Im Jahr 1951 hat der Deutsche Fernsehfunk (DFF) noch für wenige Menschen gesendet, damals gab es im gesamten Gebiet der DDR weniger als 100 Empfangsgeräte. Doch die Beliebtheit des Fernsehens stieg auch in der DDR rasch an und der DFF wurde größer. Anders als das Westfernsehen mit seinem öffentlich-rechtlichen Rundfunk war der DFF aber nicht staatsfern. Das zeigt sich schon beim Sendebeginn: Zu Ehren des Geburtstags Josef Stalins ging der DFF am 20. Dezember 1951 erstmals auf Sendung. 

Thomas Schuhbauer© Eco Media
"Das Fernsehen der DDR ist keine unabhängige Institution gewesen und auch nicht als solche geplant gewesen. Es war von Anfang an ein Teil des Propaganda-Apparates. Das DDR Fernsehen sollte dabei helfen, die Menschen zu erziehen", sagt Thomas Schuhbauer, designierter Geschäftsführer der Produktionsfirma Eco Media im Gespräch mit DWDL.de. Schuhbauer studierte Geschichte, Englisch und Politikwissenschaft und promovierte über die Revolution im Fernsehen der DDR 1989/90. 

Die Abhängigkeit vom Staat bzw. der SED zeigte sich auch in den späteren Jahren immer deutlicher, ab 1972 sogar im Namen. Ab da, und bis 1990, hieß der Sender nämlich offiziell Fernsehen der DDR. Kurz vor der Namensänderung kam sogar ein zweiter DFF-Sender hinzu. Produziert wurde vor allem in Berlin-Adlershof, viele Journalisten, die beim Fernsehen der DDR arbeiteten, waren gleichzeitig SED-Mitglieder. Das machte unabhängigen Journalismus schwer bzw. unmöglich. Ausnahmen gab es, Filmemacher wie Frank Beyer testeten die Grenzen immer wieder aus und wurden teilweise mit Arbeitsverboten belegt. 

"Das Fernsehen der DDR ist keine unabhängige Institution gewesen und auch nicht als solche geplant gewesen. Es war von Anfang an ein Teil des Propaganda-Apparates."
Thomas Schuhbauer, Geschäftsführer Eco Media

Die Regel aber sah anders aus. Selbst die wichtigste Nachrichtensendung des Landes, die "Aktuelle Kamera", war von Propaganda durchtränkt. Hinzu kam "Der schwarze Kanal", bei dem sich die Macher rund um Karl-Eduard Schnitzler nicht einmal bemühten, den Anschein der Ausgewogenheit zu wahren. Schnitzler war einer der härtesten SED-Verfechter und schärfsten Kritiker des Westfernsehens. In seiner Sendung riss er Material aus dem Westen aus dem Zusammenhang und kommentierte es mit Hohn und Spott. Niemand sonst vertrat die SED-Linie so aggressiv wie Schnitzler. 

Und auch wenn die meisten DDR-Bürger Westfernsehen empfangen konnten, blieb das DDR Fernsehen lange unersetzbar. "Zwischen Dresden und Rostock musste man das DDR Fernsehen einschalten, um die offizielle Sprachregelungen zu erfahren. Auch für Informationen über die eigene Region war das DDR-Fernsehen wichtig. Das Westfernsehen konnte gerade das aufgrund der politischen Gängelung und der begrenzten Kapazitäten seiner Korrespondenten in der DDR nicht ersetzen", sagt Schuhbauer. Viele Bürger hätten gewusst, dass das DDR Fernsehen vor allem zur Propaganda diene, sagt der Eco-Media-Geschäftsführer. Dennoch habe das DDR Fernsehen auch das Verlangen der Menschen nach Unterhaltung befriedigt. 

Karl-Eduard SchnitzlerKarl-Eduard Schnitzler ist Verfechter der SED-Linie gewesen und hat diese offensiv im "Schwarzen Kanal" vertreten.

Zu nennen sind hier sicherlich Formate wie "Polizeiruf 110", den es selbst fast 50 Jahre nach der Premiere im DDR-Fernsehen noch gibt - und das mit einigem Erfolg. Im Show-Bereich stand "Ein Kessel Buntes" vergleichbaren Formaten aus dem Westen in nichts nach. Doch auch hier sei "in einem großen Potpourri mit Musik, Talk und anderen Darbietungen DDR-Identität vermittelt" worden, sagt Schuhbauer. Grundsätzlich hatte die Führung der DDR aber keine Berührungsängste mit unterhaltenden Formaten: "Die westliche Unterhaltungskultur wurde mehr oder weniger kopiert."

Viele Jahre sendete das Fernsehen der DDR also auf SED-Linie. Das war selbst 1989 so, als die Erschütterungen im ganzen Land spürbar waren. "Damals stand der Sendebetrieb in Adlershof noch sehr unter Kontrolle der SED", sagt Schuhbauer. Irgendwann kam aber auch das Fernsehen der DDR nicht mehr drum herum, heikle Themen wie die Flüchtlingswelle und die desolate Wirtschaft anzusprechen. Die Zuschauer kannten die Fakten ja größtenteils schon aus dem Westfernsehen und konnten genau sehen, was das eigene Fernsehen ihnen vorenthalten wollte. "Im August 1989 war die DDR-Flüchtlingswelle an 23 von 31 Tagen der Aufmacher in der ‘Tagesschau’. Irgendwann kam auch das DDR Fernsehen nicht mehr drum herum, darauf einzugehen", so Schuhbauer. 

Der Versuch, die jungen Zuschauer zurückzuholen

Und auch die Staatsführung bemerkte, dass ihnen eine ganze Generation an jungen Menschen entgleitet. Also entwickelte man das die Jugendsendung "Elf 99", um den jungen Menschen das System wieder schmackhaft zu machen, die erste Sendung ging am 1. September 1989 über die Bildschirme. Die Macher setzten auf einen Mix aus Unterhaltung und Propaganda - und hatten Erfolg, die Sendung entwickelte aber mehr und mehr eine Eigendynamik. 

In den Wendemonaten war "Elf 99" extrem beliebt und für viele Zuschauer die erste Adresse, wenn es um Informationen ging. "Es gab keine Sendung, die in den entscheidenden Wendemonaten so sehr im Fokus stand", sagt Thomas Schuhbauer, der sich in seiner Doktorarbeit ganz speziell dieser Sendung gewidmet hat. Als die DDR-Führung schließlich zu erkennen gab, die Proteste im Land nicht mit Gewalt lösen zu wollen, wurde auch das Fernsehen immer mutiger. "Mit der Zeit wurden Beiträge gesendet, die der Realität der Revolution 1989 schrittweise immer näherkamen", beschreibt Schuhbauer die damalige Situation. Denn auch wenn heikle Themen bereits ab dem Sommer berichtet wurden, zunächst geschah das noch voll auf SED-Linie. Später änderte sich das. Das ganze war aber eher keine Revolution, sondern vielmehr eine Evolution über mehrere Monate hinweg. 

Auch "Elf 99" koppelte sich mit der Zeit immer mehr von der SED ab. So machte man in der Sendung einen Bericht über eine Politbürosiedlung in Wandlitz, dort bekamen die Zuschauer zu sehen, wie gut es die Bewohner (überwiegend Beamte oder Politiker) im Vergleich zu ihnen hatten. Da predigen Politiker Wasser und trinken selbst Wein - das sorgte für noch mehr Unmut in der Bevölkerung. Aber nicht nur dort. "Das hat unter SED-Mitgliedern zu einem solchen Aufstand geführt, dass die Partei in der Folgezeit mehr oder weniger implodiert ist", erklärt Schuhbauer. 

Viele Veränderungen in den Wendemonaten

Zwischen November 1989 und März 1990 hat sich das Fernsehen der DDR extrem verändert. "Es sind eine Vielzahl an neuen Formaten auf Sendung gegangen, vor allem Diskussionssendungen. Aber auch ein Umweltmagazin wurde eingerichtet", sagt Schuhbauer. "Es wurde so viel Journalismus betrieben wie noch nie zuvor im DDR Fernsehen." In dieser Zeit wurde auch "Der schwarze Kanal" abgesetzt. Doch in den Monaten danach gab es eine Art Sinnkrise. Die Entscheidungen über die Zukunft der DDR sind nicht in der DDR gefallen, sondern in der damaligen Sowjetunion und anderen Ländern. Außerdem hatten plötzlich auch die Westmedien Zugang zu den Zuschauern und konnten Korrespondenten ungehindert durchs Land schicken. "Die Konkurrenz, die den DDR-Bürgern schon immer glaubwürdiger erschien, war nun auch logistisch im Vorteil", sagt Schuhbauer. 

Der Wende-Intendant Hans Bentzien schlug irgendwann vor, im wiedervereinigten Deutschland einen Sender nur für die DDR einzurichten. Das lehnten nicht nur ARD und ZDF ab, sondern auch westdeutsche Politiker. Ihre Begründung: Ein separater Sender für den Osten hätte dem Zusammenwachsen von Ost und West nicht gut getan. Im Zuge der Stasi-Überprüfungen mussten nach 1990 viele Mitarbeiter das Fernsehen der DDR, das am Ende wieder Deutscher Fernsehfunk (DFF) hieß, verlassen. Das alles, und wirtschaftliche Probleme, führten schließlich zur schrittweisen Abschaltung der Sender. Zunächst übernahm Das Erste ab dem 15. Dezember 1990 die Frequenzen von DFF 1, Ende 1991 wurde der Sendebetrieb dann vollends eingestellt. Zuvor im Jahr 1991 wurde der MDR (für Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) gegründet, Mecklenburg-Vorpommern wurde fortan vom NDR mitversorgt und in Berlin sendete SFB, während für Brandenburg der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg (ORB) gegründet wurde. 2003 folgte schließlich die Fusion von SFB und ORB zum heutige RBB. 

"Heutzutage verklärt meiner Meinung nach Nostalgie die Erinnerung, wenn es um das DDR Fernsehen geht."
Thomas Schuhbauer

Überlebt haben im Fernsehen des wiedervereinigten Deutschlands nur wenige Formate aus der DDR. Am besten bekannt ist wohl das "Sandmännchen", das es auch heute noch gibt und das Kult-Status genießt. Wie bereits erwähnt kommt auch der "Polizeiruf 110" aus der DDR. "Ein Kessel Buntes" wurde von der ARD übernommen und noch bis 1992 unter diesem Namen ausgestrahlt. Und auch "Elf 99" wurde fortgeführt, RTLplus sicherte sich die Sendung. Weil sie dort aber kaum wiederzuerkennen war und in der Folge das Interesse spürbar nachließ, gab man das Format 1993 an Vox weiter. Ein Jahr später lief dann schließlich die letzte Sendung. 

30 Jahre nach dem Mauerfall und 28 Jahre nach dem Ende des DDR-Fernsehens gibt es aber nach wie vor Menschen, die sich die alten Sender und die damaligen Formate zurückwünschen. "Heutzutage verklärt meiner Meinung nach Nostalgie die Erinnerung, wenn es um das DDR Fernsehen geht", sagt Thomas Schuhbauer. Während der Revolution war das noch ganz anders, da wollten irgendwann selbst die Macher einen harten Schnitt mit dem bestehenden System. Früher war eben doch nicht alles besser, auch nicht im Fernsehen.