Alles startet mit einer Idee. So stellte Sofie Aspacher im Jahr 2024 die erste Strophe ihres Songs "Für immer Frühling" auf der Kurzvideoplattform TikTok online. Die Folge: Innerhalb kurzer Zeit generierte der Ausschnitt mehrere Millionen Aufrufe, hunderttausende Likes und eine unlesbare Flut an Kommentaren. Auch weitere Veröffentlichungen gingen viral. Mit der unerwarteten Aufmerksamkeit auf TikTok landete die bis dahin vergleichsweise unbekannte Künstlerin einen ersten Erfolg und stieg überraschend auf den siebzehnten Platz der deutschen Single-Charts ein.
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Bei diesem Video handelt es sich um keinen Einzelfall und es steht stellvertretend für die Wirkungsweise sozialer Plattformen. Grund für den Reichweitenhit ist der Aufbau des gewählten Mediums: Trotz fehlendem Netzwerk ermöglicht TikTok es Accounts, virale Treffer zu erzielen und beruht damit auf dem Prinzip des sogenannten Content Graphs. Im Vergleich dazu benötigen Konten auf den meisten anderen Social-Media-Dienste wie Instagram, X oder LinkedIn deutlich mehr bestehende Verbindungen, um ihre Relevanz nachzuweisen und dafür Reichweite zu erhalten. Hier handelt es sich im Fachjargon um den Social Graph.
Das Prinzip der viralen Aufmerksamkeit lässt sich leicht zunutze machen: Einen Teil der Reichweite, die ein aufkommendes Thema oder Sound vorweist, kann durch entsprechende Umsetzungen auf die eigene Marke übertragen werden. Unternehmen bedienen sich an diesem Hebel, um kommerzielle Accounts zu skalieren oder eigene Interessen zu platzieren.
Aber wie kommen Trends zustande? In der Theorie muss eine Veröffentlichung auf der Plattform klassischerweise ein Momentum erzeugen, das binnen kurzer Zeit ein gewisses Schwellenpotential überschreitet. Gelingt dies, stuft der Algorithmus die Veröffentlichungen als bedeutsam ein. Anschließend wird die Veröffentlichung reichweitenstark ausgespielt. Eine einheitliche Definition von Viralität gibt es hierbei nicht. Häufig wird im Kontext der Reichweitengenerierung von Erfolg gesprochen, wenn ein Video mehr als 100.000 oder eine Million Aufrufe erreicht.
Ob aus einem viralen Hit folglich ein Trend wird, bestimmt schlussendlich der Adaptivitätsgrad des Videoinhalts. Nur Konzepte, die von einer breiten Masse an Accounts nachgeahmt werden können, haben die Chance auf breite Sichtbarkeit. Challenges und Tänze, für die Kurzvideoplattformen wie TikTok und Instagram immer wieder belächelt werden, bieten hier entsprechend den universalen Nährboden für niedrigschwellige Reproduktion – und sind somit gleichzeitig der Erfolgstreiber des Mediums.
Eine neue, aber essenzielle Rolle bei der Identifikation von Trends spielen sogenannte „Cultural Tastemaker”. Sie registrieren frühzeitig potenzielle Plattformbewegungen und verleihen den Inhalten durch Interaktion den nötigen Push. Es handelt sich um Accounts, die ein fundiertes Wissen über ihre Nische besitzen und mittels eigenem Input (in Form von Zusatzinhalten oder Kommentaren) und Netzwerk zur Kuration der Inhalte beitragen. Mit ihrem Mehrwert verhelfen sie Videos - meist unwissentlich und unentgeltlich - zu dem Sprung in den Mainstream.
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Auf dem Zeitstrahl von der Entstehung über die Kuration bis hin zur Allgemeinheit stehen Marken meist am Ende der Trendkette. Gerade Unternehmen sollten deshalb an der Communitybildung mit Cultural Tastemaker interessiert sein. Denn Trendsetter innerhalb der eigenen Reihen zu besitzen, wirkt sich inherent positiv auf die veröffentlichten Beiträge aus. So zehren Meme-Accounts von den Kommentaren der treuen Followerschaft, die manchmal sogar lustiger als das ursprüngliche Posting sind, oder machen eine Sammlung von Empfehlungen und Tipps erst durch interne Diskussionen wirklich hilfreich.
Aber Achtung: Springen zu viele kommerzielle Konten auf eine Idee auf, fangen Trends an zu verwässern. Seitdem Unternehmen verstanden haben, dass sie durch trendbasierte Reaktionen einfacher Klicks generieren können, läuft dieser Prozess deutlich schneller ab. Hielt die Begeisterung für gesetzte Themen vor Jahren für einen längeren Zeitraum an, wechseln sich mittlerweile mehrere Hypes nahezu jede Woche ab.
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Das sollten sich Unternehmen hinter die Ohren schreiben: Es bringt wenig bis nichts, einen tausendfach wiederholten Trend als Marke kopflos aufzugreifen. Stattdessen sollten sich Verantwortliche fragen, welchen Mehrwert ihr Unternehmenskonto zur Contentlawine beiträgt und sich somit von dieser abheben kann. Denn: Innovative Inhalte brauchen keine Distributionsstrategie, sie finden ihren Weg durch den sozialen Kosmos von alleine.