Manchmal lauert die Gefahr hinter dem Sofa. Nichts ahnend taucht plötzlich ein braunes Etwas von hinten auf, blickt nach links, blickt nach rechts. Und fängt dann einfach an zu reden. Mit tiefer Stimme und nicht zu überhören. Respekt kennt dieses Etwas nicht - schon gar nicht, wenn auf dem Sofa eine prominente Persönlichkeit Platz genommen hat. Willkommen in der Welt von Wiwaldi. Wiwaldi ist der Name des Hundes, der seit vielen Jahren ein Teil der WDR-Talkshow "Zimmer frei" ist. Nein, um einen echten Hund handelt es sich dabei freilich nicht.
Der Mann hinter Wiwaldi ist Martin Reinl. Er verleiht der Stoff-Puppe ihren Charakter - und das tut er längst nicht nur bei Wiwaldi. Wer desöfteren bei "Zimmer frei" reinschaut, wird auch das alte und entsprechend vergessliche Zirkuspferd namens Horst Pferdinand kennen. Oder den alten Jammerlappen und den betrunkenen Hai - das Spektrum der Figuren ist inzwischen so groß, dass man zu recht fragen kann, warum im deutschen Fernsehen nicht mehr Platz für diese doch sehr skurrilen Typen ist. Genau das macht der WDR jetzt.
An diesem Sonntag gibt es um 23:15 Uhr - und damit direkt im Anschluss an "Zimmer frei" - erstmals "Die Wiwaldi Show" zu sehen. Mit Gästen wie Anke Engelke, Barbara Schöneberger, Ranga Yogeshwar und Herbert Feuerstein wird der wuschelige Hund sind Gespräche und Aktionen angekündigt. Ganz zu schweigen von den musikalischen Duetten, die auf dem Plan stehen. Die Gäste sind tatsächlich die einzigen realen Personen, die in der Show auftreten. Ganz gleich ob es um die schüchterne Assistentin Charming Traudl oder den mürrischen, dauergenervten Hausmeister Kakerlak handelt: Sie alle eint, dass sie "nur" Puppen sind.
Doch sind Wiwaldi und seine Freunde tatsächlich in der Lage, eine ganze Show zu tragen? "Bei 'Zimmer frei' können Wiwaldi und seine Freunde ja nur einen kleinen Bruchteil ihres Talents unter Beweis stellen", ist sich Martin Reinl, der Mann der Puppen, sicher. Weiter erzählt er gegenüber DWDL.de: "In der eigenen Show können die Figuren in neue Dimensionen vorstoßen, die auch für den Fernsehzuschauer spannend sein werden. Auch unsere Live-Bühnenshows, mit denen wir unterwegs sind, zeigen, dass das Publikum sich durchaus länger als fünf Minuten von sprechenden Hunden, Zirkuspferden und Kakerlaken unterhalten lässt."
Ohnehin scheinen Puppen inzwischen durchaus salonfähig zu werden, denn nicht nur Reinl ist mit seinen Figuren erfolgreich - auch Sascha Grammel und René Marik haben in den jüngeren Vergangenheit mit ihren Puppen-Shows viele Fans gewonnen. Doch eine Show wie die nun startende umzusetzen, birgt auch Probleme. "Rein technisch gibt es da natürlich ein paar andere Bedürfnisse. Die Puppenspieler dürfen nicht zu sehen sein, von daher gilt stellenweise eine andere Bildsprache als bei gewöhnlichen Shows", sagt Reinl. "Unsere Stars hören unterhalb vom Bauchnabel auf. Aktionen wie Bodenturnen oder Stepptanz-Einlagen sind daher weitaus komplizierter umzusetzen."
Das größte Problem, gegen das er und wohl auch seine Kollegen anzugehen haben, ist allerdings ein anderes. "Inhaltlich kämpfen wir natürlich immer noch gegen das Problem, dass Puppen hierzulande gerne als Erstes in die 'Kinderschublade' gesteckt werden", so Reinl. Die Herausforderung bestehe auch in der Gratwanderung, mit den Puppen einen Humor zu finden, der in gewisser Weise 'erwachsen' sei, gleichzeitig aber eben nicht nur unter der Gürtellinie stattfinde. Und tatsächlich: Formate wie die "Sesamstraße" oder die mehr als 20 Jahre lang vom NDR produzierte Serie "Hallo Spencer", die auch in zahlreichen anderen Ländern zu sehen war, richteten sich bislang stets nur an ein junges Publikum.
Auch die Puppen-Comedy im deutschen Fernsehen stecke leider immer noch in den Kinderschuhen, sagt Martin Reinl. "Wir sind da immer noch ganz am Anfang." Doch es tut sich etwas: Seit vergangenem Jahr kooperiert die Firma bigSmile von Martin Reinl und dessen Partner David Wilms mit dem Branchenriesen Endemol. Das war schon ein wichtiger Schritt. "Vor ein paar Jahren noch wäre es unmöglich gewesen, eine Show wie die 'Wiwaldi Show' on Air zu bekommen", weiß er aus eigener Erfahrung und sagt: "Die Sender werden jetzt erst langsam mutiger, auch solchen Formaten einmal eine Chance zu geben. Insofern haben Puppen im deutschen Fernsehen in Zukunft noch viel vor... zumindest meine."