Thomas Deissenberger© Sky
Und auch wenn alle Vermarkter die Reform grundsätzlich begrüßen, es kommt auch Kritik. Sky-Media-Geschäftsführer Thomas Deissenberger (Foto rechts) etwa fürchtet eine "Umsatzverschiebung zugunsten der großen Sendergruppen". Hierbei hoffe man nun auf die Selbstregulierung des Markts, "der längere Werbeblöcke nicht akzeptieren wird". Deissenberger sagt, bei Sky achte man stets auf kurze Werbeblöcke und werde das auch künftig tun. "Für den Sportbereich hätten wir uns bei der Reform allerdings eine flexiblere Lösung gewünscht, da wir durch die verschiedenen Startzeiten im Sport kaum Spielraum haben. Die Liberalisierung hilft aber natürlich in der optimalen Aussteuerung unseres Inventars." Grundsätzlich spiele das Thema Akzeptanz eine wichtige Rolle. "Nur solange die Zuschauer die Werbung noch akzeptieren, kommt sie auch bei ihnen an. Längere Werbeblöcke werden oft als störend empfunden und einzelne Spots werden gar nicht mehr wahrgenommen." Genau hier müsse man einen intelligenten Ansatz finden, um Marken kreativ zu inszenieren.

Franjo Martinovic© Visoon
Zustimmung bekommt Deissenberger von Franjo Martinovic (Foto links), Geschäftsführer von Visoon Video Impact. Dieser plädiert dafür, vor einer Umsetzung auf nationaler Ebene die möglichen Auswirkungen auf den deutschen Markt genau zu analysieren. "Erweiterte Zeitfenster – besonders in der Primetime – führen bei den großen TV-Sendern definitiv zu Vorteilen, denn die Nachfrage nach Werbezeiten in reichweitenstarken Umfeldern ist da und bleibt auch bestehen", sagt Martinovic. Aufgrund ihrer Marktposition sei es für die großen TV-Sender auch einfacher, ihr "zusätzliches Top-Werbeinventar in Ihren Top-Umfeldern optimal auszulasten und sehr preisattraktiv zu vermarkten". Martinovic geht davon aus, dass "Programmhighlights jeglicher Art" künftig durch mehr Werbung unterbrochen werden. Kleinere Sender könnten dadurch unter Druck geraten. "Neben der exponierten Stellung der öffentlich-rechtlichen Sender ergeben sich dadurch möglicherweise zusätzliche Risiken für die Anbietervielfalt im deutschen TV-Markt", warnt der Visoon-Chef.

"Wir hoffen [...], dass die Liberalisierung [...] zu einer Erhöhung des Werbespends für alle Sender führen wird."

Susanne Aigner-Drews, Geschäftsführerin von Discovery Networks Deutschland

Susanne Aigner-Drews© Discovery
Susanne Aigner-Drews (Foto rechts), Geschäftsführerin von Discovery Networks Deutschland, verspricht sich durch die geplante Reform eine "Verbesserung unserer Vermarktungsmöglichkeiten". Aigner-Drews: "Wir hoffen und gehen davon aus,  dass die Liberalisierung und Öffnung im Primetime-Fenster, also zur besten Sendezeit, zu einer Erhöhung des Werbespends für alle Sender führen wird." Grundsätzlich hätte man sich aber noch weitergehende Flexibilisierungen gewünscht. Die Discovery-Deutschland-Geschäftsführerin sagt außerdem als eine der wenigen befragten Personen, dass die Akzeptanz von Werbung nicht nur von ihrer Länge abhängt, sondern auch "von dem Unterhaltungswert, der Kreation und dem Innovationswert eines Spots". Eine Ausdehnung der Werbezeiten müsse nicht zwingend eine Verlängerung klassischer Spots bedeuten, sondern könne auch dazu beitragen, der Entwicklung neuer, zukunftsweisender Werbeformen Wege zu ebnen. "Ein Ziel muss sicherlich sein, die Werbefenster so zu gestalten, dass sich die Zuschauer nicht überfordert fühlen, sondern Werbung als einen durchaus attraktiven Teil des Programms und des Contents wahrnehmen."

Peter Strutz© Martin Kreil
Auch Paul Mudter von IP Deutschland hätte sich einen größeren Wurf gewünscht. "Die Richtlinie folgt mit der einer Angleichung der Regeln für lineare und nicht-lineare Dienste und der Aufnahme von Videosharing-Plattformen zwar der technischen und inhaltlichen Konvergenz, dennoch hätte der Schritt aus unserer Sicht größer sein müssen, um im audiovisuellen Sektor ein ‘Level-Playing-field’ zu erreichen - die Fernsehunternehmen bleiben die mit Abstand am stärksten regulierte Mediengattung", sagt er und vertritt damit die gleiche Meinung wie der Privatsenderverband Vaunet, der die geplanten Veränderungen Ende April bereits gelobt hatte, sich aber dennoch mehr Flexibilisierungen wünschte. Mudter etwa hätte in den Bereichen Single Spots und Unterbrecherwerbung gerne weitere Erleichterungen gehabt. Damit wurde eine Chance vertan, sagt er. Andreas Kösling von El Cartel Media plädiert ebenfalls für weitere Lockerungen, speziell im Bereich regionaler Werbung. Servus-TV-Manager Peter Strutz (Foto links) will zudem Veränderungen bei den Reglementierungen der Sonderwerbeformen im linearen Fernsehen.

Das sagen ARD und ZDF

Hans-Joachim Strauch© ZDF Werbefernsehen GmbH/Rico Rossival
ARD und ZDF sind von den geplanten Änderungen an der AVMD-Richtlinie nicht so sehr betroffen, unterliegen sie durch den Rundfunkstaatsvertrag doch ohnehin noch sehr viel schärferen Restriktionen. Die öffentlich-rechtlichen Sender dürfen etwa nur 20 Minuten Werbung pro Tag zeigen, nach 20 Uhr ist Werbung grundsätzlich verboten. Hans Joachim-Strauch (Foto rechts), Chef des ZDF-Werbefernsehen, sieht die kommenden Änderungen dennoch kritisch. "Viele kommerzielle Mitbewerber nutzen diese Möglichkeiten bereits heute vollumfänglich", sagt er über die Möglichkeit, künftig mehr als zwölf Minuten Werbung pro Stunde zu zeigen. "In der Folge könnten die Werbeblöcke vieler Sender in Zukunft noch länger werden. Das kann vor allem nicht im Interesse der werbungtreibenden Wirtschaft sein. In dieser kakophonen Werbewelt gehen viele Markenbotschaften, gerade von mittelständischen Unternehmen mit kleinem Budget, welche die Vorteile von TV für sich nutzen wollen, schnell unter." Beim ZDF soll die Werbeinselstruktur "stabil" bleiben. Man habe die "kürzesten Werbeblöcke im deutschen TV-Markt", das soll laut Strauch auch bleiben. "Ich persönlich sehe ausufernde Werbeblocklängen sehr kritisch, weil sie dem Zuschauer die Freude am Medium Fernsehen verderben."

ARD Logo© ARD
Die ARD-Werbung Sales & Services will sich nicht zu der bevorstehenden Reform äußern und verweist stattdessen auf das ARD-Generalsekretariat. Von dort antwortet Kathrin Böttcher, Leiterin der ARD-Medienpolitik, die sagt, man müsse abwarten, wir die Neuregelungen nun konkret umgesetzt würden. Sie erwartet aber eine "großzügige Umsetzung für die Kommerziellen". Die Flexibilisierung der quantitativen Werberegeln habe man zwar nicht aktiv gefordert, begrüße sie aber dennoch. "Mehr Werbung, ergo längere Werbeblöcke im Ersten, sind sicherlich ausgeschlossen", sagt Böttcher. Ähnlich wie das ZDF heißt es auch von der ARD, dass man die kürzesten Werbeblöcke im TV-Markt habe. Bei anderen Sendern sei an Mehr an Werbung "nicht auszuschließen". Viel mehr begrüße man aber andere Dinge, etwa die künftige Einbeziehung von Videosharing-Plattformen im Bereich des Jugendschutzes und der Werbung.