Alles endet nach nur sechs Folgen – auf einer Konferenz der Europäischen Union. Mitten in London. Wo sich die Vertreter der westlichen Länder dafür auf die Schulter klopfen, wie sehr ihnen das europäische Projekt gelungen ist. Und wie großartig die Integration der Mitgliedsstaaten im Osten voran geht. Während im Treppenhaus des Tagungszentrums der blutige Showdown der Serie läuft.

Gerade einmal ein Dreivierteljahr ist es her, dass "The Last Panthers" Premiere feierte. Aber schon da war klar, dass die Co-Produktion von Sky und Canal+ in einem völlig anderen Europa spielt. Eins, das allerdings nicht minder kaputt ist als das, was gerade die Nachrichten beherrscht.

In den vergangenen Monaten hat der Umgang mit der Flüchtlingskrise die EU entzweit. Seitdem die Briten für den Brexit gestimmt haben und eine neue Regierung wählen müssen, sind sie voll und ganz mit sich selbst beschäftigt, während der Kontinent gefälligst abwarten soll, was jetzt passiert. Gleichzeitig demonstriert eine britisch-französische Mini-Serie, dass Europa noch ganz andere Probleme hätte, um die es sich kümmern müsste. Zum Beispiel die konsequente Bekämpfung des organisierten Verbrechens, das sich grenzüberschreitend in der Länderunion etabliert hat. Das über Leichen geht, um Profit zu machen, die Politik korrumpiert – und das vermutlich weniger weit von der Realität entfernt ist als man das beim Zusehen wagen mag.

Eigentlich erzählt "The Last Panthers" die Geschichte eines spektakulären Diamantenraubs in Marseille, präzise durchgeführt von einer berüchtigten Balkan-Diebesbande. Der Coup gelingt, doch die Flucht der Juwelendiebe gerät zur Katastrophe. Einer Katastrophe, in der sich die drei Hauptprotagonisten der Serie zurechtfinden müssen.

Da ist die Britin Naomi (Samantha Morton), die als Schadensreguliererin einer großen Versicherung herausfinden soll, wo die Diamanten abgeblieben sind. Auf der anderen Seite versucht der französische Polizist Khalil (Tahar Rahim) den Diebstahl in seiner Heimatstadt aufzuklären und legt sich dafür mit der Unterwelt an, in die sein eigener Bruder hineingeraten ist. Diamantenräuber Milan (Goran Bogdan; Foto oben) gelingt derweil die Rückkehr nach Osteuropa, wo er längst nicht mehr überall willkommen ist.

Die Serie von Showrunner Jack Thorne ("This is England") und Regisseur Johan Renck (u.a. "Breaking Bad") explodiert schon in der ersten Folge in alle möglichen Himmelsrichtungen und etabliert einen Schauplatz nach dem nächsten: Von Marseille und London geht es nach Belgrad, in die ungarische Provinz, später auf eine deutsche Autobahn und wieder zurück. Sie spielt mitten in Europa, aber nirgends ist der Eiffelturm in Sicht, kein Brandenburger Tor, und nur für wenige Sekunden ein Brückenpfeiler der Tower Bridge.

Stattdessen spielt "The Last Panthers" in düsteren Seitenstraßen, dunklen Verschlägen und heruntergekommenen Häuserblocks am Rande der Stadt, wo sich das Verbrechen ausbreiten kann, weil diese Orte von Politikern und Ordnungshütern einfach vergessen wurden. Oder weil sich dort niemand mehr hintraut.

Trotz der politischen Dimension konzentrieren sich die sechs Episoden vor allem darauf, das Schicksal der drei Hauptprotagonisten zu erzählen. Dort lauert auch eine der Schwächen der Produktion: Sie bleibt viel zu lange im Ungefähren und zieht eine kryptische Rätselhaftigkeit dem klaren Blick auf ihre Charaktere vor. Dabei ist zum Beispiel Naomis Vergangenheit ein so zentraler Bestandteil der Geschichte, dass "The Last Panthers" sich fast eine ganze Folge Zeit nimmt, mit ihr ins Jahr 1995 zurückzugehen und Naomis Erlebnisse im Bosnienkrieg zu erzählen – aber erst unmittelbar vor dem Finale, in dem sich auch auflöst, welche Rolle Milan dabei spielt.

Deutlich früher erkennt Khalil sein Dilemma: Sein Ehrgeiz, die eigene kriminelle Vergangenheit hinter sich zu lassen und für Gerechtigkeit zu können, mischt sich mit gefährlicher Naivität und führt zu fatalen Fehlentscheidungen, die letztlich seine Familie in Gefahr bringen. Auch weil Khalil nicht einsehen kann oder will, dass er mit den Mitteln des Gesetzes womöglich nicht viel gegen ein Verbrechen erreichen kann, das keine Spielregeln akzeptiert.

Eins haben die drei letztlich gemeinsam: Sie kämpfen mit dem, was sie vor vielen Jahren geprägt hat, und geraten dafür an die Abgründe ihrer Vergangenheit. Verbündete werden zu Feinden, Freunde zur Bedrohung, und am Ende ist da vielleicht niemand mehr, dem man vertrauen kann.

Unamerikanischer als bei "The Last Panthers" hätte sich diese Geschichte wohl kaum umsetzen lassen. In der Originalversion wird Englisch gesprochen, Französisch, und ganz selbstverständlich Serbisch, wobei dieser natürliche Sprachwechsel tatsächlich wesentlich zur Atmosphäre beiträgt. Lange ist nicht klar, wohin die Handlung führen soll, und was eigentlich wichtig ist: Der Diamantenraub? Die bedrohliche Verschmelzung von Politik und Kriminalität? Oder doch die persönlichen Motive der Hauptcharaktere?

Für das angemessen düstere Serienintro hat der in diesem Jahr verstorbene David Bowie, noch vor der offiziellen Veröffentlichung seines letzten Albums, den mindestens rätselhaften Titel "Blackstar" zur Verfügung gestellt und singt: "At the centre of it all / At the centre of it all / Your eyes / Your eyes". Passt perfekt.

In Deutschland ist "The Last Panthers" aktuell auf Sky on Demand bzw. Sky Online zu sehen und lässt sich kostenpflichtig über Amazon, iTunes, PlayStation Store und Videoload erwerben.