Noch vor wenigen Wochen kursierte die Meldung, die Deutschen hätten die Nase voll von Casting-Shows. Laut einer Umfrage der Zeitschrift „TV Guide“ aus dem Januar lehnen sogar 80 Prozent der 14 bis 29-Jährigen das Genre gänzlich ab. Dann scheinen die Befragten wohl nicht bemerkt zu haben, was sie das schauen, denn auch in diesen Tagen feiern mit Sendungen wie „Deutschland sucht den Superstar“ und „The Next Uri Geller“ ausgerechnet Casting-Shows sechs Jahre nachdem das Genre in Deutschland etabliert wurde, große Erfolge.
Bei Sat.1, wo es an einem langfristig erfolgreichen Casting-Format fehlt, muss man das mit einem neuen Show-Konzept hinbekommen. Ab Freitag dieser Woche begibt sich der Sender unter dem Titel „Ich Tarzan, Du Jane“ auf die Suche nach zwei Hauptdarstellern für das Disney-Musical „Tarzan“. "Für 'Ich Tarzan, Du Jane' haben wir uns einen besonderen Zugang zum Thema Casting gesucht.
Das Casting-Märchen
Selbst wenn zu Weilen ein Murren über die Darstellungsform der Casting-Show zu hören ist: Für das Fernsehen ist dieses Genre geradezu ideal. So gehe es beim Fernsehen um Zuschauernähe, erklärt ZDF-Sprecher Peter Gruhne. „Diese erreicht man unter anderem dadurch, dass man sie das Bildschirmgeschehen mit beeinflussen lässt“, erklärt er.
Ein wichtiger Aspekt, auch in der Vermarktung der Programme. „Alles was mit Competition zu tun hat - mit Helden und Identifikationsfiguren - hat gute Voraussetzungen für Involvement und hohe Zuschauerbindung“, erklärt Andreas Kühner, Kommunikationschef beim ProSiebenSat.1-Vermarkter SevenOne Media. Mit „Germany‘s next Topmodel“ verkauft sein Unternehmen Werbezeiten einer Sendung, die neben dem Wettbewerb auch noch ein weiteres Themenfeld bedient: Mode und Kosmetik.
Die Vermarkter der RTL-Show „Deutschland sucht den Superstar“ sehen die Stärken des Formats eher in der hohen Reichweite, die man dauerhaft erzielen kann. So kam die vierte Staffel der Sendung im vergangenen Jahr auf einen durchschnittlichen Marktanteil von 31,2 Prozent der 14- bis 49-Jährigen. „Die Staffel läuft über mehrere Monate und garantiert den Werbekunden somit hohe Planbarkeit. Werbungtreibende platzieren ihre Produkte in dem Umfeld, um schnell Bekanntheit und Images aufzubauen“, erklärt Caren Lottermann, Direktorin Sales & Services RTL beim Vermarkter IP Deutschland.Trotz aller Abgesänge und Kritik an dem Umgang so mancher Jury mit ihren Kandidaten: Die Casting-Show feiert fröhliche Urständ. Das Genre entwickelt sich weiter und beginnt in immer mehr Bereiche vorzudringen. Stand zu Beginn der Casting-Welle noch das Erfolgsversprechen „Superstar“, so sind es nun konkrete Jobs, die vergeben werden. Neben den Musical-Darstellern ist Komödiant und Regisseur Michel ‚Bully‘ Herbig derzeit auf der Suche nach Wikingern für seine „Wickie“-Film. Die wird er finden - dank einer entsprechenden Show bei ProSieben.



