Uwe Esser© AS&S
Ebenfalls betroffen von rückläufigen Werbeumsätzen waren die Öffentlich-Rechtlichen. So erreichte das ZDF Werbefernsehen im vergangenen Jahr ein Minus bei den Brutto-Umsätzen in Höhe von sechs Prozent, bei der ARD-Werbung waren es sogar zehn Prozent. Hans-Joachim Strauch, Chef des ZDF Werbefernsehens, zeigt sich dennoch "sehr zufrieden". Strauch: "Im Vergleich zum Jahr 2017, das ebenfalls ein Jahr ohne Männer-Fußball-WM und Olympische Spiele war, haben wir, bei annähernd gleichen Reichweiten, ein Plus von 4 Prozent bei den Brutto-Umsätzen, und damals waren wir schon voll ausgelastet." Uwe Esser (Foto), AS&S-Geschäftsleiter TV-Vermarktung räumt ein, sich von 2019 mehr erhofft zu haben. "Doch die Verunsicherung der Märkte war allenthalben spürbar und hat die Märkte entsprechend geprägt, auch uns." Esser verweist unter anderem auf Veränderungen am Automarkt - hier agieren Unternehmen, die traditionell viel Geld in TV-Werbung stecken. Dort gibt es inzwischen aber einige Verunsicherungen - sei es durch die Elektromobilität oder Dieselfahrverbote.

Freuen können sich die Vermarkter von ARD und ZDF in jedem Fall auf die in diesem Jahr stattfinden Sport-Großereignisse. Fußball-EM und Olympische Sommerspiele versprechen nicht nur hohe Reichweiten, sondern auch sprudelnde Werbeerlöse. Allein mit der Fußball-EM werde man ein "echtes Lagerfeuer" haben, sagt Esser. Mit dem Spiel Deutschland gegen Portugal läuft zudem das einzige klassisch vermarktbare Spiel der deutschen Elf während der Vorrunde im Ersten. "Eine Werbeblockreichweite von über 20 Mio Zuschauern – mehr geht nicht im deutschen Fernsehen", sagt Esser. Auch die Olympischen Sommerspiele seien "sichere Häfen". In Kombination mit dem immer stärker werdenden Vorabend sei er zuversichtlich, die für 2020 gesteckten Ziele zu erreichen. 

Hans-Joachim Strauch© ZDF Werbefernsehen/Steffen Henkel
Auch beim ZDF Werbefernsehen erwartet man sich von Fußball-EM und Olympischen Sommerspielen einen positiven Impact auf die Werbeumsätze. Hans-Joachim Strauch (Foto) liegt aber noch etwas anderes auf dem Herzen. Angesprochen auf die grundsätzlich schwierige Lage der TV-Werbung, kommt der Geschäftsführer des ZDF-Vermarkters in Fahrt. Aus seiner Sicht gibt es zwei Gründe für die Schieflage der TV-Werbebranche. "Der eine Grund liegt aus meiner Sicht darin, dass sich große Teile der kommerziellen Wettbewerber ausschließlich auf die sogenannte werberelevante Zielgruppe 14 – 49 Jahre versteift haben." Durch den demografischen Wandel werde diese Gruppe in absoluten Zahlen immer kleiner. Gleichzeitig würden auch Streamingdienste um diese Zuschauer buhlen. "Der zweite Grund ist nach meiner Einschätzung, dass einige kommerzielle Wettbewerber seit längerer Zeit ihr Geschäftsmodell in Richtung Media-for-equity und Media-for-revenue verändert haben und über einen längeren Zeitraum immer weniger in ein qualitativ hochwertiges Programm investiert haben. Das Ergebnis ist die aktuelle Situation." Viele Kunden hätten aber längst verstanden, dass es nicht um Alter geht, wenn man verkaufen möchte. 

Vermarkter sehen Sport-Events gelassen entgegen

Doch noch einmal kurz zurück zu Fußball-EM und Olympischen Sommerspielen, die natürlich auch die Vermarkter der privaten Konkurrenz treffen. Hier zeigen sich aber alle entspannt. "Das Positive ist, dass die großen Sport-Events in regelmäßigen Zyklen stattfinden und wir uns natürlich bestens darauf einstellen können", sagt etwa Franjo Martinovic von Visoon. Man spreche zudem eher von einer Verschiebung von Spendings in andere Monate als von Kürzungen. Es sei eben nicht so, dass sich alle Werbungtreibenden in die Sportblöcke werfen würden. "Überraschungen zeichnen sich nicht ab", sagt auch IP-Geschäftsleiter Paul Mudter. Auch er geht von Budgetverschiebungen in andere Monate aus. "Erfahrungsgemäß nivelliert sich über das gesamte Jahr betrachtet der Effekt von Sportevents. Wir konnten in der Vergangenheit auch in Event-Jahren unsere Umsätze stets steigern", sagt SevenOne-Chef Thomas Wagner.