Als ProSieben und Sat.1 vor sieben Jahren erstmals "The Voice of Germany" ausstrahlten, war bei RTL die Anspannung förmlich zu greifen. Auch den Kölnern war nicht entgangen, dass sich die Sendergruppe aus Unterföhring eines der vielversprechendsten Formate der letzten Jahre sicherte. Um ihm den Start zu vermiesen, entschied sich RTL damals kurzerhand dazu, sein Quoten-Zugpferd "Das Supertalent" in direkter Konkurrenz auszustrahlen - doch zumindest in der Zielgruppe hatte der Neustart damals die Nase vorn.

Beide Shows existieren bis heute und sie eint, dass sie über die Jahre hinweg Zuschauer verloren haben. Während sich "The Voice of Germany" allerdings über die Jahre hinweg ziemlich stabil hielt und auch im vorigen Jahr noch regelmäßig Marktanteile von mehr als 20 Prozent verzeichnete, musste das Format 2018 erstmals einen kräftigeren Rückschlag hinnehmen. Nicht mal mehr elf Prozent Marktanteil verbuchte eine Ausgabe der Musikshow Anfang Dezember in Sat.1, das Finale zwei Wochen später war nur geringfügig erfolgreicher.

Keine Frage, da wird man sich in Unterföhring mehr versprochen haben. Woran es lag, dass die Zuschauer diesmal nicht so sehr ins "Voice"-Fieber versetzt werden konnten, weiß auch Sat.1-Geschäftsführer Kaspar Pflüger noch nicht so recht. "Wie immer werden wir die abgeschlossene Staffel jetzt eingehend analysieren und das Format konsequent weiterentwickeln", sagt Pflüger gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de und macht deutlich, dass die Show trotz gesunkener Quoten "ein Erfolgsgarant" bleibe, zumal es gelungen ist, die digitale Reichweite um mehr als 20 Prozent zu steigern.

Woran auch immer der Zuschauerschwund auf den letzten Metern gelegen haben mag: Für "The Voice Senior" kämen die Erkenntnisse ohnehin zu spät, ist der neueste Ableger der Show doch schon längst im Kasten - freilich mit Ausnahme der Sieger-Entscheidung, die am Ende der ansonsten bereits aufgezeichneten letzten Folge live verkündet werden soll. "The Voice Senior" ist, so kurios das in diesem Zusammenhang klingen mag, der jüngste Ableger der Show-Reihe und will über vier Sendungen hinweg die beste Stimme über 60 suchen.

Kaspar Pflüger© Sat.1/Martin Saumweber
Sat.1 folgt damit ein Stück weit einem Trend: Bereits im Sommer überzeugte das ZDF mit seiner Rentner-Doku "Mit 80 Jahren um die Welt". Kai Pflaume hat für das Weihnachtsprogramm der ARD gerade eine Sendung mit mehreren Hundertjährigen gedreht. Da fügt sich "The Voice Senior" gut ein. "Diese Ü-60-Talente haben andere Wünsche als die jüngeren oder ganz jungen Talente", antwortet Sat.1-Chef Kaspar Pflüger (Foto) auf die Frage, wie weit sich das "Voice"-Rad eigentlich noch drehen lässt. "Und sie bringen vor allem eins mit: einzigartige Geschichten, die das Leben schrieb."

Den meisten gehe es in diesem Lebensabschnitt nicht mehr um die große Karriere im Musikgeschäft, sagt Pflüger. "Aber alle brennen für die Musik – und bestechen mit einer lebenserfahrenen Gelassenheit, die begeistert." In der ersten Folge, die Sat.1 am Sonntagabend ausstrahlen wird, funktioniert das schon ziemlich gut. Fraglich ist eher, weshalb der Sender bei der Besetzung der roten Stühle ausschließlich auf bewährte "Voice"-Coaches wie Yvonne Catterfeld oder Mark Forster setzte und sich nicht traute, auch hier mal einen Ü60-Star zu platzieren. Auf diese Weise wirkt "The Voice Senior" zwar vertraut, aber in gewisser Weise auch ein Stück weit zu vorhersehbar.

Dennoch könnte das Kalkül von Sat.1 insbesondere in der Weihnachtszeit aufgehen. "Genauso wenig, wie 'The Voice Kids' nur für Kinder ist, ist 'The Voice Senior" nur für Senioren, sondern eine einzigartige Musikshow für die ganze Familie", betont Senderchef Kaspar Pflüger und bezeichnete die neue Show, die wie die übrigen "Voice"-Ableger von Talpa Germany produziert wird, als "herzerwärmendes Wohlfühl-Fernsehen für die Festtage". Nun bleibt noch abzuwarten, wie viele Zuschauer sich dafür erwärmen können.

Sat.1 zeigt "The Voice Senior" sonntags und freitags um 20:15 Uhr.