Amazon macht es anders: Liegen Staffeln von „Transparent“, „Bosch“ oder „Mozart in the Jungle“ vor, so werden diese zunächst, ohne auf synchronisierte Fassungen zu warten, im englischen Original veröffentlicht - auch für die deutschen Nutzer. Die Synchronisierung der Produktionen für einzelne internationale Märkte erfolgt dann individuell und deren Veröffentlichung ebenso.

Wie also Amazon in einzelnen Märkten dann die Werbetrommel rührt, ist weniger zentral gesteuert als bei Netflix, was Vor- und Nachteil sein kann. So wie sich die deutschen Fernsehsender immer noch schwer tun mit einer Einschätzung der Bedeutung dieser neuen non-linearen Wettbewerber, so gibt es auch noch keine standardisierte Berichterstattung analog zu den Programmlistings der linearen Fernsehsender. TV-Serien von Netflix oder Amazon Prime Instant Video finden in TV-Zeitschriften nicht statt.

Besonders Amazon muss also kreativ werden, um zum Start der deutschen Fassungen seiner Serien Aufmerksamkeit zu generieren. Gänzlich neu sind die Serien dann schließlich nicht mehr, aber erreichen mit deutscher Tonspur eben erst die breite Masse des Publikums. Die Amazon-Antwort auf Netflix’ globale Launch-Events lautet: Probiert aus! Die einzelnen Märkte entscheiden selbst - und für den Start der deutschen Version von „Mozart in the Jungle“ mit Gael García Bernal in der Hauptrolle setzte man auf einen Flashmob in München.



Unter der musikalischen Leitung von Lorenz Nasturica-Herschcowici gab das 30-köpfige Kammerorchester der Münchner Philharmoniker in der Münchner Edel-Einkaufspassage „Fünf Höfen“ ein Überraschungskonzert - und das zunächst versteckt hinter einer vermeintlichen Baustellenabsperrung. „Unser Pop-up-Konzert wurde von einer Szene aus der Pilotepisode von ‚Mozart in the Jungle‘ inspiriert: Dort nimmt Star-Regisseur Rodrigo das New York Symphony Orchestra mit auf die Straße, um in einem heruntergekommenen Hinterhof zu spielen“, sagt Christoph Schneider, Geschäftsführer von Amazon Instant Video Deutschland.

Der virale Ansatz ist jedoch nie eine Garantie für Reichweite und doch dazu schlecht wiederholbar. So gelungen die Überraschung von Amazon in diesem Fall war, so unklar bleibt, wie sowohl Amazon als auch Netflix in Zukunft über den Heimatmarkt USA hinaus mehr Aufmerksamkeit für die eigenen Produktionen generieren wollen - und wie in Deutschland die auf lineare Ausstrahlung fixierte Programmpresse mit ihrer immer noch unfassbar hohen Auflage, diese neuen Marktteilnehmer aufnehmen wird.