Es scheint dieser Tage fast unvermeidlich, sich einer mitunter militärisch anmutenden Wortwahl zu bedienen. Wenn die Bosse von BBC News, Radio Free Europe oder Deutscher Welle beim Global Media Forum einen "Informationskrieg" und eine "globale Schlacht um die Wahrheit" konstatieren (DWDL.de berichtete), dann zählt dazu auch der Umstand, dass sich die Taktiker beider Seiten längst einen technisch hochgerüsteten Kampf um die Vorherrschaft des eigenen Narrativs liefern. Ein nicht unwesentlicher Teil des Bonner Branchentreffs war entsprechend jenen digitalen Mauern gewidmet, die autokratische Regime in aller Welt immer höher ziehen und die freie, demokratisch orientierte Medien nach Kräften zu umgehen versuchen.
Am wörtlichsten nahm das Bild von der Mauer wohl der chinesische Autor und YouTuber Chen Pokong, der von einer zweiten Chinesischen Mauer sprach – diesmal im digitalen Raum und mit langjähriger Konsequenz von der Pekinger Regierung aufgebaut. "Man sollte nicht unterschätzen, dass das Regime gleichermaßen stark defensiv und offensiv spielt", so Chen. "Sie blockieren nicht nur wirksam Teile des Internets für die eigene Bevölkerung, sondern fluten das Netz national und international gezielt mit Fake News. Da stehen ganze Fake-News-Armeen parat. Im staatlichen Fernsehen laufen nicht selten Nachrichtensendungen, in denen außer dem Wetter alles Fake ist."
Nach Beobachtungen des gemeinnützigen Committee to Protect Journalists (CPJ) aus New York nimmt die Zahl der gezielten zeitweisen Internet-Shutdowns weltweit zu, insbesondere bei wachsenden Protestbewegungen oder kurz vor Wahlen, wusste Gypsy Guillén Kaiser, Chief Global Affairs Officer des CPJ, zu berichten. Dass unliebsame Journalisten augespäht und Hetzkampagnen ausgesetzt werden, gehöre ebenfalls zum gängigen Instrumentarium von Autokraten. Eines der Angebote, mit denen das CPJ Journalisten unterstützt, sind digitale Sicherheitstrainings, die bestmögliche Vorsorge gegen solche Angriffe zum Ziel haben. Zuletzt, so Kaiser, sei die Nachfrage vor allem in den USA explodiert: Seit der Trump-Wahl registriere man einen Bewerbungsrekord amerikanischer Journalisten. Ihr Fazit daher: Die EU werde zur "letzten Frontlinie im Kampf gegen Zensur und für die Verteidigung demokratischer Werte".

Auf die Frage von DW-Moderatorin Liz Shoo, was man hierzulande aus solchen Aktivitäten lernen könne, äußerte sich re:publica-Geschäftsführer Andreas Gebhard kritisch: "Wir nutzen bisher nicht die richtigen Tools, um Zensur zu umgehen und Pressefreiheit sicherzustellen. Deutschland hat Milliarden in geschlossene Infrastruktur aus dem Silicon Valley investiert, die besonders zensuranfällig ist." Für die Zukunft müsse man stattdessen auf breiter Front auf Open-Source-Lösungen und freie Software setzen, deren Zugang in den Händen aller liege und die damit nicht so leicht monopolisierbar sei.

Mehr zum Thema