Je länger man Casey Bloys zuhört, desto eher ist man geneigt zu glauben, dass es sich aus deutscher Zuschauersicht tatsächlich gelohnt hat, ein paar Jahre länger auf HBO Max zu warten. Der Wettlauf der Streaming-Branche habe zwischenzeitlich dazu geführt, dass viele Marken ihre Identität verloren hätten, sagt der Chef von HBO und HBO Max, als er in London vor die europäische Presse tritt. "Auch wir haben versucht, zu viel anzubieten, und versuchen jetzt stattdessen, ganz genau darauf einzugehen, was die Leute an uns schätzen und von uns erwarten", so Bloys weiter. Bis vor kurzem sei es vielleicht noch "etwas nebulös" gewesen, was eigentlich ein Max Original sei. Heute wisse man im Hause Warner Bros. Discovery klarer denn je, was ein HBO Original und was ein Max Original ausmache.
Zu ersteren zählt fraglos "Euphoria", dessen dritte Staffel Bloys gemeinsam mit Showrunner Sam Levinson für April ankündigte. Dank Covid-Pandemie und Hollywood-Streik hat es fast vier Jahre gedauert, bis die Kultserie mit Zendaya, Sydney Sweeney, Jacob Elordi und Colman Domingo weitergeht. Aus der High School seien die Hauptfiguren inzwischen raus, stellte Levinson in Aussicht, die Erzählwelt werde entsprechend breiter und erwachsener. Mickey Down und Konrad Kay, die Showrunner von "Industry", sprachen über die im Januar startende vierte Staffel ihrer HBO-BBC-Koproduktion. Diese habe sich vom Workplace-Drama in Richtung Thriller weiterentwickelt, wolle nun verstärkt zeigen, wie Macht korrumpiere und Kapitalismus funktioniere.
Showrunner Ira Parker stellte das ebenfalls für Januar geplante "Game of Thrones"-Prequel "A Knight of Seven Kingdoms" vor, für das HBO bereits zwei Staffeln in Auftrag gegeben hat. Es sei leichter und habe keine Drachen, scherzte Bloys, während Parker die Geschichte von Ser Duncan the Tall rund hundert Jahre vor der "Game of Thrones"-Handlung als "netteren, freundlicheren Weg nach Westeros" beschrieb, bevor es dort so richtig düster und brutal geworden sei. Das nochmals hundert Jahre früher angesiedelte "House of the Dragon" meldet sich derweil laut Bloys im Frühsommer mit Staffel drei zurück. An der Comedy-Front präsentierten Lisa Kudrow und ihr Co-Creator Michael Patrick King das Comeback von "The Comeback": 20 Jahre nach der ersten und zehn Jahre nach der zweiten Staffel wird Kudrow in ihrer Paraderolle als Valerie Cherish ab März in der dritten und letzten Staffel zum Star der ersten von KI geschriebenen Sitcom.
© HBO Max/Chris Lobina
Casey Bloys mit Sam Levinson
Den Trailer zu "4 Blocks Zero" hatte Bloys übrigens auch schon beim US-Pressetag vor zwei Wochen in New York gezeigt. Während er dort lief, habe sich Francesca Orsi, die Drama-Chefin des amerikanischen HBO, hinübergebeugt und danach gefragt, wer denn solch einen kraftvollen Look zustande gebracht habe, gab Sarah Aubrey, Head of Original Content von HBO Max, auf einem Panel der "Content London"-Konferenz am Mittwoch zum Besten. Aubrey, Vorgesetzte der deutschen Content-Chefin Anke Greifeneder in der kalifornischen Konzernzentrale, ging auch auf die neuen, alten Grundsätze bei der internationalen Serienentwicklung ein – wieder mehr HBO als Max.
Demnach habe sie dafür gesorgt, dass die Development-Budgets der lokalen Niederlassungen signifikant erhöht wurden. "Damit wir uns mit keiner einzigen Entwicklung zu sehr hetzen müssen, brauchen wir auch in den internationalen Märkten eine größere Development-Pipeline", so Aubrey. "Welche konkreten Stoffe in Deutschland oder Italien gefragt sind, wissen unsere lokalen Teams viel besser als ich. Meine Rolle ist es vor allem, darauf achtzugeben, dass die Drehbücher reif und ausentwickelt sind, bevor gedreht wird. Was im Buch schon nicht stimmt, wird später nicht plötzlich richtiger."
Lokale Produzenten, die mit HBO Max ins Geschäft kommen wollen, dürften freilich nicht den Fehler machen, HBO mit "nischig oder artsy" zu verwechseln, mahnte Aubrey an. Im heutigen Sinne sei HBO in erster Linie als hohes Qualitätsversprechen zu verstehen – dabei dürfe es inhaltlich durchaus "juicy und sexy" sein. Nach dem Erfolg von "The Pitt" sei man zudem auf der Suche nach weiteren hochwertigen Procedurals aus den Traditionsgenres Crime, Medical oder Legal – von Aubrey liebevoll "Prestige-urals" getauft. "Die Leute lieben das nach wie vor. Ich hoffe, wir können das auch international replizieren und nicht immer nur sechs Episoden von einer Serie bestellen."
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