Die Bildagentur Getty Images ist eigentlich gar keine klassische Bildagentur, sie bietet nämlich auch viele Videos an. Diese seien schon immer ein wichtiger Part des Unternehmens gewesen, sagt Robert Vervloet, Sales Manager Broadcast Germany bei Getty Images, im Gespräch mit DWDL.de. Doch jetzt will man mit dem Bereich spürbar wachsen, Anfang des Jahres hat man sich daher europaweit neu aufgestellt. Seit Januar 2020 gibt es ein europäisch agierendes Broadcast-Team, das sich auf Filmproduktionen in ganz Europa konzentriert. Das Team arbeitet getrennt von der restlichen Video-Mannschaft, die sich auch um Aufträge in den Bereichen Werbung und Corporate Film kümmert. 


Robert Vervloet © Getty Images/Alexander Hassenstein Robert Vervloet
"Wir arbeiten schon heute mit vielen Produzenten und Fernsehsendern weltweit zusammen", so Vervloet. Mit dem Aufkommen immer neuer Plattformen, die immer mehr Bewegtbild-Content benötigen, soll nun aber auch das Broadcast-Geschäft von Getty Images einen spürbaren Schub bekommen. Konkrete Zahlen will Vervloet, der vor seiner Zeit bei Getty Images in der Filmproduktion tätig war, nicht nennen, versichert aber, dass das der Bereich schon vor der Corona-Krise gewachsen sei. 

Doch wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Sendern und Produktionsfirmen genau? Robert Vervloet erklärt das so: Im Idealfall wird Getty Images schon früh in der Entwicklung mit in den Prozess eingebunden. Dann könne man im Archiv nach passendem Material suchen und die entsprechenden Ideen "mit visuellen Inhalten zum Leben erwecken". Größter Bereich ist derzeit noch der Dokumentarfilm, Inhalte von Getty Images waren aber auch schon in Spielfilmen, Unterhaltungsshows oder Wissensformaten zu sehen. 

Für uns liegt die Herausforderung darin, das Vertrauen der Produzenten zu gewinnen, damit sie sich auf uns einlassen.
Robert Vervloet, Sales Manager Broadcast Germany bei Getty Images

Natürlich ist Getty Images keine klassische Produktionsfirma in dem Sinn, dass sie Szenen mit Schauspielern dreht. Es geht für Produktionsfirmen eher um Luftaufnahmen, Establishing Shots oder alltägliche Szenen, die in die geplanten Filme rein geschnitten werden können. Im Getty-Archiv liegen Aufnahmen aus der ganzen Welt. Für die Produzenten hat das den Vorteil, dass sie im Zweifel nicht mehr alle Aufnahmen selbst anfertigen müssen - inklusive wegfallender Reisen und entsprechender Kosten. Gerade in Corona-Zeiten, in denen das Reisen ohnehin schwierig oder gar nicht möglich ist, könnte es für Produzenten eine spannende Alternative sein, auf Agentur-Material zurückzugreifen. Zahlen müssen die Produzenten bei Getty Minutenpreise. 

"Für uns liegt die Herausforderung darin, das Vertrauen der Produzenten zu gewinnen, damit sie sich auf uns einlassen", sagt Robert Vervloet gegenüber DWDL.de. Tatsächlich kann es für Produzenten nicht immer leicht sein, bestimmte Verantwortlichkeiten aus der Hand zu geben und auf externes Material zurückzugreifen. In Großbritannien war Getty Images in die Produktion der Discovery-Reihe "Disaster Engineered" involviert, die Macher realisierten das Projekt schließlich mit 75 Prozent Archivmaterial von Getty Images, eine Fortsetzung ist bereits beschlossen. Ein weiteres Projekt ist "Egypt’s Unexplained Files" von der britischen Produktionsfirma 360 Production, die das Projekt stemmten, ohne jemals in Ägypten gewesen zu sein. 

Von "Terra X" bis hin zu "Big Performance"

Aber auch in Deutschland gibt es zahlreiche Beispiele, in denen Getty Images Materialien zugeliefert hat. Da sind auf der einen Seite recht klassische Doku- bzw. Wissens-Formate wie "Terra X", "Leschs Kosmos" (beide ZDF) oder auch "PM Wissen" (Servus TV). Inhalte von Getty Images waren aber auch beispielsweise in der RTL-Show "Big Performance" zu sehen. 

In den USA arbeite man auch schon stark mit den großen Filmstudios zusammen, sagt Robert Vervloet von Getty Images. "In Deutschland stehen wir da noch am Anfang. Ich würde sehr gerne mehr mit den deutschen Spielfilm-Produzenten machen." Letztlich ist es aber wohl auch eine Frage der Kapazitäten. "Man kann nicht alles auf einmal machen. Wir haben angefangen im Dokumentarischen und wollen jetzt auch verstärkt in den Bereich Film und Serie gehen." Im Gespräch verweist Vervloet darauf, dass man nicht nur historisches oder nachrichtliches Material anbiete, sondern eben auch kreativ Inhalte, die vor allem für Produzenten von fiktionalen Stoffen interessant sein könnten. 

Seit dem 1. Oktober ist auch das NBC-Archiv, und damit das älteste Fernsehnachrichtenarchiv der USA, über Getty Images verfügbar. Das sei ein wichtiger Schritt gewesen, weil es das Angebot um den amerikanischen News-Bereich erweitere, so Vervloet. Kunden finden hier Fotos und Videos mit dem Fokus auf den Kalten Krieg, Vietnam, 11. September und US-Wahlen. Hinzu kommen viele True-Crime-Inhalte - ein auch in Deutschland seit Jahren boomendes Genre. Neben dem NBC-Archiv vertritt Getty Images zudem exklusiv die BBC Motion Gallery.

Das alles zeigt: Getty Images ist längst mehr als nur eine reine Bildagentur. Ob sich TV-Sender, Streaming-Plattformen und Produktionsfirmen aber tatsächlich im großen Stil auf Video-Inhalte einer Agentur einlassen, und sich damit auch ein Stück weit abhängig machen, wird die Zeit zeigen. Bei Getty Images ist man jedenfalls optimistisch, den Bereich in ganz Europa ausbauen zu können.