
Und weil ein Unglück selten allein kommt, war dann auch die herbeigesehnte Not-Sendung, die für solche Fälle vorher mit nicht tages-aktuellen Themen aufgezeichnet wird, zunächst nicht aufzutreiben. In diesem Moment war klar: Auch die neueste Technik schützt nicht vor dem Vorführeffekt: Ausgerechnet in den 15-Minuten, in denen mehrere Journalisten in der Regie standen, kam es zur bislang größten Panne der letzten Jahre im RTL-Sendebetrieb. Nachdem fast 20 Sekunden lang nur das erste Bild des Vorspanns zu sehen war, entschied man sich für eine Notlösung - und hatte auch damit Pech.
Der ohne ins Studio zu schalten direkt gestartete erste Beitrag war nicht nur ebenfalls ohne Ton zu sehen, sondern handelte auch noch von Pornographie im Internet, was dazu führte, dass kurz nach 18 Uhr die angeprangerten Szenen eines freizügigen Musikvideos völlig unkommentiert über den Sender gingen. Erst nach quälend langen 80 Sekunden schritt schließlich die Sendeabwicklung ein und schickte Trailer auf Sendung, ehe weitere fünf Minuten später dann doch noch die Not-Sendung an den Start geschickt werden konnte. Dass diese um 18:30 Uhr völlig unvermittelt mitten in einem Beitrag abgebrochen werden musste, weil exakt zu diesem Zeitpunkte auch die Regionalprogramme wieder zum normalen RTL-Programm zurückwechselten, rundete die Verkettung unglücklicher Umstände schließlich ab. Immerhin: Das Problem war behoben, "Exclusiv" und "RTL aktuell" konnten danach live über den Sender gehen.
Schuld an der ganzen Misere war übrigens ein simples Tonmischgerät und nicht die neue moderne Technik, die die RTL-Techniktochter CBC in Deutz verbaut hat und die man doch eigentlich stolz präsentieren wollte. Wie das ZDF hat auch RTL dort seine eigene grüne Hölle - und machte doch vieles anders als die Kollegen aus Mainz. Das fängt schon bei den Ausmaßen an: Statt 690 ist das größere der beiden HD-Studios in Deutz "nur" 410 Quadratmeter groß, bei den computergesteuerten Kamerakränen setzt man auf eine Technik, die sonst nur bei Filmen zum Einsatz kommt, während das ZDF Industrieroboter, wie sie sonst etwa bei der Autoindustrie zu finden sind, im Einsatz hat - was bisweilen ein etwas seltsames Ruckeln produziert. Auch bei RTL habe man diese Technik getestet, war damit aber nicht zufrieden und habe sie daher wieder verworfen, so CBC-Chef Harscheidt.
Vor allem geht man bei RTL aber on air einen anderen Weg als das ZDF, dessen Studiogestaltung man eher überrascht zur Kenntnis genommen habe, so RTL-Chefredakteur und -Anchor Peter Kloeppel. Während beim ZDF der ausladende Tisch den Schwerpunkt des Studios bildet und der Hintergrund diffus ins Unendliche entgleitet, hat man sich bei RTL für einen fast schon knuffigen und vergleichsweise kleinen runden Tisch - neben Christian Häckls Touchscreen beim Wetter übrigens der einzige reale Einrichtungsgegenstand im Studio - entschieden und dafür, dem Raum mehr Konturen und eine feste Begrenzung zu geben. Auch verzichtet man bei RTL auf eine allzu große Totale, die beim ZDF die Moderatoren vor allem in den ersten Monaten nach dem Start im neuen Studio allzu verloren wirken ließ.
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