"Die durchschnittlichen Preissteigerungen der Medien liegen im kommenden Jahr bei ca. 7 Prozent. Die maßgeblichen Treiber sind hier die Medien TV und Funk." Zu diesem Ergebnis kommt eine jüngst veröffentlichte Prognose der Agenturgruppe JOM. Und eigentlich ist es überraschend: Die Reichweiten im TV sinken langsam, in den jungen Zielgruppen ist das sehr gut zu beobachten. Dass die Preise da steigen, kritisieren die Werbekunden schon seit einiger Zeit. Auch das vergangene Jahr war kein einfaches für die TV-Vermarkter. Trotz Fußball-WM und Olympischen Winterspielen stagnierte der Markt, auch insgesamt ging es kaum voran.

Paul Mudter© IP/Marina Rosa Weigl
Für viele Vermarkter kam das überraschend. Ende 2017 erklärte IP-Deutschland-Chef Matthias Dang gegenüber DWDL.de noch, dass man für das Sportjahr 2018 "spürbares Wachstum" erwarte. Die Realität holte IP Deutschland spätestens im November ein: Da musste die Mediengruppe RTL nämlich sinkende Werbeerlöse in Deutschland einräumen (DWDL.de berichtete). Paul Mudter (Foto rechts), Geschäftsleiter IP Deutschland, sagt nun gegenüber DWDL.de, dass der gesamte Werbemarkt stagniere. In diesem Markt würde der Anteil von TV sogar steigen: "Das belegt doch sehr schön die Leitfunktion, die TV einnimmt." Doch Mudter räumt auch ein, dass man eine bessere Entwicklung erwartet hatte. "In diesem Jahr ist leider die Wirkung ausgeblieben, die eine Fußball-WM normalerweise auf das Werbeverhalten hat." Ein Grund könnte die "gesamtwirtschaftliche Lage" sein, hier nennt der IP-Geschäftsleiter "unberechenbare Ansagen aus den USA" und "nicht absehbare Folgen aus einem möglichen Brexit" als Beispiele.

Thomas Deissenberger© Sky
Auch Thomas Deissenberger (Foto links), Geschäftsführer von Sky Media, verweist darauf, dass nicht nur der Bereich TV, sondern der Gesamtmarkt stagniert habe und Budgets gekürzt wurden. "Sowohl wir als Vermarkter als auch Mediaagenturen sind davon überrascht worden, dass dies so flächendeckend und ohne Ankündigung passiert ist", sagt Deissenberger. Andreas Kösling, Geschäftsführer von RTL-II-Vermarkter El Cartel Media, sagt, niemand könne vollständig beantworten, weshalb der TV-Werbemarkt 2018 stagnierte. "Es ist eine Gemengelage. Nach meinem Eindruck wird sehr viel konsolidiert. Unternehmen bauen überall digitale Strukturen und Prozesse auf, das kostet viel Geld. Und wenn man kurzfristig Kosten sparen muss, geht das bei Marketing und Werbung am schnellsten – und am einfachsten im TV, weil der Markt weniger fragmentiert ist als Print oder Radio." Außerdem würde der Zeitgeist viele Unternehmen mehr in Richtung Digital oder Content Marketing investieren lassen. "Der Markt nimmt sich eine Atempause. In einem Jahr kann man hoffentlich besser erkennen, welche Faktoren kurzfristig sind und welche sich langfristig auswirken und in welchem Verhältnis."

Andreas Kösling© RTL II/Magdalena Possert
Ob Kösling (Foto rechts) mit seiner Einschätzung, bei der derzeitigen Stagnation handele es sich um eine "Atempause", richtig liegt, ist unklar. Und es wird vermutlich eine der spannendsten Fragen sein, die den Werbemarkt 2019 bewegen wird. Kann sich das Medium TV wieder erholen oder setzt ein von vielen Experten angekündigter Abwärtstrend ein, von dem jetzt nicht abzuschätzen wäre, wann er zu Ende ist. Die Organisation der Mediaagenturen (OMG) sowie die Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM) gehen schon heute von sinkenden TV-Budgets aus. Gegenüber DWDL.de halten sich die meisten Vermarkter mit konkreten Prognosen für 2019 zurück. Thomas Wagner, Vorsitzender der Geschäftsführung von SevenOne Media, etwa sagt, vieles hänge vom konjunkturellen Rahmen ab. Hier seien wichtige Indikatoren wie der Konsum immer noch weitgehend stabil für den deutschen Markt. "Zudem wissen wir bereits aus Gesprächen, dass wir auch im kommenden Jahr mit einigen unserer Top-20-Kunden wachsen werden. Insofern gehen wir – wie immer – erst einmal positiv ins neue Jahr." An TV führe beim Aufbau von Awareness, Conversion und Abverkauf "nach wie vor kein Weg vorbei".

Thomas Wagner© ProSiebenSat.1
"Es deutet sich an, dass 2019 ein schwieriges Jahr werden könnte", sagt Paul Mudter von IP Deutschland, der ebenfalls auf die Gesamtwirtschaft verweist. "Für uns als ‘Total Video’-Vermarkter sehe ich darin aber durchaus Chancen: Wer unter diesen Vorzeichen wirbt, setzt auf das wirkungsstärkste Medium, und das bleibt TV – auf allen Screens, in allen Nutzungssituationen, linear und adressierbar. Unser Anteil könnte also entgegen den Unkenrufen auch steigen." 2019 wird auch insofern spannend für die beiden großen Sendergruppen, weil beide deutlich in den Ausbau ihrer Online-Portale investieren werden. 7TV wird in diesem Jahr unter einem neuen Namen gerelauncht und die Mediengruppe RTL will TV Now inhaltlich deutlich ausbauen und aufwerten. Auch hier wird die Reaktion der Werbekunden spannend zu beobachten sein. Man wolle dadurch in den jüngeren Zielgruppen an Reichweite zulegen, erklärt IP-Geschäftsleiter Mudter. "2019 werden TV und Digital in der ProSiebenSat.1-Vermarktung noch stärker zusammenwachsen", sagt dann auch Thomas Wagner (Foto links). Als Beispiele nennt er das Haushaltstargeting. Das ermögliche eine gezielte Zielgruppenansprache - "unabhängig davon, ob das Werbemittel im (Addressable) TV, auf dem PC oder über mobile Geräte ausgespielt wird".

Auf Seite 2 lesen Sie, wie die Öffentlich-Rechtlichen das abgelaufene TV-Werbejahr einschätzen und weshalb sie für 2019 optimistisch sind.