Es gibt nicht viele Show-Formate, bei denen man schon im Vorfeld erahnt, dass sie das Zeug dazu haben, das Fernsehen für viele Jahre zu prägen. "The Voice" kann sich fraglos zu dieser besonderen Riege zählen, so bestechend war die von John de Mol erdachte Idee einer Gesangs-Castingshow, bei der sich die Jury-Mitglieder alleine auf ihr Gehör verlassen müssen. Gewissermaßen ein Blindflug der besonderen Art. "Dass der Moment des Buzzerns den Menschen sehr lange Spaß machen würde, konnte man schon spüren", erinnert sich der heutige ProSieben-Chef Daniel Rosemann, der einst noch als Redakteur mitverantwortlich dafür war, dass sich ProSieben und Sat.1 die Rechte an dem Format sicherten. 

Der Siegeszug von "The Voice" begann vor ziemlich genau zehn Jahren, als die Show in den Niederlanden Marktanteile von mehr als 50 Prozent in der Spitze verzeichnete. Knapp ein Jahr später folgte bereits die erste Staffel in Deutschland, vor der sich RTL derart fürchtete, dass die Kölner gegen die Premiere ihr Quoten-Schlachtschiff "Das Supertalent" programmierten – und prompt den Kürzeren zogen. Ein entscheidender Faktor für den Erfolg war sicher auch, dass "The Voice" einen bewussten Kontrapunkt zu den Bohlen-Shows setzte, die schon damals stellenweise wirkten, als würden sie künstlich am Leben gehalten. 

Während RTL zwischenzeitlich gar einen "Fickfrosch" erfand, um die Spirale bei "Deutschland sucht den Superstar" noch ein Stückchen weiterzudrehen, stand bei "The Voice of Germany" von Beginn an echtes Talent im Zentrum. Und anders als die Konkurrenz setzen die Verantwortlichen der Sender und des Produzenten Talpa bis heute auf eine Live-Band im Studio - ein kleines Detail, das jedoch viel aussagt über das Selbstverständnis der Formate. Ganz nebenbei gelang es, das ebenfalls seriöse "X Factor" aufs Abstellgleis zu schicken, weil die zwischenzeitlich von Sky wiederbelebte Castingshow verglichen mit "The Voice" schlicht das eindeutig schwächere Konzept besitzt.

Gleich sechs Coaches in der Jubiläumsstaffel

Daniel Rosemann © ProSiebenSat.1 ProSieben-Chef Daniel Rosemann
Dass die Show bis heute ein großer Erfolg ist, führt Daniel Rosemann aber auch darauf zurück, dass es über die Jahre hinweg gelungen sei, den Kern des Formats zu bewahren. "Außerdem haben die verschiedenen Coaches frische Momente in die Show gebracht. Jeder hat sein eigenes Wesen, seinen eigenen Humor", sagt er. Für die Jubiläumsstaffel, die an diesem Donnerstag anläuft, setzen die Macher daher nun auf eine Mischung aus altbekannten Coaches und frischen Impulsen – und erstmals auf gleich sechs Coaches.

Möglich wird das, weil sich Samu Haber und Rea Garvey ebenso wie Stefanie Kloß und Yvonne Catterfeld einen Doppelstuhl teilen. Dazu kommen Mark Forster und Neuzugang Nico Santos, den RTL einem "Bild"-Bericht zufolge nur allzu gerne in der "DSDS"-Jury gesehen hätte. "Bei 'The Voice' geht es mehr um Musik, bei 'DSDS' um Show. Deshalb habe ich mich auch sehr bewusst für 'The Voice' entschieden", sagte Santos gerade und arbeitete die Unterschiede beider Formate damit sehr treffend heraus. Der einzige, der beide Shows kennt, ist Xavier Naidoo, auf den ProSieben und Sat.1 zum Jubiläum jedoch aus nachvollziehbaren Gründen verzichten.

The Voice of Germany © ProSiebenSAT.1/Richard Hübner Mark Forster, Stefanie Kloß, Yvonne Catterfeld und Nico Santos

Stattdessen wird es in diesem Jahr ein Wiedersehen mit ehemaligen Kandidatinnen und Kandidaten geben: Zehn sogenannte "Allstars" lassen sich noch einmal auf die "Blind Auditions" ein, in der Hoffnung, ein zweites Mal alleine mit ihrer Stimme zu überzeugen. Unter ihnen ist Alex Hartung, der in der vierten Staffel als erster Rapper auf die "Voice"-Bühne trat. Bis heute erreichte sein Clip bei YouTube mehr als 33 Millionen Clips. Auch Pamela Falcon, die in der ersten Staffel in einem "Battle" mit "Purple Rain" für Begeisterung sorgte, aber trotzdem ausschied, stellt sich noch einmal dem Wettkampf. 

Besondere Momente trotz Corona

"Ich habe sehr viele prägende Erinnerungen an die erste Staffel", sagt ProSieben-Chef Daniel Rosemann, was angesichts von rund 60 Hotelübernachtungen in Berlin, die im Zuge der damaligen Produktion nötig waren, kein Wunder ist. Falcons Auftritt gehört definitiv dazu. Auf besondere Momente hofft Rosemann aber auch in diesem Jahr, auch wenn die Produktionsbedingungen wegen der Corona-Pandemie komplett andere sind. Trotz steigender Zahlen hält er die Produktionssicherheit in der Hauptstadt jedoch für gewährleistet, sodass es wohl auch wieder internationale Gäste geben wird, die sich die Ehre geben. 

Unter den Kandidaten zählt derweil ein junger Mann zu der Hoffnungsträgern, dessen Stottern beim Singen komplett verschwindet. Und so läuft "The Voice of Germany" auch im zehnten Jahr nicht Gefahr, seine Wurzeln zu verlieren, obwohl über die Jahre hinweg einige Abnutzungserscheinungen nicht ausblieben. So wirkte das Buhlen der Coaches in der Vergangenheit oft etwas arg bemüht und durch diverse Kinder- und Senioren-Ableger kommt "The Voice" heute längst nicht mehr so besonders daher wie 2011, als sich die Stühle zum ersten Mal drehten. Die grandiose Idee der Blind Auditions aber hat sich auch nach zehn Staffeln nicht abgenutzt.

"The Voice of Germany" läuft donnerstags um 20:15 Uhr bei ProSieben und sonntags um 20:15 Uhr in Sat.1.