Andreas Kösling ist unterdessen vor allem auf den Start von RTL II You stolz. "Wir haben ein digitales Angebot für die junge Zielgruppe geschaffen, das es so auf dem Markt bisher noch nicht gab", sagt der El-Cartel-Media-Chef und blickt zugleich optimistisch ins neue Jahr. So will auch er etwa bei Addressable TV Gas geben, um mit Hilfe von HbbTV 2.0 "nicht nur Zielgruppen genauer ansprechen, sondern auch neue Kunden für TV-Werbung gewinnen werden", erklärt Kösling und schiebt hinterher: "Ich bin selber gespannt, was jenseits des 30-Sekünders alles entstehen wird." Und auch bei Sky möchte man hier ansetzen: "Mit Sky AdSmart haben unsere Kollegen aus UK bereits ein erfolgreiches Angebot für komplett individuell adressierbare Werbung auf dem Markt", sagt Thomas Deissenberger. Aus dem deutschen Markt werde eine Implementierung der Technologie jedoch erst 2018 möglich sein.

Martin Michel und Thomas Deissenberger© Sky
Bleibt die Frage, welche Rolle die Quotenmessung der GfK dann noch spielen wird. "Die im Auftrag der AGF erhobenen GfK-Daten waren lange Zeit die einzig gültige Währung, um das TV-Nutzungsverhalten valide abzubilden. Durch die sich immer weiter fragmentierende Medienlandschaft ist diese Reichweitenmessung allerdings heute nicht mehr zeitgemäß", sagt Deissenbergers Kollege Martin Michel und fordert "eine kanalübergreifende audiovisuelle Gesamtreichweite, die auch kleinere Sender und alle Online-Medien realitätsgetreu abbildet". Mit dem eigenen 15K-Panel habe man bereits einen wichtigen Schritt in diese Richtung gemacht. Ein Konkurrenzprodukt zu den AGF-Quoten sieht Sky darin aber nicht. "Wir stellen uns vielmehr die Frage, wie wir unsere Zahlen mit denen der AGF sinnvoll verknüpfen und ergänzen können."

Bei den Vermarktern abseits von Sky gibt man sich jedoch gelassen. "Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die GFK den Standard setzt. Die Forschung in Deutschland ist weltweit maßgeblich", sagt etwa Hans-Joachim Strauch vom ZDF-Werbefernsehen. Und auch SevenOne-Chef Thomas Wagner gibt sich zufrieden: "Das AGF-Panel ist das beste Panel im Markt – nicht nur deutschlandweit sondern weltweit." Allerdings verändere sich die Mediennutzung "ohne Zweifel im Zuge der Digitalisierung", ergänzt er. Dass noch nicht alle Vertriebswege in die täglichen Reichweiten integriert sind, ist daher ein Schönheitsfleck – eine Lücke, die im kommenden Jahr weiter geschlossen werden soll, wenn die AGF mit der Freigabe erster Fusionsdaten von Computern und Laptops "einen großen Schritt in Richtung Konvergenzstandard machen" wird, wie AS&S-Mann Uwe Esser hofft.

Ausblick auf 2017: "Keine Kurzfrist-Agenda"

Thomas Wagner, SevenOne Media© SevenOne Media/Martin Kroll
Und sonst? "Die Branchenthemen werden sich nicht sonderlich von denen im Jahr 2016 unterscheiden", sagt Andreas Kösling voraus. "Fragmentierung, neue Bewegtbildwährung, gleiche Spielregeln für einen fairen Wettbewerb mit den US-Riesen, neue und erweiterte Erlösmodelle über die klassische Spotvermarktung hinaus." 2017 werde man sich "noch stärker mit den so genannten 'Digital Giants' auseinandersetzen müssen", findet auch Thomas Wagner von SevenOne Media, "gerade auch im Hinblick auf deren Leistungswerte und deren Umfeldqualität. Und für uns wird es umgekehrt wichtig sein, die Möglichkeiten des Targetings und die Nutzung von Daten zu erweitern. Sowohl online, als auch im TV."

Ganz ähnlich sieht das Uwe Esser, für den all das jedoch "keine Kurzfrist-Agenda" darstellt. Doch auch internationale Player spielen für den deutschen Markt eine zunehmende Rolle. "Das Beispiel der Rechtevergabe der Olympischen Spiele ist da nur ein Indiz für eine spürbare Veränderung bei Übertragungsrechten und Lizenzen", so der TV-Vermarkter von AS&S. "Auf der anderen Seite wird die Funktion großer Leitmedien wichtiger: In unübersichtlicher werdenden globalen Märkten kommt Medienmarken die Aufgabe zu, den Menschen sowohl Orientierung und ein Zuhause-Gefühl zu vermitteln, als auch den werbungtreibenden Unternehmen ein Leistungsversprechen zu geben, dass auch eingehalten wird. Hier sehe ich bei rein digitalen Medien nach wie vor massive Transparenzdefizite."

Hans-Joachim Strauch benennt vor allem "qualitativ hochwertigen Content" als Ziel 2017. "Das ist deshalb so wichtig, weil Qualität und Seriosität im Fiktionalen und im Informationsbereich im wichtigsten Freizeitmedium der Deutschen - TV - dem Populismus in der Gesellschaft entgegenwirken muss."