Zweimal weniger, zweimal mehr. So lassen sich die von den deutschen Besuchern der LA Screenings formulierten Trends dieses Jahres kurz und knapp zusammenfassen. Wie schon in den vergangenen Jahren hat das Medienmagazin DWDL.de ein gutes Dutzend deutscher Besucher im Nachhinein nach ihren Eindrücken aus Los Angeles befragt. Einige davon haben ihr Urteil mit Analysen abgegeben, andere gehen mit ihren Wertungen anonymisiert in die beiden Abstimmungen der überzeugendsten Serien sowie des überzeugendsten Studios dieser LA Screenings.
© Fox „Das große Thema bei allen Studios ist dieses Jahr Diversität. Wie nie zuvor ist man bestrebt, Hautfarbe, Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Behinderung oder auch Weltanschauung zu thematisieren. Kaum eine Show ohne schwules oder lesbisches Paar, der Cast ist mindestens zur Hälfte schwarz und deutlich weiblicher geworden“, analysiert Diana Krepold (Foto), Chefin des deutschen Fox Channels. Das Mehr an Vielfalt in Cast und Crew ist einer der auffallendsten Trends des Jahres. Damit ziehen auch viele aktuelle Debatten in die gezeigten Pilotfolgen ein. „Generell ist das natürlich gut, hat sich aber leider nicht immer auf die Qualität der Produktion ausgewirkt“, merkt Rüdiger Böss, Executive Vice President Group Programming Acquisitions bei ProSiebenSat.1, an. Manchmal wirkte die Integration von Aktualität und Relevanz sehr bemüht.
Die Top4-Piloten der deutschen Einkäufer: „New Amsterdam“ (NBC Universal für NBC)
Das zweite „Mehr“ gilt dem emotionalen Fernsehen. „Nahezu jedes Studio hat seine Form von ‚This is us‘ im Angebot“, bilanziert Jörg Graf, COO Program Affairs bei der Mediengruppe RTL Deutschland. „Militär-Serien und Superhelden wurden durch eher leise und sehr emotionale Serien um echte Menschen ersetzt.“ Da pflichtet Krepold bei: „Keine patriotischen Spezialeinheiten im Nahen Osten, dafür deutlich mehr Gefühl und der Versuch mit einem Jahr Verspätung an ‚This is Us‘ anzuknüpfen.“ Und auch Rüdiger Böss ist erleichtert: „Die Superhelden machen eine Pause und gehen auf Urlaub im All. Eine gute Nachricht.“ Weniger Militär und weniger Superhelden - es sind die beiden weiteren Trends, die fast alle Einkäufer in der DWDL.de-Umfrage einerseits beobachtet und andererseits begrüßt haben.
© Amazon Und sonst? „Es zeigen sich klarere Tendenzen als in den Vorjahren. Insgesamt gibt es wieder mehr bzw. fast ausschließlich Procedurals. Dafür waren horizontal erzählte Serien eher Mangelware. Cop-Stories bleiben fester Bestandteil des Angebots und es gibt immer mehr Reboots bekannter Serienmarken wie ‚Roswell‘, ‚Charmed‘, ‚Magnum PI‘ oder Spin Offs wie ‚Mayans‘ bei ‚Sons of Anarchy‘ und ‚The Perfectionists‘ für ‚Pretty Little Liars‘“, beobachtet Christoph Schneider (Foto), Geschäftsführer Prime Video in Deutschland. „Bemerkenswert ist das verstärkte Angebot von Procedurals sowie von Multicamera-Comedies“, sagt Simone Emmelius vom ZDF. „Auffallend fand ich auch den inhaltsetzenden Einsatz von Musik in ‚All Americans‘ (CBS für The CW) und ‚The Village’ (NBC Universal für NBC)“.
Die Top4-Piloten der deutschen Einkäufer: „Pose“ (Fox für FX)
© ZDF/Jana Kay Letztere Serie hat es Emmelius (Foto) sehr angetan. An „All American“ schieden sich wiederum die Geister. Rüdiger Böss ist in jedem Fall Fan: „‚All American“ ist eine Serie über ein Football-Talent, das aus sportlichen Gründen die Highschool wechselt. Hier haben wir eine Kombination aus viel Emotion, einer Prise ‚OC‘ und einem großartigen Cast. Die Serie kommt übrigens von Greg Berlanti, der – abgesehen davon, dass er ein wirklich richtig netter Mensch ist – momentan mit 14 Serien den US-Markt beherrscht.“ Auch Marcus Ammon, Vice President Film bei Sky Deutschland, fand Gefallen an der Serie. „Die für mich lustige Comedy kam von Fox: 'What we do in the shadows' war wunderbar“, schwärmt Ammon. Da pflichtet ihm RTL II-Einkäufer Julian Krietsch bei.
© Sky „Es gab wieder mehr Comedys, sowohl Single- als auch Multicamera-Serien. Wie von DWDL treffenderweise beschrieben, mag das durchaus dem Erfolg von ‚Roseanne' in den USA geschuldet sein“, sagt Sky-Mann Ammon (Foto) ohnehin. An der Qualität der Comedyserien wiederum scheiden sich die Geister. Nicht jeder war vom diesjährigen Angebot angetan, darunter zum Beispiel RTL-Einkäufer Jörg Graf. Glücklicherweise spielen US-Comedys für die Kölner Mediengruppe ohnehin keine allzu große Rolle. Und sonst? „Medical-Serien und Courtroom-Serien waren wieder unterrepräsentiert, dafür gab es mehr warme und emotional erzählte Serien, in denen es einfach nur um Menschen und deren Geschichte geht. ‚Shows about being human‘, wie es ein Showrunner nannte“, so Ammon.