Produkte auf möglichst natürliche Weise redaktionell in ein Format einzubinden und somit die Werbereaktanz, also die Abwehr des Zuschauers gegenüber der werblichen Beeinflussung, in Akzeptanz umzuwandeln - das ist der Traum von werbenden Unternehmen, der mit Product Placement endlich möglich werden sollte. Der im April 2010 in Kraft getretene 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag definiert und legt gleichzeitig die Grenzen dieser im Privatfernsehen erlaubten Werbeform fest. Nicht einmal die sind jedoch - wie wir in den vergangenen Wochen mal getestet haben - wirklich geläufig. Deshalb gibt es vor der Bestandsaufnahme in der Praxis also noch eine Runde Nachsitzen in Theorie.

Erlaubt sind seit einem Jahr bezahlte Produktplatzierungen in Unterhaltungssendungen, Spielfilmen, Serien und Sportsendungen der Privatsender, verboten hingegen in Nachrichten- und Kindersendungen sowie informierenden Magazinen. Desweiteren darf das Produkt nicht überzogen werblich inszeniert sein und muss aus überwiegend programmlich-dramaturgischen Gründen in die Sendung aufgenommen werden. Die Kennzeichnung muss durch die mindestens dreisekündige Einblendung eines „P“-Logos am Anfang und Ende der Sendung sowie nach jeder Werbepause plus der Einblendung „enthält Produktplatzierungen“ erfolgen.

 

 

Soweit die Theorie. Doch wie schaut es denn jetzt in der Praxis aus? Was hat sich im ersten Jahr des geregelten Product Placement wirklich getan? Hat die neue Werbeform die Erwartungen erfüllt? Die Antwort ist angesichts der großen Hoffnungen, die im Vorfeld in die neuen Möglichkeiten gesteckt wurden, ernüchternd. Product Placement ist bislang ein Flop. Beim TV-Marktführer RTL gab es im ersten Jahr lediglich ein einziges Product Placement einer Spielkonsole im Rahmen der Castingshow „Das Supertalent“, bei der ProSiebenSat.1 Media AG zwar gut zwei dutzend Produktplatzierungen - aber mit meist durchwachsenem Erfolg.

Als erstes Unternehmen platzierte Anfang April letzten Jahres die Süßwarenmarke „M&M“ einen sogenannten „M-Ball“, der in die Spielshow „Schlag den Raab“ eingebunden wurde. Seitdem hat die ProSiebenSat.1-Gruppe weitere 24 Umsetzungen hervorgebracht. Doch nicht immer lief es in der Praxis so gut, wie es in der Theorie klang. Die Metro-Tochter Real sollte in der Sat.1-Show „Deutschlands Meisterkoch“ ihren großen Auftritt bekommen. Zwar wurden den Kandidaten die Lebensmittel auch in deutlich gebrandeten Lieferwagen gebracht und gekocht wurde mit dem zweiten Werbepatner, mit Geräten von Siemens. Tragisch nur: Es schaltete kaum jemand ein, die Sendung ging mit einem durchschnittlichen Marktanteil von 7,4 Prozent in der Zielgruppe baden.

Dennoch zeigt sich Sabine Eckhardt, Vorsitzende der Geschäftsführung der SevenOne AdFactory, welche unter anderem für die Vermarktung von Product Placement für die ProSiebenSat.1-Gruppe zuständig ist, recht zufrieden: „Nach den ersten zwölf Monaten in diesem neuen jungen Markt glauben wir fest an das enorme Potenzial von Product Placement und erweitern stetig unser Angebot. So haben wir die aktuelle Staffel von „Germany’s next Topmodel“ für Placements geöffnet, weil uns ein verändertes Konzept der Casting-Sendung nun attraktive Flächen schafft - gerade für Kunden aus dem Fashion-, Kosmetik- und Lifestyle-Bereich.“ Dabei stehe die redaktionelle Einbindung im Vordergrund. „Es geht nicht darum, ein Produkt so lange wie möglich in die Kamera zu halten. Die Zukunft gehört vielmehr der intelligenten Inszenierung und der sinnvollen crossmedialen Vernetzung“, so Eckhardt. Auch die eigenproduzierten Spielfilme der Sendergruppe wolle man jetzt für Product Placement öffnen, kündigt sie an.

In der Fiction hatte man im ersten Jahr auch schon mehr Erfolg als bei „Deutschlands Meisterkoch“. Bei einer Kampagne der McDonald‘s Marke „McCafé“ hielt die Realität Einzug in der Sat.1-Telenovela „Anna und die Liebe“. Die fiktive Werbeagentur Broda & Broda, Mittelpunkt der Serie, entwickelte für McCafé eine reale Kampagne, sodass sich das Unternehmen vom Pitch bis zum Launch in mehreren Folgen umfangreich präsentieren konnte, inklusive Plakaten und Online-Maßnahmen in der „echten“ Welt. Realität und Fiktion verschwimmen zu lassen - dafür bietet sich Product Placement an. Besondere Herausforderungen waren laut Sabine Eckhardt die langen Vorlaufzeiten, der hohe organisatorische Aufwand sowie der Mangel an Erfahrungswerten bei dieser ersten Umsetzung dieser Art.