Schwere Zeiten für viele Journalisten in Deutschland: Die Insolvenz der "Frankfurter Rundschau" hat in dieser Woche bundesweit für Schlagzeilen gesorgt und vielen Journalisten noch einmal drastisch vor Augen geführt, dass es Print zunehmend schwer hat. Denn es ist nicht so, dass nur die "FR" leidet: Der Jahreszeiten-Verlag hat in diesen Tagen sein Stadt-Magazin "Prinz" ins Internet abgeschoben und vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass die Redaktionen der Springer-Titel "Welt", "Hamburger Abendblatt" und "Berliner Morgenpost" künftig eine Gemeinschaft bilden. Noch in diesem Jahr soll die Umstrukturierung über die Bühne gehen - freilich nicht ohne einen Stellenabbau.

"Natürlich ist der Printjournalismus in einer schweren Krise", sagt Publizist Michael Spreng. Der frühere "Bild am Sonntag"-Chefredakteur, der vor zehn Jahren Wahlkampfmanager von Edmund Stoiber war und heute DWDL.de-Gesellschafter ist sowie seinen Politik-Blog "Sprengsatz" betreibt, sieht nicht zuletzt das Netz als Gefahr für den Printjournalismus. "Allen Titeln gemeinsam ist die Bedrohung durch die veränderten Informationsgewohnheiten und die Kostenlos-Kultur im Internet. Und bei den Regionalzeitungen hat der Wegfall des Rubrikengeschäftes zu dramatischen Einbußen geführt. Ansonsten hat jeder Titel sein eigenes, hausgemachtes Problem."

So schaffe der Springer-Verlag seine Zeitungs- und Meinungsvielfalt unter dem Vorwand ab, sie erhalten zu wollen. Spreng: "Hinter den Zusammenlegungen mit einem Newsroom-Einheitsbrei stecken keine verlegerischen, sondern betriebswirtschaftliche Gründe. Es geht offenbar darum, die ehrgeizigen Gewinnziele zu halten oder zu steigern." Der "Frankfurter Rundschau" - dem derzeit wohl prominentesten Opfer der Print-Krise - attestiert Spreng, ihren Kompass und ihr Profi verloren zu haben. Die Schuld darin sieht er im Wechsel von Eigentümer, Geschäftsführer und Chefredakteur. "Sie wurde so lange zurechtkonfektioniert, bis sie überflüssig war. Sie hatte keinen journalistischen Mehrwert mehr", so Michael Spreng gegenüber DWDL.de.

Als "das klarste Online-Opfer" sieht er das Magazin "Prinz". Im Dezember 2012 wird es zum letzten Mal in seiner klassischen Form erscheinen, danach wird die Marke nur noch online sowie in der Magazin-Reihe "Prinz Top Guide" weiter leben. "Für Terminankündigungsobjekte braucht man kein Papier mehr", betont Spreng. Und auch der Blick in die Zukunft lässt Böses erahnen. Gut möglich, dass bereits in wenigen Tagen auch das Ende der "Financial Times Deutschland" auf dem Plan stehen wird. Von der Zukunft der Nachrichtenagentur dapd ganz zu schweigen, die am Mittwoch von den US-Kollegen der AP böse überrascht wurde - fortan wird AP nämlich mit dem dapd-Konkurrenten dpa kooperieren.

"Die 'FTD' war, bei allem Respekt vor der journalistischen Leistung, von Anfang an wirtschaftlich chancenlos - eine Fehlgründung", ist Spreng überzeugt. "Zeit Online"-Chef Wolfgang Blau, der bald zum "Guardian" nach Großbritannien wechselt, sprach kürzlich in einem Kommentar vom "fraglichen Konstrukt der Tageszeitung". Während Wochenzeitungen und Fachtitel zulegen, tun sich Tageszeitungen generell schwer. Doch Michael Spreng will die Tageszeitungen nicht generell abschreiben. "Tageszeitungen sind überlebensfähig, allerdings nicht mehr alle. Bei einigen ist es schon zu spät. Sie müssen etwas bieten, was es im Internet nicht gibt - journalistischen Mehrwert. Exklusive Nachrichten, die besseren Analysen, Kommentare, Reportagen und Hintergrundberichte." Zugleich müssten sie all das auch ins Schaufenster stellen - "nicht die längst bekannte Nachrichtenlage des Tages".

Spreng: "Das gilt regional wie überregional. Musterbeispiel FAS. Dann wären die Leser auch bereit, die wegen der Auflagenverluste notwendigen höheren Preise zu bezahlen." Den Verlagen rät er, "mit aller Kraft" zu versuchen, im Internet die Bezahlschranken einzuführen. Damit schließt sich Spreng der Meinung von Springer-Chef Döpfner an, der gerade erst seinen Verleger-Kollegen zurief, ebenfalls auf diesen Zug aufzuspringen. In wenigen Wochen wird das Online-Angebot der "Welt" kostenpflichtig, "Bild.de" soll 2013 nachziehen. Doch das alleine wird die Print-Titel kaum retten können. Stattdessen appelliert Michael Spreng vor allem an die Grundtugenden des Journalismus, wie sie einst von bekannten Vorbildern an den Tag gelegt wurden. "Zeitschriften sind genauso wie Zeitungen gefährdet, wenn sie den journalistischen Mut, die Leidenschaft und die Kreativität verlieren, die einst Henri Nannen, Rudolf Augstein oder Axel Springer hatten."

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