Das "Sandmännchen" gehört zu den wenigen Helden des Ost-Fernsehens, die nach dem Fall der Mauer die gesamtdeutsche Mattscheibe erobert haben. Jetzt arbeitet der RBB daran, weitere Kult-Figuren in Erinnerung zu rufen. Die Rede ist vom Kobold Pittiplatsch, der Ente Schnatterinchen und dem Hund Moppi. Zusammen hat das Trio Generationen von Kindern zu DDR-Zeiten mit über 500 gemeinsamen Abendgrußgeschichten ins Bett begleitet. Entsprechend aufmerksam dürften insbesondere jene, die mit ihnen aufwuchsen, ihr Comeback beobachten.

Die Macher standen dabei vor der Frage, wie sehr sich die Figuren von heute an den Vorbildern von damals orientieren müssen. Vor allem die sehr spezielle Sprache erwies sich als Knackpunkt. "Wir haben entschieden, in diesem Bereich möglichst nah am Original zu bleiben. Pittis und insbesondere auch Moppis witzige Formulierungen machen einfach ganz viel von ihrem Charme aus", sagt Autor Thomas Möller im Gespräch mit DWDL.de. "Nur um es mal auszuprobieren, haben wir durchgespielt, wie sich die Figuren mit moderneren Ausdrücken anhören würden, und das klappte überhaupt nicht."

Stattdessen hängt über Möllers Schreibtisch jetzt eine lange Liste mit Lieblingszitaten aus alten Folgen. "Nicht, um sie zu wiederholen", betont er, "sondern um mich immer wieder zu ermahnen: Da geht’s lang!" Optisch sind die Puppen ebenso wie das Setdesign nur leicht überarbeitet worden, charakterlich hat sich ebenfalls nicht allzu viel geändert. "Das ist auch gut so", sagt Möller. "Gleichzeitig war uns allen wichtig, Schnatterinchen ein wenig moderner zu führen. Sie sollte genauso liebevoll wie in den alten Episoden rüberkommen, aber gleichzeitig ein starkes Mädchen sein, das nicht mit erhobenem Zeigefinger hinter den beiden Jungs herläuft."

Geschaffen wurden Pittiplatsch und Schnatterinchen einst von der Künstlerin und Bildhauerin Emma-Maria Lange, die 2016 im Alter von 95 Jahren starb. Im Auftrag des Deutschen Fernsehfunks kreierte sie die von Heinz Schröder, Friedgard Kurze sowie Ingeborg und Günther Feustel erdachten Fernsehfiguren für die wöchentliche Sendereihe "Meister Nadelöhr", die erstmals im November 1956 an den Start ging. Schnatterinchens Fernsehpremiere erfolgte im Sommer 1959, drei Jahre später hatte Pittiplatsch seinen ersten Abendgruß. Hund Moppi stieß in den 70er Jahren dazu. 

Für die 13 neuen Folgen, die von diesem Dienstag an im Rahmen des "Sandmännchens" zu sehen sind, zeichnet die Produktionsfirma Trikk17-Animationsraum verantwortlich. Produziert wurden die Geschichten im Studio Hamburg unter der Regie von Sandra Schießl. Puppenbauer Norman Schneider, der in der Vergangenheit bereits für die legendäre Jim Henson Company in New York arbeitete, schuf die Figuren, denen Susi Claus, Martin Paas und Christian Sengewald die Stimmen leihen. Letzterer spielt bereits seit fast zehn Jahren den Pittiplatsch in der Tourneeproduktion "Pittiplatsch auf Reisen", ist mit dem Thema also bestens vertraut.

Norman Schneider

Puppenbauer Norman Schneider

"Es war aufregend zu erleben, wie etwas Neues entsteht. Gleichzeitig galt es, die Herausforderung zu meistern, auch das Alte zu bewahren", betont Anja Hagemeier, die beim RBB die Abteilung Familie & Kinder leitet. "Uns war wichtig, dass Pittiplatsch, Schnatterinchen und Moppi sanft in die heutige Zeit überführt werden. Da die alten Puppen nicht mehr dem Standard der heutigen Technik entsprechen, mussten wir einiges anpassen, ohne Gesichtszüge und Körper extrem zu verändern." So ist Pittiplatsch aus weicherem Material gestaltet und besitzt nun einen beweglichen Mund. Neu ist auch das Funkeln seiner Augen. "Das macht ihn agiler, lebendiger, eben seinem Charakter entsprechend."

Autor Thomas Möller hält die Figuren auch deshalb für zeitlos, weil sie eigen und schräg sind. "Figuren interessieren uns immer dann, wenn sie einerseits sehr speziell sind und uns gleichzeitig ermöglichen, uns mit ihnen zu identifizieren." Genau das treffe auf die drei Helden zu. "Pitti zum Beispiel wird, wenn es hart auf hart kommt, immer seinen Freunden zur Seite stehen. Dafür mögen wir ihn. Wir mögen ihn aber auch für seine Frechheit und die Tatsache, dass er ansonsten stets auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist: Wie kann ich die Situation so drehen, dass sie für mich etwas einbringt? Und genau das wollen wir dann auch sehen. Pitti ist ein Trickser, der am Ende immer wieder sagen wird: Seht ihr? War doch eigentlich gut, was ich da angestellt hab."

Das sei universell und funktioniere heute genauso wie vor vierzig Jahren, findet Möller, der sämtliche Folgen der NDR-Kinderserie "Eine Möhre für Zwei" schrieb und auch als Autor für die "Sesamstraße" tätig ist. Moppi wiederum sieht er mit seiner langsamen Art als guten Gegenpol dazu, "und das zusammen macht natürlich ein prima und zeitloses Duo aus, an dem wir auch nichts ändern wollten". Nun darf man gespannt sein, wie die Fans von einst auf die Rückkehr der kultigen Figuren reagieren werden, vor allem aber die ganz jungen Zuschauer, die von Pittiplatsch und seinen Freunden bis dato womöglich noch nie etwas gehört haben.

Kika, RBB Fernsehen und MDR Fernsehen strahlen die neue "Pittiplatsch"-Staffel ab dem 26. November wöchentlich in "Unser Sandmännchen" aus.