Aufsteiger des Jahres© DWDL.de
Ein 66-jähriger Grandseigneur des europäischen Fernsehens, seit Jahrzehnten erfolgreich im Geschäft, als "Aufsteiger des Jahres"? Nein, die Redaktion des Medienmagazins DWDL.de hat sich bei ihrer Wahl nicht vertan. Ein Überzeugungstäter wie Jan Mojto ist nahezu einzigartig in der TV-Branche - und das gilt auch für seine Fähigkeit, von hohen Höhen aus noch höhere anzustreben. Stillstand ist ein Fremdwort für den Mann, der acht Sprachen fließend spricht. Im Kopf ist er ohnedies viel jünger als etliche TV-Manager, die ein späteres Geburtsjahr im Pass stehen haben.

Wer allein in diesem Jahr zwei neue Produktionsfirmen mit ein paar der renommiertesten Fernsehmacher gegründet, Free- und Pay-TV zur gemeinsamen Produktion einer Ausnahmeserie vereint und einen deutschen Mehrteiler in 150 Länder verkauft hat, der darf gewiss als Aufsteiger des Jahres gelten - ohne dass dieses Prädikat sein beeindruckendes Werk der Vorjahre relativieren würde. Beta-Film-Chef Mojto zeigt der Branche, wie Mut, Entschlossenheit und Leidenschaft zu herausragenden Programmen führen können.



Erfolgsgeschichten zeichnen sich oft dadurch aus, dass sie vom Ende her betrachtet schön logisch und nahtlos aussehen. Oftmals ist die Perspektive ganz am Anfang jedoch eine andere. Als Vertriebschef und Koproduzent kann Mojto davon ein Lied singen. "Dass 'Unsere Mütter, unsere Väter' beim deutschen Publikum so gut funktionieren und sich dann international auch noch so erfolgreich verkaufen würde, hat zum Zeitpunkt der Produktion niemand gewusst. Wir auch nicht", gab er im Frühjahr freimütig im DWDL.de-Interview zu. "Aber wir sind das Risiko eingegangen, weil wir daran geglaubt haben. So war es auch bei anderen deutschen Stoffen, die wir umgesetzt haben." Seit dieser Aussage sind etliche weitere Verkäufe und schließlich ein verdienter International Emmy Award hinzugekommen.

Solche Resultate sind es, die den Kosmopoliten Mojto glücklich machen. Der gebürtige Slowake war 1969, ein Jahr nach dem Einmarsch der Russen in die Tschechoslowakei, aus seiner Heimat geflohen. In den 70er Jahren fing er an, als Drehbuchlektor für den fränkischen Filmhändler Leo Kirch zu arbeiten. Die beiden wurden zu engen Weggefährten, Mojto schließlich zum Vizechef der KirchMedia. Seine große Stunde als Unternehmer schlug mit dem Ende der KirchGruppe 2002. Aus der Insolvenzmasse seines Ex-Chefs kaufte er - im Bieterkampf gegen die ARD - die Vertriebsfirma Beta Film mit ihrem enormen Bestand an Filmrechten sowie die Musikfirma Unitel mit Rechten an über 1.000 klassischen Konzerten und Opern. Wer sein Geldgeber für die Transaktion war, hat Mojto bis heute nicht verraten. Nur so viel: "ein vermögender Investor aus dem Ausland". Den Namen des 2011 verstorbenen Kirch überstrahlt Mojto inzwischen als Ermöglicher von außergewöhnlichem Fernsehen.

"Er liebt Menschen, ist getrieben von Ideen
und Geschichten und hat sich eine
wunderbare Neugierde bewahrt"

Stefan Oelze und Jan Kromschröder über Jan Mojto


"Die einzigartige Qualität und vor allem Charaktereigenschaft von Jan Mojto ist seine Begeisterungsfähigkeit und seine Offenheit. Er ist ohne jedes Zögern bereit, Wege zu gehen, die davor kaum oder gar nicht beschritten worden sind. Wahrlich ist er der echte Grandseigneur des deutschen Films", findet Produzent Oliver Berben, dessen Serien "Schuld" und "Das Adlon" von Beta Film vertrieben werden. "Jan Mojto ist für uns seit jeher eine der beeindruckendsten Persönlichkeiten in der europäischen Medienwelt und ein echter 'Gentleman'", sagen zwei Produzenten, die seit diesem Jahr Teil von Mojtos Firmengruppe sind - Stefan Oelze und Jan Kromschröder - und fahren fort: "Er liebt Menschen, das spürt man sofort, ist getrieben von Ideen und Geschichten und hat sich eine wunderbare Neugierde bewahrt."

In Zeiten der fortschreitenden Konsolidierung auf dem Produktionsmarkt, die es unabhängigen Produzenten immer schwerer macht, haben Oelze und Kromschröder gemeinsam mit Mojtos Beta Film neue Firmen gegründet. Seapoint Productions und Bantry Bay Productions sind in Köln mit nicht geringen Ambitionen an den Start gegangen. Oelze, früher Chef von ITV Studios, MME Moviement und filmpool, will bei Seapoint eigene Rechte von Show über Factual bis Scripted Entertainment entwickeln und auswerten. Ex-ITV-Chef Kromschröder stößt mit Bantry Bay in spannende Fiction-Gefilde vor: Er produziert mit einer Adaption des spanischen "Pulseras Rojas" die erste eigene deutsche Serie für Vox, außerdem die düstere Psycho-Thriller-Miniserie "Weinberg" für Turners Pay-TV-Sender TNT Serie.

Mojto hält über die Zwischenholding Rosebank AG knapp zwei Drittel der Anteile an den beiden neuen Firmen und erhofft sich davon attraktiven Nachschub für seine Vertriebspipeline. Doch auch bei Beta Film selbst treibt er wegweisende Serienprojekte voran. So etwa in diesem Jahr die hoch gelobte italienische Mafia-Serie "Gomorrah". Dass der im neapolitanischen Dialekt gedrehte Stoff seinen Siegeszug in über 50 Länder angetreten hat, ist nicht zuletzt Mojtos Beharrlichkeit und Überzeugungskraft zu verdanken. Zusammen mit UFA Fiction und der britischen Rainmark Films lässt er deutsche Stoffe entwickeln, die in den nächsten Jahren international produziert werden sollen, etwa die deutsch-deutsche Crime-Serie "Back to Back" oder das Kriegsgefangenen-Drama "Prisoner of War".

Wenn 2015 zum ersten Mal eine gemeinsame Eventserie für ARD und Sky entsteht, ist Beta Film als Koproduzent und Weltvertrieb dabei. Mojto investiert in "Babylon Berlin", Tom Tykwers Verfilmung der historischen Polizeithriller von Volker Kutscher, weil er eine große Chance darin sieht: "Diese Konzentration finanzieller Mittel ist ein neuer Weg, in Deutschland hoch intensive Projekte in einer Qualität umzusetzen, die - obwohl in Deutsch gedreht - weltweit wettbewerbsfähig ist; für Beta Film als Weltvertrieb sicherlich eine ziemliche Herausforderung." Aber was wäre ein Jan Mojto schon ohne solche Herausforderungen? Und was dem Fernsehen ohne sein beherztes Schaffen fehlen würde, mögen wir uns gar nicht ausmalen.

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