Die Worte, mit denen Scott Pelley das traditionsreiche CBS-Politmagazin "60 Minutes" am 27. April abmoderierte, waren im wahrsten Sinne des Wortes unerhört. Der Journalist informierte das Publikum in eigener Sache, Redaktionsleiter Bill Owens habe "60 Minutes" verlassen, nachdem Paramount Global, der Mutterkonzern von CBS, die redaktionellen Abläufe zur Berichterstattung über den Gaza-Krieg und über Präsident Trump genauer unter die Lupe genommen habe. "Paramount begann, unsere Inhalte auf neue Weise zu kontrollieren", so Pelley wörtlich. "Keine unserer Geschichten wurde blockiert, aber Bill hatte das Gefühl, die Unabhängigkeit zu verlieren, die ehrlicher Journalismus erfordert." Und weiter: "Niemand hier ist glücklich darüber."
Owens selbst – erst der dritte Redaktionsleiter in der fast 60-jährigen Geschichte des amerikanischen TV-Klassikers – hatte seinen Rückzug kurz zuvor damit begründet, dass seine unabhängige Entscheidungsbefugnis beschnitten worden sei, weil Paramount mit der behördlichen Freigabe für die geplante Übernahme durch Skydance Media und mit einer Klage Trumps gegen CBS News zu kämpfen habe. Der Konzern hatte bei CBS News seit Januar eine neue Ebene der redaktionellen Aufsicht eingesetzt und eine "Interims-Chefredakteurin" mit der Überwachung von journalistischen Standards beauftragt.
Die Erörterung des Falls vor einem Millionenpublikum zeigt, in welcher Klemme Paramount und seine Noch-Haupteignerin Shari Redstone stecken. Mit Milliardärssohn David Ellison und dessen Skydance-Gruppe hatte man nach langem Hin und Her endlich einen Käufer für Paramount als Ganzes gefunden, doch das kartellrechtliche Genehmigungsverfahren zieht sich nun schon seit neun Monaten hin. Über allem schwebt nicht zuletzt der Umstand, dass Donald Trump – damals noch Präsidentschaftskandidat – im November vor einem texanischen Bundesgericht auf 20 Milliarden Dollar Schadensersatz geklagt hatte, weil er "60 Minutes" Wählertäuschung vorwarf. Der Grund: Das Magazin hatte zwei verschiedene Schnittfassungen eines Interviews mit Trumps demokratischer Gegenkandidatin Kamala Harris ausgestrahlt. CBS beantragte die Abweisung der Klage, die nach Ansicht etlicher US-Juristen tatsächlich nicht haltbar ist.

Seit Shari Redstone die Kontrolle über das Medienimperium ihres Vaters übernommen und Viacom und CBS zu Paramount fusioniert hat, ist die Marktkapitalisierung des Unternehmens um mehr als 70 Prozent geschrumpft – von 30 Milliarden Dollar im Jahr 2019 auf heute nur noch acht Milliarden. Der seit Monaten auf dem Tisch liegende Deal mit Skydance, der Redstone und ihrer Familie 2,4 Milliarden Dollar einbringen würde, dürfte der beste Ausweg sein. Schließt sie den Deal – aus welchen Gründen auch immer – nicht ab, schwinden ihre Optionen. Denn der Unternehmenswert sinkt weiter, es bliebe wohl nur noch die Zerschlagung in Einzelteile durch Private-Equity-Investoren.

Unter all den Vorfällen, die Amerikas Pressefreiheit derzeit bedrohen, ist dies nur einer von vielen. Trotzdem liegt besonders große Aufmerksamkeit auf der Frage, ob Shari Redstone die Integrität ihrer journalistischen Marken beschädigen und der Medienethik einen Bärendienst erweisen wird, um ihr Ziel zu erreichen. In den Debatten der US-Medieninsider gibt es freilich auch Stimmen, die ein Scheitern der Paramount-Übernahme und einen langwierigen Rechtsstreit mit der Regierung für noch schädlicher halten würden. Schließlich wäre CBS News dann mit hoher Wahrscheinlichkeit von heftigen Kürzungen und einem Verkauf an noch weniger wünschenswerte Eigentümer betroffen.
Als ob solch ein Tumult nicht schon genug wäre, sorgen selbst die vermeintlich harmlosen Gameshow-Klassiker "Jeopardy" und "Wheel of Fortune" für gehörigen Ärger im Hause Paramount. CBS hält seit 35 Jahren die Vertriebsrechte an den von Sony Pictures Television produzierten Formaten. Mit der Syndication, also dem Lizenzverkauf an lokale TV-Stationen im ganzen Land, erlösen die Partner über 500 Millionen Dollar jährlich. Anfang 2024 wollte Sony die Vertriebsrechte für einen niedrigen neunstelligen Betrag von CBS zurückkaufen. Die Berechnung, die damals durchsickerte: CBS habe mit den beiden Shows insgesamt mehr als eine Milliarde Dollar Gewinn gemacht, also durchschnittlich 28,5 Millionen pro Jahr. Sony argumentierte zudem, CBS halte seinen Teil der Vertriebsvereinbarung nicht mehr ein, da "Jeopardy" und "Wheel of Fortune" mit weniger populären Sendungen gebündelt und zu Preisen unter Marktniveau lizenziert würden.
Weil CBS sowohl das Angebot als auch nachfolgende Einigungsversuche ablehnte, zog Sony vor Gericht und erstritt im Februar schließlich erfolgreich seine Gameshow-Rechte zurück. Zwar läuft momentan noch ein Berufungsverfahren in Los Angeles, doch es sieht ganz danach aus, als habe CBS die beiden Erlösperlen ein für allemal verloren. Ein kostspieliger Patzer, der vermeidbar gewesen wäre, aber zu all den anderen Ungeschicklichkeiten passt, die den Niedergang des Konzerns über die letzten Jahre beschleunigt haben. Immerhin auf Mega-Showrunner Taylor Sheridan, den Schöpfer des "Yellowstone"-Universums, ist für Paramount noch Verlass. Nachdem "Yellowstone" selbst wegen des Konflikts mit Hauptdarsteller Kevin Costner drei Staffeln früher endete als von Sheridan geplant, sind weitere Spin-offs und Prequels in der Mache.
Eine Serie mit dem Arbeitstitel "Dutton Ranch", in der die "Yellowstone"-Stars Kelly Reilly und Cole Hauser mitspielen, soll im Herbst beim Paramount Network starten. Eine Serie über die "Yellowstone"-Figur Kayce Dutton kommt 2026 zu CBS. Beide Ableger werden – anders als das Original – auf Paramount+ zum Streaming angeboten. Die Plattform wartet außerdem mit zwei weiteren Originals aus dem Universum auf: "The Madison", ein Spin-off mit Michelle Pfeiffer, und ein weiteres Prequel namens "1944". Paramount kann sich glücklich schätzen, dass der Vertrag mit Sheridan noch ein paar Jahre weiterläuft.