Einmal im Jahr feiern die die Führungskräfte der deutschen Fernsehsender und ihre Angestellten um die Wette - allerdings rund 9.000 Kilometer voneinander entfernt. In Fernsehdeutschland herrscht wieder eine Woche lang sturmfrei, weil Geschäftsführer und Programmeinkäufer zur Ernte nach Los Angeles fliegen. Im sonnigen Kalifornien verbrüdern sich dann sogar die erbittertsten Konkurrenten, wenn man gemeinsam in langen, sehr langen Screenings zu sehen bekommt, was man schon mal im Voraus bezahlt hat. Da bilden sich kollegiale Leidensgemeinschaften, die man so nur unter der kalifornischen Sonne erleben kann.



Denn der Einkauf von US-Serien läuft für die beiden großen deutschen Sendergruppen RTL und ProSiebenSat.1 immer noch über Output-Deals. Deren Zukunft steht zwar mittelfristig in den Sternen - auch aufgrund zu schlechter Erfahrungen in den vergangenen Jahren. Zuletzt war das mehr Fluch als Segen, doch noch gilt: Wer den ersten Zugriff auf neue Fernsehware aus Hollywood will, der braucht einen Output-Deal - muss sich also im Vorfeld festlegen, während der Laufzeit des Vertrages alles abzunehmen. Die ProSiebenSat.1 Media AG hat Deals mit Warner Bros., CBS Studios und FOX, die Mediengruppe RTL Deutschland hingegen mit Disney und Sony Pictures Television.

Anders als etwa die britischen TV-Kollegen reisen die Vertreter deutscher  Fernsehsender also nicht mit gezücktem Scheckbuch nach Los Angeles, denn bezahlt haben sie ja schon. Die Frage ist stattdessen eher, ob die Bescherung auch eine schöne wird. In den vergangenen beiden Jahren herrschte da Ernüchterung bei der Mediengruppe RTL Deutschland wie auch ProSiebenSat.1. Zu viel Krieg, zu amerikanisch oder fantastisch war es. In diesem Jahr ist die Stimmung im Vorfeld besser: Rein quantitativ ist mehr im Angebot und inhaltlich scheinen sich auch wieder mehr Serien für den internationalen Markt zu eignen.

Bleibt aber noch die zentrale Frage: Wie gut sind die Piloten? Das beantworten erst die Screenings. Hier gibt es nach all den Ankündigungen und Trailern erstmals in Form der Piloten einen Einblick in das, was ab Herbst das amerikanische Fernsehpublikum und mit mehr oder weniger Verzögerung dann auch den deutschen TV-Zuschauer begeistern soll. Tagsüber wird es von der Sonne Kaliforniens daher nicht viel zu sehen geben, aber am Abend, da wird gefeiert. Entweder auf den Partys - in diesem Jahr bei Disney, Sony und FOX - oder in kleinerem Kreise mit mitgereisten Kollegen oder Geschäftspartnern.

Manche sind gleich eine gute Woche da, andere nur kurz für wenige Tage. So kann man in Los Angeles in den kommenden Tagen sowohl Fernsehmacher auf der Jagd vom einen Screening zum anderen quer durch die Stadt hetzen sehen - als auch beim entspannten Lunch, Drink oder Dinner in einem der zahlreichen Hotspots in Beverly Hills und West Hollywood. Jeder nutzt die Klassenfahrt der Branche auf seine Weise. Hopp oder top heißt es dabei in erster Linie für die privaten FreeTV-Sender. Die PayTV-Sender gehen selektiver auf Einkaufstour, die Öffentlich-Rechtlichen sind eher Zaungäste. Sie können auf den Best of the Rest hoffen - oder den Weiterverkauf durch privaten Sendergruppen.

Aber zwischen ARD und ZDF gibt es weiterhin große Unterschiede. Auch in diesem Jahr wieder und immer noch bemerkenswert: Während das ZDF mit einer kleinen Delegation von einer handvoll Kollegen in Los Angeles vertreten ist, fällt die ARD mit einer vielfach größeren Abordnung in Kalifornien ein. Man gönnt sich ja sonst nichts - und im Zweifelsfall gilt: Man müsse eben den Markt sondieren und sich einen Überblick verschaffen. So wurde es in den vergangenen Jahren gerechtfertigt.

Das Medienmagazin DWDL.de wird auch in diesem Jahr wieder ausführlich von den LA Screenings berichten. Medienjournalismus aus erster Hand. Wir machen uns selbst ein Bild von den Piloten der neuen US-Serien und holen natürlich auch ein Stimmungsbild bei den Programmeinkäufern ein. Dazu bringen wir erneut spannende Interviews und Reportagen mit. Und für alle Teilnehmer der LA Screenings am Ende noch ein Service-Hinweis: Das ESTA-Formular nicht vergessen. Eins reicht allerdings - mit dem Zweiten fliegt man nicht besser.