Wie schnell die Zeit vergeht: In diesen Tagen gibt es in Sat.1 gleich zwei Jubiläen zu feiern. Sowohl "Richter Alexander Hold" als auch "Zwei bei Kallwass" feiern ihren zehnten Geburtstag. In 1.825 Sendungen verhandelte Alexander Hold mehr als 2.200 Fälle - insgesamt waren in dieser Zeit knapp 9.000 Laiendarsteller im Einsatz. "Dass meine Sendung nach zehn Jahren immer noch so viele Zuschauer erreicht, ist ein sagenhafter Vertrauensbeweis", sagt Hold. Im Gegensatz zu seiner Gerichtsshow-Kollegin Barbara Salesch denkt er noch nicht ans Aufhören.

"Es ist zugleich ein wunderbarer Ansporn für mich, nicht nur spannende Unterhaltung zu bieten, sondern weiterhin dem Zuschauer auch verständlich Recht und Gerechtigkeit näher zu bringen", so Hold, der Staatsanwalt und Richter am Amtsgericht in Kempten war. Auch bei Sat.1 wird derzeit noch niemand an ein Ende der Ära Hold denken: Mit bis zu drei Millionen Zuschauern in der Spitze zählt die Gerichtsshow im Nachmittagsprogramm zu den erfolgreichsten Formaten des Senders - nicht selten rangiert "Richter Alexander Hold" sogar unter den meistgesehenen Sat.1-Formaten des Tages.

Auch "Zwei bei Kallwass" ist auf ihrem Sendeplatz um 14:00 Uhr nach wie vor gefragt - kaum zu glauben, dass die Beratungsshow zu Beginn eines der Sorgenkinder des Senders war. Erst nachdem, ähnlich wie bei Salesch und Hold, von echten Fällen auf die meist deutlich dramatischeren Fälle mit Laienschauspielern umgestellt wurde, stiegen die Quoten der Show. Doch trotz aller Jubel-Arien: Legt man die durchschnittlichen Marktanteile zugrunde, die die täglichen Sat.1-Formate in diesem Jahr bislang erzielen, müsste man eigentlich Daily-Talkerin Britt Hagedorn gratulieren.

Ausgerechnet eine Talkshow - übrigens die letzte ihrer Art im deutschen Fernsehen - fährt zumindest bei den 14- bis 49-jährigen Zuschauern in schöner Regelmäßigkeit die höchsten Marktanteile der Sat.1-Daytime ein. Im Schnitt erzielte "Britt" im laufenden Jahr einen Marktanteil von rund 14 Prozent in der Zielgruppe und damit gut einen Prozentpunkt mehr als "Zwei bei Kallwass". "Richter Alexander Hold" liegt bislang bei etwa 12,7 Prozent, der bald zu Ende gehende Klassiker mit Barbara Salesch tut sich mit weniger als zwölf Prozent sogar noch ein Stück schwerer.

Beim Gesamtpublikum liegen die Marktanteile aller Formate allerdings ein gutes Stück höher, was vor allem daran liegt, dass sämtliche Daytime-Formate von Sat.1 inzwischen eine hohe Altersstruktur ihrer Zuschauer aufweisen. Insbesondere die jüngeren Zuschauer sind es, die den Sat.1-Formaten angesichts zunehmender Konkurrenz durch die Scripted Reality-Formate bei RTL in den vergangenen Jahren zunehmend den Rücken zukehrten.

Und doch mutet es fast schon ein wenig kurios an, dass es ein klassischer Daily-Talk ist, mit dem Sat.1 derzeit nachmittags beim jungen Publikum am besten fährt - ein Genre also, das nach der Hoch-Phase in den 90er Jahren mit unzähligen Formaten auf vielen Sendern schon häufig als beerdigt galt. Vielleicht ist gerade die Tatsache, dass bei "Britt" keine Laienschauspieler im Mittelpunkt stehen, das Erfolgsrezept des Formats. "Jeder, der sich mal die Mühe macht und meine Show mit einer geskripteten Doku vergleicht, wird sehr schnell feststellen, dass meine Gäste echt sind", erzählte Britt Hagedorn zu Beginn des Jahres im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de.

Damals feierte ihre Sendung selbst gerade den zehnten Geburtstag. "Wahre Menschen, wahre Geschichten, wahre Gefühle. Auch wenn da manchmal vor lauter Aufregung ein Satz nicht ganz stimmt oder zu Ende gebracht wird. Diese ehrliche Emotionalität können Laiendarsteller in geskripteten Formaten meiner Meinung nach niemals rüberbringen." Und angesichts der guten Quoten mag es zumindest ein wenig verwundern, weshalb diese Art von Talkshow mittlerweile fast komplett aus dem Fernsehen verschwunden ist.