In den Quoten-Charts tauchen Sie nicht ganz vorne auf - und doch sind die Freitags-Talkshows der Dritten Programme seit Jahren und Jahrzehnten eine feste Größe. Zusammengerechnet erreichen die Sendungen wöchentlich rund drei Millionen Zuschauer. Es ist also durchaus nachvollziehbar, wenn ARD-Programmdirektor Volker Herres jetzt auf Formate wie die "NDR Talk Show" oder den "Kölner Treff" schielt, um sie ins schwächelnde Hauptprogramm zu holen, zumal sie sich mit ihrer "heiteren Grundstimmung", wie Herres sagt, von den ernsten Polittalks unterscheiden.

Gleich sechs verschiedene Talkshows leisten sich die Dritten Programme derzeit. Während NDR und Radio Bremen die "NDR Talk Show", "Tietjen und Bommes" und "3nach9" rotieren lassen, setzen der MDR mit "Riverboat", der SWR mit dem "Nachtcafé" und der WDR mit seinem "Kölner Treff" auf wöchentliche Formate - Letzterer wird an diesem Freitag übrigens bereits zum 500. Mal über den Bildschirm flimmern. 


Will man herausfinden, welche der Shows die beliebteste ist, dann gibt es freilich mehrere Faktoren, die sich heranziehen lassen. Da wäre zunächst der Marktanteil im eigenen Sendegebiet - also die Frage, wie stark es den jeweiligen Dritten Programmen gelingt, die eigenen Zuschauer anzusprechen. Die Antwort fällt im Jahr 2019 bislang eindeutig aus: Es ist das "Riverboat", das seit Jahresbeginn wieder von Kim Fisher und Jörg Kachelmann im Doppel präsentiert wird. Bei stolzen 15,9 Prozent liegt der Marktanteil aktuell im MDR-Gebiet, sodass die Talkshow so erfolgreich ist wie seit vielen Jahren nicht mehr.

Zum Vergleich: Im Vorjahr betrug der Schnitt 13,9 Prozent, 2015 kam "Riverboat" sogar nur auf 11,8 Prozent - ganz offensichtlich hat Kachelmann also dabei geholfen, einige Zuschauer zurückzugewinnen. Umso überraschender, dass "Riverboat" der Sprung ins Hauptprogramm verwehrt bleibt. Ebenfalls nicht dabei ist das SWR-"Nachtcafé", das in diesem Jahr bislang durchschnittlich sehr gute 11,1 Prozent Marktanteil im Südwesten schafft. Dafür wird mit dem "Kölner Treff" ab Herbst das Schlusslicht unter den Freitags-Talks im Ersten zu sehen sein: Der WDR-Talk liegt 2019 bislang bei 8,2 Prozent Marktanteil in NRW.

Zuschauerzahlen der Talkshows in den Dritten (Januar bis Mitte Mai 2019)

  Marktanteil im Sendegebiet bundesweite Reichweite (Mio.)
Riverboat (MDR) 15,9 % 0,68 Mio.
Nachtcafé (SWR) 11,1 % 0,77 Mio.
3 nach 9 (Radio Bremen / NDR) 10,8 % 0,99 Mio.
NDR Talk Show (NDR) 10,1 % 0,91 Mio.
Tietjen & Bommes (NDR) 9,8 % 0,86 Mio.
Kölner Treff (WDR) 8,2 % 0,77 Mio.

Quelle: DWDL.de-Recherche

Damit bewegen sich die Zahlen der Sendung auf dem Niveau der vergangenen Jahre. Allerdings fällt auf, dass der "Kölner Treff" in der Vergangenheit schon einmal deutlich gefragter war: 2006 mit nur 4,2 Prozent Marktanteil wiederbelebt, steigerte sich die Talkshow mit Bettina Böttinger innerhalb von fünf Jahren auf beachtliche 11,2 Prozent. Damals war der "Kölner Treff" übrigens mit Blick auf die bundesweite Reichweite die Nummer eins: 1,09 Millionen Zuschauer waren im Schnitt in den Jahren 2010 und 2011 dabei, inzwischen schalten Woche für Woche weniger als 800.000 Zuschauer ein.

Und damit wären wir beim zweiten Faktor - der Gesamtreichweite, die über die Zuschauerschaft des eigenen Sendegebiets hinausgeht. Spitzenreiter ist hier im Jahr 2019 bislang der Klassiker "3nach9", der mit den vier Ausgaben dieses Jahres durchschnittlich 990.000 Zuschauer verzeichnete und damit knapp vor der "NDR Talk Show" landet, die es auf 910.000 Zuschauer bringt. Ebenfalls nicht weit entfernt ist mit "Tietjen und Bommes" der dritte Nord-Talk. Blickt man hier auf die Quoten im norddeutschen Sendegebiet, dann verhält sich der Abstand ganz ähnlich - die Marktanteile bewegen sich allesamt zwischen 9,8 und 10,8 Prozent.

Auffällig ist jedoch, dass die "NDR Talk Show" ihre Führungsrolle in Norddeutschland abgegeben hat, denn bis 2017 lag die Sendung mit über zwölf Prozent noch deutlich vor den anderen NDR-Talks. Stabil blieben indes die Quoten des "Nachtcafés" im SWR: Bundesweit schalten 770.000 Zuschauer ein, um die Sendung zu sehen. Damit liegt Moderator Michael Steinbrecher mittlerweile fast auf dem Niveau, das das "Nachtcafé" einst unter dessen langjährigem Vorgänger Wieland Backes verbuchte. Die bundesweit geringste Reichweite fährt das "Riverboat" ein: Mit 680.000 Zuschauern ging es zuletzt aber im Vergleich zu den Vorjahren deutlich nach oben.

Man darf gespannt sein, wie viele Fans die Talkshows der Dritten erreichen werden, wenn diese ab Herbst dienstags im Ersten laufen werden - übrigens nur teilweise zusätzlich. Während NDR und Radio Bremen eigene Ausgaben von "NDR Talk Show" und "3nach9" fürs Hauptprogramm produzieren werden, läuft der "Kölner Treff" zwar als Erstausstrahlung im Ersten, wenige Tage später dafür jedoch als Wiederholung im WDR. So verfährt auch der RBB, der den ohnehin schon großen Talk-Reigen mit einer neuen Sendung ergänzen wird. Jetzt sollte den Sendern nur der Gesprächsstoff nicht ausgehen.

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