Im Branchenjournalismus der TV-Branche die Analyse der erzielten Reichweiten zu kritisieren, ist gewagt, Herr Blasberg. Und so sinnvoll wie einem Sportjournalisten die Ergebnisse oder einem Wirtschaftsjournalisten die Aktienkurse verbieten zu wollen. Denn egal wie schön eine Mannschaft spielt, egal wie toll ein Unternehmen im Grunde ist: Am Ende zählen die Zahlen. Nicht nur natürlich. Deswegen widmet sich auch nur ein kleiner, aber bedeutender Teil der Berichterstattung beim Medienmagazin DWDL.de der Quotenanalyse. Niemand hat darüber hinaus beispielsweise in diesem Herbst ausführlicher über die Krise bei ProSiebenSat.1 am Standort Berlin oder die Entwicklungen bei Premiere berichtet als DWDL.de. Die positiven Unternehmenszahlen der Mediengruppe RTL Deutschland fanden sich selbstredend auch bei uns wieder. Ebenso wie inhaltliche Auseinandersetzungen mit der Qualität der Programme. Wir analysieren das Mediengeschehen permanent. Und auf Wunsch liefern wir sogar individuellen Nachhilfe-Unterricht.
Erinnern wir uns doch beispielsweise an den Januar 2007. Die Jahresmarktanteile 2006 liegen vor und bescheinigen Sat.1 einen herben Verlust – insbesondere durch die letzten Monate des Jahres. Nach dem Ende von „Verliebt in Berlin“ mit Lisa Plenske lief es nicht mehr rund. Auch andere Formate schwächelten – und zogen die Reichweite nach unten. Dennoch: Finanziell war das Jahr 2006 ein voller Erfolg für Sat.1. Man profitierte noch einmal vom „ViB“-Aufschwung. Mit anderen Worten: Die Schere ging weit auseinander. Nach aktuellen Marktanteilen sah die Bilanz der Berliner zum Jahreswechsel 06/07 längst nicht mehr so gut aus wie die finanzielle Sicht der Dinge. Letztere bildet die Situation eben immer erst mit etwas Verzögerung ab. Und so war es wenig verwunderlich, dass der Sender mit niedrigerer Reichweite 2007 auch finanziell schwierigeren Zeiten entgegen sah. Eigentlich naheliegend.
Was soll uns das sagen? Die Betrachtung der Marktanteile, die, egal ob auf täglicher, monatlicher oder jährlicher Basis, oft zeitnah und realistisch den aktuellen Zustand eines Fernsehsenders darstellt, kann gewisse Entwicklungen vorweg nehmen. Nicht zwingend natürlich. Aktuell spielen zweifelsohne auch andere Faktoren eine besonders große Rolle: Finanzkrise und mangelnde Akzeptanz des Vermarktungsmodell werden der ProSiebenSat.1 Media AG die Vermarktung der Marktanteilszuwächse schwer machen. Ebenso wie auf der anderen Seite die RTL-Sender, insbesondere bei VOX, wo man das Zwischentief 2008 schon hinter sich gelassen hat und längst nicht so strukturell schwächelt wie es vor zwei Jahren bei Sat.1 der Fall war, keine zu großen Sorgenfalten bekommen muss.
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Die täglichen Quoten sind nun einmal Segen und Fluch der Fernsehwelt, die mit dieser unmittelbaren Erfolgskontrolle je nach eigenem Abschneiden wahlweise sehr gut oder nur schlecht leben kann. Wichtig ist die kompetente Einordnung der Zahlen, da haben Sie Recht Herr Blasberg. Und da vertraut die Branche auf DWDL.de. Sonst wären wir nicht seit zweieinhalb Jahren Marktführer unter den Informationsangeboten unseres schönen Berufszweigs. Wir sind übrigens ganz bewusst kein Branchendienst, sondern ein Medienmagazin. Weil wir im Gegensatz zu allen anderen Wettbewerbern alle Aspekte des Mediengeschehens beleuchten. Mal ernst, mal heiter. Mal aktuell, mal hintergründig. Wir haben auch immer freitags eine tolle Kolumne, müssen Sie wissen. Meist sehr treffsicher. Meist.
Frohes neues Jahr,
Thomas Lückerath
PS: Übrigens Herr Blasberg, raten Sie doch mal, welcher Sender im vergangenen Jahr am eifrigsten Pressemitteilungen zu eigenen Marktanteilsrekorden verschickt hat. Sie kommen nie drauf...