Fast zwölf Jahre nach dem Start wird im April die letzte Folge von "ZDFzoom" zu sehen sein. Gestartet als Prestigeprogramm des damaligen Chefredakteurs Peter Frey, sollte die Doku-Reihe vor allem investigative Ansätze verfolgen. Die soll es auch weiterhin geben - nur anders erzählt und vorwiegend ausgerichtet auf den Erfolg in der Mediathek, nicht mehr auf den linearen Sendeplatz am späten Mittwochabend. Ersetzt wird "ZDFzoom" ab dem 19. April durch "Die Spur", "das erste deutsche Dokuformat, das sich der forensischen Aufarbeitung von gesellschaftspolitischen Themen und Ereignissen widmet", wie es im Pressetext des Senders heißt.

"Wir haben uns nicht leichtfertig von dem Namen verabschiedet", räumt Redaktionsleiter Markus Wenniges im Gespräch mit DWDL.de ein. "Klar, 'ZDFzoom' war als Titel gelernt und in gewissen Kreisen etabliert, aber an die Bekanntheit von 'Terra X' oder 'Aktenzeichen XY' kam er nicht heran. Wenn wir jetzt also neu anfangen, dann wollen wir dies auch über den Namen zum Ausdruck bringen. Die Herausforderung wird damit aber natürlich nicht kleiner."

Markus Wenniges © ZDF / Philipp Masur Markus Wenniges
"Die Spur" ist nach qualitativen und quantitativen Untersuchungen als Sieger aus einem mehrwöchigen Testlauf hervorgegangen, bei dem das ZDF vor knapp einem Jahr drei verschiedene Staffel-Formate im Rahmen von "ZDFzoom" ausprobierte (DWDL.de berichtete). "Es bedeutete einen großen Arbeitsaufwand, neben dem laufenden Betrieb drei neue Formate zu entwickeln", so Wenniges. "Ein grafisches Format wie 'Digital Empire' wöchentlich auf hohem Niveau zu produzieren, wäre eine große Herausforderung gewesen. Und auch das aktuell heißeste Debatten-Thema immer mit einer Doku zu erwischen, so wie wir es in 'Grauzone' versucht haben, birgt Schwierigkeiten."

Daher nun also "Die Spur" - ein Format, mit dem die Redaktion vor allem die Lebenswelt von Menschen zwischen 30 und 40 Jahren abbilden will. Dicht erzählt, sollen komplexe Zusammenhänge aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft beleuchtet werden, kündigt der Sender an und verspricht, die großen Themen, aber auch die vermeintlich kleinen Geschichten erzählen zu wollen, denen stets zwei Fragen vorausgehen: Wie konnte es so weit kommen? Und was hat das mit mir zu tun? Redaktionsleiter Markus Wenniges hält dabei eine "Ansprache auf Augenhöhe für extrem wichtig", wie er gegenüber DWDL.de betont. "Dabei geht es darum, wie man formuliert und textet oder was man voraussetzt. Das klingt einfach, ist jedoch oft eine große Aufgabe."

 

"Es gibt bei Journalistinnen und Journalisten oft die Angst, dass es für das Publikum nicht spannend sein könnte, wie wir zu unseren Rechercheergebnissen kommen. Aber das halte ich für einen Trugschluss."
Markus Wenniges, Leiter der Redaktion Dokumentationen in der ZDF-Hauptredaktion Politik und Zeitgeschehen

 

Im Zuge dessen soll vor allem die Presenterrolle vor der Kamera weiterentwickelt werden. "Hier besteht eine Lücke im Markt, die wir besetzen wollen", sagt Wenniges. "Wir möchten die Leute zeigen, die die Recherchen und Filme machen. Wenn man ihnen eine klare Rolle gibt und sie situativer agieren lässt, dann liegt darin eine große Chance für die Vermittlung. Das ist uns, das sage ich ganz selbstkritisch, in der Vergangenheit bei 'ZDFzoom' mal besser, mal schlechter gelungen." Gleichzeitig sei es der Anspruch, die Recherche transparenter zu machen - etwa durch den verstärkten Einsatz forensischer Methoden und Datenjournalismus. "Es gibt bei Journalistinnen und Journalisten oft die Angst, dass es für das Publikum nicht spannend sein könnte, wie wir zu unseren Rechercheergebnissen kommen. Aber das halte ich für einen Trugschluss."

Ähnlich wie "ZDFzoom" plant die Redaktion, auch "Die Spur" für eine Vielzahl von Produzentinnen und Produzenten zu öffnen. Zunächst hat sich das ZDF jedoch dafür entschieden, mit einer Gruppe von sechs Produktionsfirmen an den Start gehen zu wollen. Dazu zählen neben K2H, das schon die Test-Staffel im Vorjahr herstellte, auch Sendefähig, me:works, Drive Beta, Spiegel TV und Bewegte Zeiten. Letztere zeichnet direkt zum Start für die Dokumentation mit dem Arbeitstitel "Juicy Fields - Der große Cannabis-Betrug" verantwortlich. 

Doch Markus Wenniges hat nicht nur "Die Spur" im Blick. Diesen und andere Sendeplätze wolle man in Zukunft auch für investigative, gesellschaftspolitische Doku-Serien öffnen, die in erster Linie für die Mediathek konzeptioniert sind. So ist für den Sommer bereits eine neue Serie von den Machern und in der Machart von "Digital Empire" in Arbeit. Solche Mediatheks-Serien oder -Staffeln sollen mehr und mehr zum zweiten "Standbein" der Redaktion werden, kündigt Wenniges gegenüber DWDL.de an. Bereits am 10. Mai soll die Dokuserie "Geständnisse eines Neonazis" als Dreiteiler in der Mediathek veröffentlicht und im linearen Programm ausgestrahlt werden. 

Angesprochen werden soll das Publikum auch auf den Dritt-Plattformen YouTube und Instagram, über die möglichst viele Userinnen und User wiederum den Weg zurück in die Mediathek finden sollen. "Weil ein wichtiger Teil unserer Zielgruppe unsere Inhalte dort noch nicht sucht, brauchtes eine kluge Distributions- und Rückführungsstrategie", betont Markus Wenniges. Mit dem Abschied von "ZDFzoom" ist die Arbeit für ihn und seine Redaktion also längst nicht getan.