Durchschnittlich fast 16 Prozent Marktanteil holte der ZDF-Spätabendtalk "Markus Lanz" mit den bis dato knapp 20 ausgestrahlten Episoden im Jahr 2021. Für die aus Hamburg kommende Sendung, die sich im Laufe des zurückliegenden Jahres zu einer Art Kammerspiel entwickelt und der unaufgeregten Einordnung speziell der Coronasituation verschrieben hat, läuft es aktuell so gut wie nie zuvor. An besonders starken Abenden steigen die Marktanteile bei allen Zuschauern auf über 20 Prozent. In aller Regel wird Markus Lanz, der 2009 auf dem Sendeplatz die Nachfolge des damals zu Sat.1 gewechselten Johannes B. Kerner antrat, damit Marktführer – und weist Das Erste in die Schranken.

Sandra Maischberger © WDR/Peter Rigaud
Bei der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz läuft es in der Stunde vor Mitternacht, also im Anschluss an die "Tagesthemen", weitaus schlechter. Anders als das ZDF setzt man hier Tag für Tag auf wechselnde Programme und Programmfarben. Manche sind halbwegs, andere kaum erfolgreich - und an gleich zwei Abenden setzt Das Erste dem ZDF-Erfolg inzwischen eigene Talkformate entgegen. Mittwochs, wenn Sandra Maischberger ihre inzwischen zu "Maischberger. Die Woche" umgearbeitete Gesprächsrunde präsentiert, passiert dies mit wachsendem Zuspruch. 2020 steigerte sich die durchschnittliche Reichweite um etwa 200.000 Zuschauer auf 1,4 Millionen, ein Wert, den das Format im noch jungen Jahr 2021 bis dato hielt. Gewachsen ist die Quote in diesem Jahr um etwa zwei Prozentpunkte auf 11,3 Prozent. Zuvor verharrte der Talk der Journalistin, die vor vielen Jahren von ntv ins öffentlich-rechtliche Fernsehen wechselte, um dort die Nachfolge von Alfred Biolek anzutreten, im einstelligen Bereich.

Zuschauer-Trend: Maischberger. Die Woche

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Quelle: DWDL.de-Recherche
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Mit Blick auf die Historie des Sendeplatzes um 22:50 Uhr dürfte in der ARD-Chefetage alles, was zweistellige Quoten einfährt, sehr willkommen sein. Entsprechend befindet sich auch der späte Donnerstagabend augenscheinlich auf richtigem Wege. Dieter Nuhrs Satire "Nuhr im Ersten" steigerte sich 2020 auf 11,7 Prozent (ein Plus von 1,3 Punkten), "extra 3" legte auf 11,1 Prozent und somit etwa einen halben Punkt zu. Beide im Wechsel gezeigte Sendungen verloren jedoch Zuschauer – und zwar je etwa 200.000 und landeten im Jahr 2020 bei 2,1 und 2,0 Millionen im Schnitt.

Carolin Kebekus © WDR/Frank Dicks
Ein Selbstläufer ist der Donnerstagabend aber keineswegs, das musste etwa Komikerin Carolin Kebekus durchaus schmerzhaft erkennen, als sie im Hochsommer 2020 mit acht Folgen ihrer btf-Produktion "Die Carolin Kebekus Show" antrat und die Quotenerwartungen zumindest linear nicht erfüllte. Obwohl die Sendung regelmäßig für Schlagzeilen sorgte und die Videos im Netz gut funktionierten, lief es im linearen Programm einigermaßen mäßig. Nur gut sieben Prozent Marktanteil im Gesamtmarkt waren für die von Kritikern durchaus gelobte Staffel drin, der Reichweiten-Schnitt lag bei um die 1,1 Millionen Zuschauer. Einstellig schnitt fast immer auch die "Ladies Night" ab - und auf dem zweiten Comedy-Sendeplatz sieht es meist noch schlechter aus. "Kroymann" oder "Die Florian Schroeder Satire Show" taten sich hier schwer, nur "Sträter" stach hier mit bis zu 10,5 Prozent Marktanteil ernsthaft heraus.

Zuschauer-Trend: Die Carolin Kebekus Show

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Abwechslungsreich ist auch der späte Dienstagabend, an dem Das Erste unter dem Dachlabel "Talk am Dienstag" auf diverse Gesprächsformate der Dritten Programme zurückgreift, Quotenerfolge aber durch die Bank vermissen lässt. Am stärksten unterwegs war auf diesem Sendeplatz noch der vom WDR kommende "Kölner Treff", der im vergangenen als einziges der regionalen Talkformate im Ersten den deutlichen Sprung über die Millionen-Marke schaffte. "Markus Lanz" zeigte die Rücklichter in weiterer Ferne und auch der Senderschnitt war nicht zum Greifen nahe. Die anderen immer wieder ins Dienstagabendprogramm reinrotierenden Talks taten sich noch schwerer. Sie fuhren durchschnittlich zwischen 800.000 und 900.000 Zuschauer an. Den Tiefstwert markierte das "Nachtcafé", das im vorigen Mai kurz vor Mitternacht kaum mehr als 400.000 Zuschauer zählte. 

Luft nach oben besteht zudem für die vom BR stammende Talkshow "Club 1", die sich zuletzt im Januar aber in etwas besserer Form präsentierte. Dennoch sind weniger als 900.000 Zuschauer zu wenig. Auf ähnlicher Höhe war auch der neue Hauptstadt-Talk "Hier spricht Berlin" unterwegs, der jedoch zuletzt immerhin von einer Schärfung des Konzepts zu profitieren schien - und beim jungen Publikum mit 5,4 Prozent Marktanteil den bislang besten Wert beim jungen Publikum markierte. Dass das schon zum Rekord reicht, spricht allerdings Bände.  

"Tatort" behauptet sich gegen "heute-show"

Besser läuft es am Freitagabend, wo sich "Tatort"-Wiederholungen als passable Alternative zum starken ZDF-Comedyblock erweisen und mitunter über zweieinhalb Millionen Menschen zum Einschalten bewegen – mit um die zehn Prozent Marktanteil stimmen die Ergebnisse halbwegs. Man gibt sich im Ersten nach den "Tagesthemen" eben mit relativ wenig zufrieden, und das ist schon erstaunlich, wenn man bedenkt, welch starke Entwicklung die 22:15-Uhr-Nachrichtensendung in den zurückliegenden Jahren hingelegt hat.

Aktuell, im noch jungen Jahr 2021, liegt das Format bei knapp über drei Millionen Zuschauern. 2020 erreichten die "Tagesthemen" 2,56 Millionen und somit rund 300.000 Zuschauer mehr als noch im Jahr zuvor. Die durchschnittlichen Quoten, die 2018 und 2019 noch recht stabil bei ausbaufähigen 10,4 Prozent lagen, haben sich deutlich zum Positiven gewendet; 2020 schloss die aus Hamburg kommende Sendung mit 11,6 Prozent ab, aktuell liegen die Macher gar bei 12,6 Prozent – bei einem einem Wert also, der so hoch ist wie keiner des zurückliegenden Jahrzehnts.

Das zeigt, was im Ersten möglich ist – auch in Konkurrenz zum nicht nur am Spätabend populären ZDF. So sehr die Programm- und somit Genrevielfalt in der Stunde vor Mitternacht gelebt und von Manchem geliebt wird, so sehr könnte man dem Sender auch anraten, über einheitlichere Programmierungen nachzudenken und somit festere Verabredungen zu schaffen. Gut möglich, dass mit mehr Verlässlichkeit auch steigende Zuschauerzahlen einhergehen. Für Volker Herres, derzeit noch Programmdirektor des Ersten, wird das keine Rolle mehr spielen. Er gibt den Posten Ende April 2021 auf. Nachfolgerin wird Christine Strobl. Eines der Themen, um die sie sich kümmern muss, könnte gewiss auch die Profilschärfung der Slots nach den "Tagesthemen" sein. Markus Lanz wird es von Hamburg aus mit Interesse beobachten.