Dass die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus Covid-19 die Weltwirtschaft hart treffen wird, dürfte jedem dämmern, der sich in den vergangenen Tagen die Entwicklung der Börsenindizes angesehen hat. Längst sorgen sich auch die großen Sportligen um ihre Existenz - so wie die Deutsche Eishockey-Liga (DEL), die ihre Saison jüngst vorzeitig abbrach und nun auf Hilfen vom Staat hofft, weil im Sommer massive Liquiditätsprobleme drohen. Von einer halben Million Euro pro Klub ist die Rede.

Selbst Christian Seifert, der Chef der Deutschen Fußball-Liga (DFL), zeichnete am Montag ein dramatisches Bild und erinnerte an mehr mehr als 50.000 Jobs, die unmittelbar mit der Bundesliga zusammenhängen. "Es steht mehr auf dem Spiel als nur ein paar Fußballspiele", so Seifert, der darauf hofft, die Saison irgendwann mit Geisterspielen zu Ende bringen zu können. "Wenn jemand sagt, Geisterspiele kommen nicht infrage, der muss sich keine Gedanken mehr machen, ob wir mit 18 oder 20 Profiklubs spielen. Denn dann wird es keine 20 Profiklubs mehr geben."

Dass aus Seiferts Sicht gespielt werden muss, hängt wiederum mit dem Fernsehen zusammen. "Die größten Einnahmepositionen eines Klubs sind Medien- und Sponsoringeinnahmen", betonte der DFL-Chef. Würden diese über einen längeren Zeitraum wegbrechen, werde es für einige Klubs der 36 DFL-Mitglieder finanziell eng werden. Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge mahnte bereits vor dem Wochenende, "ein größerer dreistelliger Millionenbetrag" stehe im Feuer.

Rummenigges Sorge hat einen ernsten Hintergrund, denn die Milliarden, um die es im Poker mit Sendern und Streamingdiensten weltweit geht, fließen nicht sofort auf das Konto der DFL. Stattdessen werden die TV-Einnahmen in jeder Saison in vier Tranchen ausgeschüttet: Nach dem 9., 17., 26. und 34. Spieltag - und der 26. Spieltag ist jener, der dem Coronavirus gerade erst zum Opfer gefallen ist. Vor diesem Hintergrund mag es also durchaus nachvollziehbar sein, dass auch im Profifußball die Sorgen vor der Zukunft wachsen.

"Für die gesamte Sportbranche eine Herausforderung"

Vor einer großen Herausforderung stehen in diesen Tagen aber auch all jene Fernsehsender, deren Schwerpunkt auf der Sportberichterstattung liegt, schließlich schwindet ohne Live-Rechte die Attraktivität des Programms. So wie im Falle von Eurosport. "Die aktuelle Situation ist beispiellos und auch für die gesamte Sportbranche eine Herausforderung", sagte ein Sprecher des Discovery-Senders gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de und erklärte, im ständigen Austausch mit Sportverbänden und Veranstaltern zu setehn.

Man selbst unterstütze "die getroffenen Entscheidungen sowie alle Anstrengungen, um das Wohlergehen von Zuschauern, Athleten und Mitarbeitern zu gewährleisten", heißt es von Seiten des Senders. Völlig unklar sind noch die finanziellen Auswirkungen, weil man Werbekunden das gebuchte Live-Umfeld nicht bieten kann. "An erster Stelle steht für uns in dieser schwierigen und herausfordernden Situation die Zusammenarbeit mit den Sportverbänden und Rechteinhabern." Mit den finanziellen Überlegungen befasse man sich noch nicht. Noch.

Stattdessen verweist Eurosport darauf, den fehlenden Live-Sport programmlich mit der Ausstrahlung großer Sport-Momente auffangen zu wollen. Auch bei Sport1 wird bereits daran gearbeitet, das Programmschema anzupassen - zumindest am "Doppelpass" will der Sender aber nach Möglichkeit festhalten. "Die Quoten haben gezeigt, dass diese Programmierung auch bei unseren Zuschauern sehr gut angekommen ist", sagt Sport1-Sprecher Michael Röhrig mit Blick auf die Mischung aus regulärer Ausgabe und klassischer Folge am vergangenen Sonntag. "In den kommenden Wochen werden wir daher - über die aktuellen Live-Sendungen des 'Check24 Doppelpass' hinaus - weitere denkwürdige 'Doppelpass'-Sendungen aus den vergangenen fast 25 Jahren ins Programm aufnehmen."

Generell will Sport1 mit einer Multiplattform-Strategie zumindest ein Stück weit den fehlenden Live-Sport auffangen. Am vorigen Wochenende etwa zeigte der Sender kurzfristig "Die Eishockey Show", die sonst zur Podcast-Familie von Sport1 gehört, im linearen TV-Programm. Darüber hinaus werde man in den kommenden Tagen und Wochen auch weitere Formate und Sendungen ins Programm nehmen, beispielswweise im Rahmen von Sonderprogrammierungen und speziellen Thementagen wie zum Beispiel die "Bundesliga Pur Klassiker", Darts-Highlights oder auch Sportdokus und neue Dokutainment-Formate.

"Als Sportplattform erarbeitet Sport1 für seine TV-Sender im Programm- und Vermarktungsbereich grundsätzlich Alternativszenarien für den Fall, dass Sportereignisse verschoben oder abgesagt werden", so der Sport1-Sprecher. "Die aktuelle Situation stellt allerdings in ihrem Umfang wie für alle anderen Marktteilnehmer auch ein Novum dar und führt bei uns ebenfalls zu vielfältigen Anpassungen." Die durch die Corona-Pandemie bedingten Absagen und Verschiebungen von Wettbewerben und Ligen sei "für die im Sport engagierten Verbände, Ligen, Klubs und Unternehmen - zu denen auch wir zählen - vor allem aber auch für die zahlreichen Sportkonsumenten sehr bedauerlich".

Monatliche Kündigungsfrist könnte zum Problem werden

Auch Blick ins Pay-TV stellen sich drängende Fragen. Die Deutsche Telekom kündigte bereits an, MagentaSport-Kunden für das fehlende Live-Angebot entschädigen zu wollen. Sky hält sich diesbezüglich noch bedeckt und hofft auf eine baldige Fortsetzung der Wettbewerbe. Im Vergleich zu DAZN befindet sich Sky in einer vergleichsweise komfortablen Situation, weil dessen Kunden in aller Regel mit längeren Verträgen ausgestattet sind - hier hat man seinen Kunden gerade einen kostenlosen Zugang zum Film- und Entertainment-Paket versprochen. Zudem will man jeden Tag im Rahmen des Formats "Mein Verein" verschiedene Bundesliga-Klubs näher beleuchten.

DAZN könnte die monatliche Kündigungsfrist oder schlicht die Möglichkeit, das Abo zu pausieren, dagegen weitaus stärker zum Verhängnis werden. Tatsächlich kann auch der Streamingdienst seinen Kunden derzeit nicht viel bieten - allenfalls die russische Eishockey-Liga hielt zuletzt noch den Spielbetrieb aufrecht. Gerade erst hat auch die Kampfsportliga UFC ihre Veranstaltungen abgesagt. Die Corona-Krise könnte den gerade erst verlauteten Expansionsplänen von DAZN vorerst einen Strich durch die Rechnung machen, schließlich ist das Virus längst zum globalen Problem geworden, das sämtliche Märkte betrifft. 

"Während der beispiellosen Umstände der Coronavirus-Pandemie stehen wir täglich in Kontakt mit Rechteinhabern und Partnern, um die Auswirkungen des Virus auf unsere Branche, unseren Service und unsere Kunden zu verstehen und zu bewältigen", erklärte ein DAZN-Sprecher gegenüber DWDL.de. "Sportveranstaltungen standen an vorderster Front der betroffenen Events, die im Zuge der Pandemie abgesagt werden mussten. Nun finden viele Gespräche mit der Regierung, den Gesundheitsbehörden und Sportorganisationen über die sicherste und beste Möglichkeit statt, diese zu einem unbestimmten Zeitpunkt wieder durchführen zu können."

In einem ersten Schritt hat DAZN bereits reagiert. Wer die Plattform aufräumt, bekommt schon jetzt vorwiegend sogenannten Non-Live-Content angeboten, darunter die Doku-Reihe "Making Of" oder Kurz-Dokus über sämtliche Champions-League-Finals seit 1993. Darüber hinaus arbeitet der Streamingdienst nach DWDL.de-Informationen bereits an der Herstellung weiterer kreativer Formate, mit denen sich die Sport-freie Zeit überbrücken lässt. Der Mensch brauche Brot und Spiele, sagte der römische Satirendichter Juvenal einmal in grauer Vorzeit. Auf die heutige Zeit übertragen könnte man sagen: Brot ist vorhanden, nur mit den Spielen wird es eng.