Kai Sturm© Vox/Guido Lange
Es gibt gute Adaptionen und es gibt schlechte. Zu der gelungenen Sorte gehört ohne Zweifel "Das perfekte Dinner" – und nicht wenige sagen, dass die deutsche Version bei Vox sogar weitaus besser ist das aus Großbritannien stammende Vorbild "Come Dine With Me". "Die Grundidee, dass wildfremde Menschen sich gegenseitig zum Essen einladen und sich für ihre Koch- und Gastgeberqualitäten gegenseitig bewerten, haben wir als sehr reizvoll und als spannenden Tabubruch empfunden. Darin unterscheiden wir uns nicht vom englischen Original, denn die Idee ist einfach gut", sagt Vox-Chefredakteur Kai Sturm (Foto). Dass der Kölner Sender das Format dennoch nicht unverändert übernahm, hatte einen guten Grund: "Das englische Original war aus heutiger Sicht trashig umgesetzt. Wir wollten ein höheres Kandidaten- und ein gutes Kochniveau sowie eine hochwertigere Optik."

Während in Großbritannien der Konflikt verschiedener Schichten innerhalb der Teilnehmerrunde eine wichtige Rolle spielte, war die kulinarische Seite des Formates relativ unbedeutend, erinnert sich Sturm. Und so wurden zusammen mit der Produktionsfirma ITV Studios einige bedeutende Veränderungen angestoßen, ohne die das "Dinner" in diesen Tagen hierzulande wohl kaum seinen zehnten Geburtstag feiern würde. Dabei kam übrigens der RTL-Show "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!" eine nicht unwesentliche Rolle zu: "Wir hatten das Glück, dass um die Jahreswende 2005-2006, als wir in die Daily-Produktion einstiegen, einige hervorragende Autoren bei ITV Studios unter Vertrag standen. Diese waren eigentlich für den Dschungel gebucht, der fand aber in diesem Jahr nicht statt – und so stürzten sie sich voller Kreativität auf dieses neue, unscheinbare Kochformat", erzählt Sturm, der bei Vox nicht nur als Chefredakteur fungiert, sondern auch Unterhaltungschef ist.

"Mit ihrer Hilfe konnten wir gemeinsam eine neue Humorebene in eine Dokusoap einbauen, gemeinsam mit dem Sprecher Daniel Werner, der bis heute 'Das perfekte Dinner' mit seiner wunderbaren Stimmfarbe und seinem Tonfall prägt." Tatsächlich mag man sich kaum vorstellen, wie das Format ohne diese unverwechselbare Note aussähe. Anders als beim Original, entschied sich Vox dazu, die Sendelänge von 30 auf 45 Minuten zu erhöhen – "um die Geschichten der Menschen und des Drei-Gänge-Essens gut erzählen zu können", wie Kai Sturm sagt. Es dauerte nicht lange, bis die Zuschauer im wahrsten Sinne des Wortes auf den Geschmack kamen. Nach erfolgreichem Testlauf im November 2005 machte Vox daher kurzen Prozess und schickte das "Dinner" nur wenige Monate später in Serie.

"Zeigen Sie mir mal eine andere tägliche Koch-Doku, die sich über einen Zeitraum von zehn Jahren hält"

Vox-Chefredakteur und -Unterhaltungschef Kai Sturm

Was folgte, waren stetig steigende Quoten, die auch die Konkurrenz beeindruckten: Mehr als drei Millionen Zuschauer schalteten in der Spitze ein – und an manchen Tagen gelang dem "Dinner" sogar der Sprung über die Marke von 20 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe. Werte, von denen das Format mittlerweile weit entfernt ist. "Den bestehenden Bestwert aus dem Jahr 2007 werden wir vermutlich nicht mehr schlagen", weiß Sturm. "Aber zeigen Sie mir mal eine andere tägliche Koch-Doku, die sich über einen Zeitraum von zehn Jahren hält und das auch noch auf einem Niveau wie das 'Das perfekte Dinner'." Tatsächlich bewegt sich die Sendung noch immer meist auf Höhe des Senderschnitts – und kurz vor dem Jubiläum reichte es mit immerhin 7,6 Prozent Marktanteil sogar für die beste Koch-Woche seit Monaten.

Christiane Schiek-Tajima© ITV Studios
Die Quoten habe man dennoch "fest im Blick", versichert Sturm gegenüber DWDL.de, und betont, zusammen mit ITV Studios "konstant und mit viel Herzblut an der Weiterentwicklung des 'Dinners'" zu arbeiten. Das ist ganz im Sinne der Produzenten, die aus gleich mehreren guten Gründen nur schwer auf den Dauerbrenner verzichten wollen. "'Das perfekte Dinner' ist neben dem Dschungel eines unserer langlebigsten Formate und damit eines der Flaggschiffe unseres Unternehmens", sagt Christiane Schiek-Tajima (Foto), die als Executive Producerin bei ITV Studios Germany arbeitet. "Es hat nicht nur vor dem Bildschirm eine feste und treue Fangemeinde. Auch hinter den Kulissen ist das Team fast zu einer Familie zusammengewachsen. Viele Mitarbeiter sind seit dem Start vor zehn Jahren dabei. Auf der anderen Seite gibt es in der Branche viele Kollegen, die im Laufe ihrer Karriere Berührungspunkte mit dem 'Dinner' hatten."

"Das 'Dinner' wurde im Laufe der Jahre immer sanft modernisiert"

Christiane Schiek-Tajima, Executive Producerin bei ITV Studios Germany

Wichtig ist das "Dinner" aber nicht nur aus emotionaler Sicht: "Es ist natürlich kein Geheimnis, dass ein tägliches und etabliertes Format – anders als eine einmalige Event-Show – für eine Produktionsfirma ein langfristiger finanzieller Stützpfeiler ist, von dem auch andere Unternehmensbereiche profitieren", so Schiek-Tajima, für die es die größte Herausforderung ist, die Sendung weiter frisch zu halten. Angesichts von mehr als 2.500 Kandidaten, die seit dem Start um die Wette kochten, wird ihr niemand widersprechen wollen. "Die Routine ist für uns wichtig, aber leider auch die gleichzeitig die größte Bedrohung", sagt sie. "Dabei versuchen wir uns vor Betriebsblindheit zu schützen und einen kritischen Blick aufs Format nicht zu verlieren. Das 'Dinner' wurde im Laufe der Jahre immer sanft modernisiert, ist aber vielleicht auch gerade aufgrund seiner einfachen Erzählstruktur und zeitlosen Grundidee nicht gezwungen, sich jeder Mode anzupassen."

Auch in Zukunft will man das Grundkonzept daher nicht aus den Augen verlieren, aber immer wieder auch neue Elemente einfließen lassen. Die Variante "Wer ist der Profi?", in der hoch ambitionierte Hobbyköche gegen einen Profikoch antreten, funktioniert beispielsweise gut, und auch das "Wunschmenü"-Special, in dem die Kandidaten das gewünschte Menü eines Mitstreiters zubereiten müssen, hat sich mit der Zeit bewährt. "Natürlich kommen aber nicht alle Spezialausgaben bei den Zuschauern gleich gut an", verrät Vox-Chefredakteur Kai Sturm. "So fand zum Beispiel die Variante, in der nur Singles zum 'Dinner' aufeinander trafen, bei uns wenig Anklang. Das sehen wir dann aber einfach als Herausforderung, um an weiteren Ideen zu arbeiten." In der Hoch-Phase des "Dinners" versuchte es übrigens ProSieben mit einer solchen Single-Kochshow, blieb letztlich aber gegenüber dem Original nicht nur inhaltlich blass, sondern auch aus Quotensicht absolut chancenlos.

Perfektes Dinner© Vox

Mahlzeit: Das "Perfekte Dinner"-Team dieser Woche

Andernorts, etwa in Frankreich, funktionierte die Single-Variante des "Dinners" im Gegenzug ganz ausgezeichnet, wie Christiane Schiek-Tajima erzählt. "Es gibt immer mal wieder einen Austausch und natürlich werfen wir einen Blick auf die internationale Entwicklung des Formats", sagt die Executive Producerin der deutschen Variante. "Auch bei unseren Kollegen gibt es unterschiedliche Spielvarianten und auch dort wird viel ausprobiert. Die einzelnen Fernsehmärkte unterscheiden sich jedoch sehr voneinander." So erinnert das Format in Indien eher an eine Dailysoap, während dem brasilianischen Publikum das "Dinner" bereits im Frühstücksfernsehen serviert wird. Die britische Variante, in der die Geselligkeit mehr noch als bei uns im Vordergrund steht, hat sich mit der Zeit übrigens der ungleich humorvolleren deutschen Ausgabe angenähert. Manchmal ist die Adaption eben tatsächlich besser als das Original.