. schon im Entwicklungsprozess unseres Programms abfragen. Und ein dritter Zweck ist sicherlich auch, in dieser Community Stimmungsbilder zu ermitteln oder Antworten zu erhalten, die bei der inhaltlichen Gestaltung von Programmen hilft.“ 

Mitmachen können bei ZDFmitreden zunächst einmal alle, die mindestens 16 Jahre alt sind und ihren Wohnsitz in Deutschland haben. Die Registrierung ist unter start-mitreden.zdf.de möglich. Eine App ist nicht nötig. Florian Kumb: „In einem zweiten Schritt, wenn es darum geht, eine Aussagekraft für die Gesamtbevölkerung herzustellen, werden wir mit wissenschaftlicher Beratung gewichten, um allgemeingültige Aussagen tätigen zu können.“

Wer sich einmal registriert habe, erhalte vom ZDF nach Angaben des Senders „in regelmäßigen Abständen“ per E-Mail Einladungen zu Umfragen. Deren Ergebnisse sollen auch in die Community zurückgespiegelt werden. „Transparenz ist eine wichtige Motivation dafür, sich bei ZDFmitreden zu beteiligen. Wir planen etwa monatlich Feedback in die Community zurückzugeben, damit die Teilnehmenden wissen, wie ihr Engagement bei uns in die programmliche Gestaltung oder Weiterentwicklung des ZDF einfließt. Das liegt in unserem Interesse, weil nur so nachhaltig eine aktive Community entsteht, die nicht nur Fragen beantwortet, sondern auch sieht was daraus wird“, sagt Kumb. 

Mit einer großen Werbekampagne will das ZDF jetzt zunächst auf Drittplattformen Menschen für das Meinungsbarometer gewinnen, „die noch nicht oft mit dem ZDF in Kontakt gekommen sind“. Es gehe um tendenziell jüngere Zielgruppen und solche mit geringerer formaler Bildung, sagt Kumb. Später wolle man „über unsere eigenen Angebote mit Trailern im Programm oder Hinweise in Sendungen diejenigen akquirieren wollen, die uns schon häufiger nutzen und damit auch besser kennen. Die Kampagne hat dabei zwei Erzählstränge: Wir drehen die Sender-Empfänger-Perspektive um, nach dem Motto ‚Mitreden statt nur zusehen“‘ Und wir spielen mit der Formulierung ‚Du hast es in der Hand‘.“