Ob "Simpsons", "South Park" oder "Family Guy" - Animationsserien für Erwachsene sind im US-Markt eine Selbstverständlichkeit. Hierzulande jedoch leisten ZDFneo und die Produktionsfirma SEO Entertainment Pionierarbeit, wenn sie am Donnerstag "Deutsches Fleisch" auf Sendung schicken. Die bitterböse Cartoon-Satire war 2012 als Siegerformat aus dem "TVLab" hervorgegangen und geht nun mit acht Folgen in Serie - jeweils im Anschluss an Jan Böhmermanns "neo magazin" um 23.30 Uhr.

Noch sind nicht alle Episoden durch die Postproduction, der Aufwand ist gewaltig. Über ein Jahr lang haben die Macher durchgehend an der Animation gearbeitet. "Wir konnten auf keine deutsche Benchmark zurückgreifen und mussten daher viel ausprobieren", sagt SEO-Geschäftsführer Gillad Osterer im Gespräch mit DWDL.de. Den Piloten fürs "TVLab" hatten Osterer und sein Partner Uwe von Grafenstein noch mit Hilfe eines US-Gratistools aus dem Internet produziert. Doch das hätte für die Staffel nicht mehr ausgereicht.

"Nach dem Staffelauftrag wurde uns klar, dass wir nun selbst in die Vollanimation müssen", so von Grafenstein. "Mit dem Gratistool hätten wir nur eine begrenzte Anzahl von Vorlagen für Frisuren oder Klamotten zur Verfügung gehabt, außerdem war der Look sehr amerikanisch." Die Figuren sollten zwar bleiben, aber in einem ganz anderen Stil erscheinen. SEO beauftragte als Subproduzenten das Berliner Animationsstudio Inkarnatoons, das bisher vor allem in der Werbung tätig war. Jedes einzelne Bild von "Deutsches Fleisch" ist made in Germany und nicht - wie bei den meisten Kinder-Trickserien üblich - irgendwo in Asien animiert worden.

SEO Entertainment G. Osterer, U. von Grafenstein© SEO Entertainment

Die Produzenten Uwe von Grafenstein und Gillad Osterer

Bei ihrem ersten Fiction-Projekt machten die Produzenten Osterer und von Grafenstein unerwartet positive Erfahrungen mit dem auftraggebenden Sender. "ZDFneo-Chefin Simone Emmelius sagte uns gleich zu Beginn: Ihr dürft die Schraube ruhig noch stärker anziehen als beim Piloten!", so Osterer. "Ich glaube, in der Entwicklung haben wir uns gegenseitig so einiges abgerungen." Das Ergebnis ist für deutsche Satire ungewohnt hart, skurril - und stets das absolute Gegenteil von politisch korrekt.

In der Serie soll der Baron, verwöhnter Sohn des Fürsten de Montague, eine Fabrik für seine neue Erfindung aufbauen. Doch sein Vater spielt ein böses Spiel, will in Wahrheit Waffen fertigen lassen und die Arbeiter rigoros ausbeuten. Gemeinsam mit Bezirksamtsmitarbeiter Kowalsky, Bürgerladenbetreiber Malte, Einwanderer Issa und Ex-DDR-Pornostar Gitti Kommsomachsmir versucht der Baron, die üblen Machenschaften seines Vaters zu stoppen. Die komplette erste Folge ist schon seit einigen Tagen vorab im YouTube-Kanal von ZDFneo zu sehen. In den weiteren Folgen bekommen es die Protagonisten mit deutschen Phänomenen von Autobahnbau bis Mauerfall, FKK bis Gammelfleisch zu tun. Aus jeder Folge wird vorab eine Szene als Comic zum Downloaden und Ausdrucken angeboten.

Die Drehbücher für "Deutsches Fleisch" entstanden in einem achtmonatigen Writers' Room, den Willy Kramer und Ilja Schmuschkowitsch, Autoren und Regisseure des Piloten, gemeinsam mit Neuzugang Andreas Knop bildeten. Der erfahrene Drehbuchautor hatte 2011 den Serienpiloten "Scharfe Hunde" fürs "TVLab" geschrieben und hat auch an der neuen RTL-Serie "Schmidt - Chaos auf Rezept" mitgewirkt, die am 6. Februar anläuft.

Sechs Jahre nach Gründung ihrer Firma SEO Entertainment haben Osterer und von Grafenstein dank "Deutsches Fleisch" Lunte gerochen für weitere Fiction-Projekte. Da passt es gut, dass ZDFneo fürs diesjährige "TVLab" ausschließlich Serien-Piloten sucht. Die beiden Produzenten aus Unterföhring entwickeln derzeit drei Ideen dafür. Mit einer 7-Prozent-Beteiligung an der Frankfurter Filmproduktionsfirma A-List Films haben sie zudem ein weiteres Bein in der Tür. Deren deutsch-israelisch-britische Koproduktion "The Green Prince" hat gerade einen Audience Award beim Sundance Film Festival gewonnen.

Bisher steht SEO eher für Comedy, Show und Doku-Soap, für Formate wie "Sido geht wählen", "Task Force Berlin", "Old Ass Bastards" oder "German Angst". Und auch künftig sehen Osterer und von Grafenstein Nonfiction als ihren Schwerpunkt. Einen kleinen Glücksgriff haben sie mit dem Kauf des spanischen Gameshow-Formats "Don't Say It, Bring It" getan, das sie sich voriges Jahr noch vor dem offiziellen internationalen Vertriebsstart sichern konnten.

Bei dem Straßen-Quiz müssen die Kandidaten die richtige Antwort in fünf Minuten besorgen und dem Moderator bringen. In Deutschland läuft die zweite Staffel von "Wer's bringt, gewinnt" am 6. März auf Eins Plus an, in der Schweiz hat SEO ebenfalls zwei Staffeln fürs öffentlich-rechtliche SRF zwei produziert. Neue Formate für Sat.1, Vox, RTL II und das WDR Fernsehen sind in der Mache.