Dass Amazon erst eine Million Dollar für Donald Trumps Amtseinführung, dann 40 Millionen Dollar für eine Melania-Trump-Doku von "Rush Hour"-Regisseur Brett Ratner springen ließ, demonstriert die Anpassungsfähigkeit des E-Commerce- und Entertainment-Giganten in Sachen politischer Landschaftspflege. Die Trump-2.0-Regentschaft habe "Jeff Bezos' wahres Ich" entlarvt, notierte "Politico" Ende April über den Amazon-Gründer. Der Mann, der "einst die Leitplanken der Demokratie pries", sehe jetzt aus wie ein "weiterer reicher Typ, der versucht, sich bei einem transaktionalen Präsidenten einzuschleimen".
Aus Hollywood ist daher zu hören, dass Kreative, die es sich leisten können, momentan lieber auf Abstand zu dem Konzern gehen. Wobei man dazusagen muss, dass der dortige Außenposten Amazon MGM Studios in letzter Zeit selbst genug dazu beigetragen hat, die Branche zu verunsichern. Vor allem die Tatsache, dass dessen langjährige Chefin Jennifer Salke Ende März gehen musste, nährt bei Agenten und Produzenten die Sorge, künftig könne ein rigoroseres Controlling angesagt sein. Salke durfte ein jährliches Programmbudget von neun Milliarden Dollar verwalten und war berühmt-berüchtigt für ihre mitunter maßlosen Investitionen in vermeintliche Prestigeprojekte.
Die Analysen ihrer unglamourösen Verabschiedung kommen allesamt zu dem Fazit, dass die Entlassung abrupt und überfällig zugleich gewesen sei. Im Vergleich zu den Streaming-Rivalen hatte Salke nach sieben Jahren an der Spitze merklich weniger an Publikums- oder Kritikererfolgen vorzuweisen – und das trotz der Omnipräsenz von Prime Video, das viele der über 200 Millionen Abonnenten als eine Art kostenloses Add-on wahrnehmen. Laut Nielsen liegt der Zuschauer-Marktanteil von Prime Video in den USA außerhalb der NFL-Saison zwischen 3 und 3,5 Prozent – mehr als Max, Paramount+ oder Peacock, aber weniger als die Hälfte von Netflix und weit hinter Disney+ und Hulu. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, kommen und gehen auf der Plattform hochbudgetierte Serien, ohne großen Buzz hervorzurufen. Im vergangenen September gewann das Studio keinen einzigen Emmy und fand auch bei den Oscars im März keine Berücksichtigung.

Was das Fass in seinen Augen zum Überlaufen gebracht haben dürfte, war das Fiasko um James Bond. Wohl kein Filmstudio steht und fällt so mit einer einzigen Marke wie MGM mit "007". Als Amazon 2022 den stolzen Kaufbetrag von 8,5 Milliarden Dollar für MGM und dessen umfangreiche Library auf den Tisch legte, tat es das vor allem, um fortan Bond besitzen und fürs Streaming-Zeitalter weiterentwickeln zu können. Allerdings hatte man die Rechnung ohne das mächtige Produzenten-Gespann Barbara Broccoli und Michael Wilson gemacht. Die Geschwister hatten von ihrem Vater Albert "Cubby" Broccoli einen der wohl lukrativsten Deals der Filmgeschichte mit voller kreativer Kontrolle über den britischen Geheimagenten geerbt.
Zahlreichen Medienberichten zufolge gab sich insbesondere Barbara Broccoli stets betont schwierig und machte aus ihrer Abneigung gegenüber Amazon keinen Hehl. Es hätte von Studioseite also ein besonderes Maß an Geduld und Diplomatie gebraucht, um sich auf eine Fortsetzung der Filmreihe zu einigen, die zuletzt 2021 mit Daniel Craigs finalem Bond-Einsatz im Kino vertreten war. Doch Salke hatte Broccoli offenbar so schnell verprellt, dass üble Schimpfwörter fielen und diese sich weigerte, überhaupt noch mit der Studiochefin zu sprechen. Bezos höchstselbst soll sich an dieser Stelle eingemischt haben, weil ihm die Top-IP einfach zu wertvoll erschien, um sie weiter verschimmeln zu lassen. Das einzige, worauf man sich noch verständigen konnte, war eine teure Trennung. Im Februar gab Amazon bekannt, dass es den Broccolis die kreative Kontrolle abkaufen und sie künftig als Juniorpartner in einem neuen Joint Venture einbinden werde.
Was das gekostet hat, kann nur gemutmaßt werden – die medialen Mutmaßungen reichen bis zu einer Milliarde Dollar. Selbst wenn es weniger sein sollte, muss der Konzern ordentlich draufzahlen für ein Franchise, das er eigentlich längst zu besitzen glaubte. Noch gibt es nicht mal eine Drehbuchentwicklung für einen potenziellen nächsten Bond. Darum müssen sich nun die frühere Sony-Pictures-Chefin Amy Pascal und "Harry Potter"-Produzent David Heyman kümmern, die Amazon MGM als neue 007-Produzenten angeheuert hat. Die Zeit drängt: 2035 läuft der Urheberschutz für die Originalromane von Ian Fleming nach amerikanischem und britischem Recht aus – dann wird James Bond Gemeingut und auch andere Studios könnten Bond-Filme entwickeln.
Da Hopkins den Posten der Studiochefin nicht nachbesetzt, sondern Filmchefin Courtenay Valenti und TV-Chef Vernon Sanders nun direkt an sich berichten lässt, steht er ab sofort selbst im rauhen Wind des Hit- und Flop-Geschäfts, ohne Salke für kreative Entscheidungen verantwortlich machen zu können. Eines von ihren kostspieligen Überbleibseln hat er bereits gestutzt: Die internationalen Spin-offs der Spionagethriller-Serie "Citadel" – "Diana" aus Italien und "Honey Bunny" aus Indien – werden nicht fortgesetzt, sondern in die Handlung der für 2026 geplanten zweiten US-Staffel integriert. Mit der Aussicht auf mehr Bond dürfte klar sein, welcher Spion künftig Priorität hat.
US-Studios im Umbruch – bisher erschienen