Sich über sich selbst lustig zu machen, erfordert Mut - die Gefahr, sich selbst bloßzustellen, ist groß. Deswegen ist es bewundernswert, dass folgende Serie überhaupt existiert: "W1A", eine Satire über die BBC, produziert von der BBC, benannt nach der Postleitzahl des BBC-Hauptsitzes.

Im Mittelpunkt der Mockumentary steht Ian Fletcher, der als Head of Values mit einer "Way Ahead"-Taskforce darüber wachen soll, dass die BBC die Werte, für die sie steht, auch einhält. Hugh Bonneville spielt diese Rolle, und es ist wunderbar, ihn dort zu sehen - hält er doch in seiner bekanntesten Rolle als Robert Crawley, Earl of Grantham, in "Downton Abbey" auch bestimmte Werte und Traditionen hoch, die von den Entwicklungen der Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts überrollt werden. Sein Herr der Werte der BBC tut sich ähnlich schwer wie sein Herr der Werte in Downton, den Überblick zu behalten, zu verstehen, was um ihn herum passiert und sich durchzusetzen.

Ihm zur Seite stehen allerlei skurrile Figuren, darunter Siobhan Sharpe, eine PR-Beraterin, die das Image der BBC umkrempeln soll. Jessica Hynes verkörpert diesen Charakter so herrlich überzogen, dass es verblüffend schwer ist, die Schauspielerin zu erkennen, die in der Nerd-Comedy "Spaced" neben Simon Pegg brillierte. Ihre Sätze bestehen aus einer Aneinanderreihung von Floskeln, sie findet alles "epic" und sagt häufig "dah!". Um die Übertragung von Wimbledon aufzupeppen, schlägt sie in der zweiten "W1A"-Staffel mit ihrem Team die Umbenennung in Win-bledon vor. Außerdem sollen bekannte BBC-Titelmelodien eingespielt werden, sobald ein Spieler einen Punkt macht. In der ersten Staffel hatte ihr Team den Auftrag, das BBC-Logo aufzupeppen, zu verjüngen. Doch sie scheitern daran, denn: Das Logo habe einfach zu viele Buchstaben. 

Erfinder und Drehbuchautor John Morton hat in seinen mehr als 20 Jahren bei der größten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt der Welt offenbar ausreichend Stoff gesammelt. Und so sind es die vielen kleinen Dinge, die diese Serie so witzig machen. Dinge, die man auch aus der Arbeit für große deutsche Medienunternehmen kennt: Der Arbeitstag besteht größtenteils aus Sitzungen, in denen mindestens immer einer das wiederholt, was der Vorgänger bereits gesagt hat und ein anderer immer "brilliant" und ein weiterer immer "ja" sagt, wenn ein Vorgesetzter etwas sagt. In den Chefbüros finden sich Designer-Möbel, bei denen niemand weiß, wie man sich draufsetzen soll. Organigramme werden aufgepeppt, indem man sie um 90 Grad dreht, und weil niemand dem Praktikanten sagt, dass seine Zeit um ist, werden aus Wochen Monate, bis dessen Zugangskarte gesperrt ist.

Dazu der hervorragend öde Erzähler (David Tennant, bekannt aus "Dr. Who" und "Broadchurch"), der dem ganzen den seriösen Anstrich einer BBC-Dokumentation gibt. Auch das Format Doku wird durch den Kakao gezogen: Als in Staffel zwei darüber beraten wird, wie mit einem BBC-Moderator umzugehen ist, der wiederholt über die Stränge schlägt, wird in der Diskussion der Name überpiept und sein Gesicht gepixelt, als seine Sendung eingeblendet wird. Natürlich ist allen Zuschauern klar: Hier geht es um niemand anderen als Jeremy Clarkson und seine Show "Top Gear".

Selbstverständlich erinnern die Jobtitel eher an Fantasienamen. Die echten Macher der Serie hatten sich zum echten 1. April einen kleinen Scherz erlaubt und intern eine Stellenausschreibung für den "Director of Better" verfasst, - und trotzdem ist - wie es der "Spectator" so schön beschreibt - fast niemandem aufgefallen, dass das nicht ernst gemeint sein konnte. In der Serie bekommt übrigens eine Frau die Stelle als Director of Better, die sich vor allem dadurch auszeichnet, dass sie in ihrer vorigen Position als Head of Output immer wieder sagt: "We do it well, but we can do it better than well."

Der "Guardian" kritisiert, "W1A" sei zu brav, zu nett, zu wenig Satire. Was daran liege, dass die BBC selbst die Serie produziere. Das finde ich nicht: Satire muss nicht immer draufhauen. Das Subtile, die Details, die liebevoll überzogenen Charaktere - das alles macht die Serie aus. Und ja, viele der Szenen könnten sich fast genauso abspielen - dieser Gedanke ist Teil des Vergnügens. Die zweite Staffel ist Mitte Mai in Großbritannien zu Ende gegangen. Erfinder John Morton sagte kürzlich der "RadioTimes", er hoffe auf eine dritte Staffel. Nicht nur er.

Ob die Serie irgendwann in Deutschland zu sehen sein wird, ist bisher nicht bekannt. Es gibt sie allerdings auf DVD in Großbritannien - und der Kauf lohnt sich.