Beim Buhlen um die Gunst der Menschen müssen die Marketing-Abteilungen von vielen Unternehmen sehr kreativ sein. Im ständigen Marken-Feuerwerk in Fernsehen und Social Media kann es nämlich leicht passieren, dass die eigenen Botschaften untergehen. In den Kommentarspalten auf Social Media tobt daher seit vielen Jahren schon ein Krieg um die schmissigste Zeile, die am meisten Interaktion verspricht (und ganz nebenbei auf das Markenversprechen einzahlt).

Beim Schuhhändler Deichmann wollte man sich damit aber nicht mehr zufrieden geben - und hat den Beef aus den Kommentarspalten, den man dort mit anderen Marken teils ausgiebig zelebriert, in die echte Welt geholt. Und so ist Anfang Februar die Show "Beat the Brand" zu sehen gewesen. Nicht im klassischen Fernsehen, sondern auf Twitch, Instagram, TikTok und YouTube. 

Das Ziel war es, die beste Marke zu küren. Dabei sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Deichmann, Glückspilz, Oreo, Kleinanzeigen, Condor und Aldi Süd in verschiedenen Spielen gegeneinander angetreten. Das ganze sollte bewusst an "Schlag den Raab" bzw. "Schlag den Star" erinnern, damit haben die Macher immer wieder kokettiert. Wie bei einer langen Dauerwerbesendung standen in dieser Show aber eben nicht normale Kandidatinnen und Kandidaten im Mittelpunkt, sondern eigentlich die Marken. 

Damit dass nicht nach einer reinen Werbeveranstaltung aussieht, sondern nach einer echten TV-Show, haben sich die Verantwortlichen um Lukas Kaiser, VP Global Brand Competence Center bei Deichmann, die Unterstützung von Seapoint Productions geholt. Also der Produktionsfirma, die auch für Shows wie "Let’s Dance" und "Das Sommerhaus der Stars" verantwortlich zeichnet. Für das Team um Nina Klink war es die erste Branded-Entertainment-Produktion - aber "mit Sicherheit nicht die letzte", sagt die Seapoint-Geschäftsführerin gegenüber DWDL.de. 

Beat the brand © Deichmann Im "Beat the Brand"-Studio hatte jedes Team seinen eigenen Bereich

"Branded Entertainment als solches ist natürlich kein New Hot Shit, das ganze aber rein digital und Social First bzw. sogar Social Only auszuspielen und nicht über klassische Ausspielwege zu gehen, ist das besonders spannende an 'Beat the Brand' gewesen. Darin liegt wahnsinnig viel Potential, für alle Beteiligten", sagt Klink im Nachgang an die Produktion. Man nehme aus der Show viele Erfahrungen mit, sagt die Show-Expertin, man habe "Pionierarbeit geleistet". Klink: "Einen vergleichbaren Case, also eine reine Social-Media-Live-Gameshow, gab es in Deutschland bisher nicht."

Show-Umsetzung für Gen Z

Nina Klink © frankandeven Productions Nina Klink
Tatsächlich war die Umsetzung der Show spannend zu sehen. Seapoint hat als recht klassische TV-Produktionsfirma eine fast schon traditionelle Show umgesetzt. Unterstrichen wurde das auch durch die Wahl der Moderatoren: Steven Gätjen führte an der Seite von Selfiesandra (Influencerin, Podcasterin) durch die Sendung, die aber immer wieder einige Besonderheiten hatte. Das ging schon bei der Tatsache los, dass im Hochkant-Format produziert wurde - passend für die Zielgruppe. Das sei nicht nur technisch herausfordernd gewesen, sondern auch in der visuellen Gestaltung, sagt Nina Klink. "Wir wollten das Beste aus beiden Welten vereinen und das Storytelling und die Unmittelbarkeit von TikTok mit der Qualität einer hochwertigen TV-Produktion verbinden."

Dass in den Kommentarspalten von Zuschauerinnen und Zuschauern immer wieder gefragt worden sei, auf welchem Sender die Show laufe, nehmen sowohl Klink als auch Deichmann-Manager Lukas Kaiser als Bestätigung. "Das hat uns gezeigt, dass unser Format mit klassischem TV-Entertainment mithalten konnte", sagt Kaiser gegenüber DWDL.de. Dass es vor allem auf YouTube aber auch Probleme in Form von Bildaussetzern gab, ist allenfalls eine Randnotiz. "Trotz intensiver Proben und sorgfältiger Vorbereitung lassen sich gewisse technische Unwägbarkeiten nicht immer vollständig ausschließen", so Kaiser, der die Störungen auf die Netzwerkauslastung beim Internetanbieter zurückführt und mit der generellen Umsetzung sehr zufrieden war. Die Situation mit den Bildaussetzern sei schnell stabilisiert worden. Die Learnings aus dem Format würden Deichmann auch bei künftigen Live-Formaten von Vorteilen sein, zeigt sich Kaiser sicher.

Die Bildaussetzer waren gleichzeitig auch eine Nagelprobe für die Social-Media-Teams der teilnehmenden Marken - aber nicht nur. Als die Qualität auf YouTube immer schlechter wurde, schaltete sich plötzlich Obi in die Kommentarspalten ein - und bewies so, dass man nicht einmal zwangsläufig an der Show teilnehmen musste, um davon zu profitieren. "Sollen wir euch einen Handwerker ins Backstage schicken?", fragte das Unternehmen. Das ganze wuchs sich in der Folge zu einem größeren Schlagabtausch zwischen verschiedenen Marken aus, was dann auch irgendwie den Reiz der Show ausmachte.

Wichtigster Kanal: Twitch

Den Erfolg von "Beat the Brand" kann man schlecht beziffern - und schon gar nicht mit klassischen TV-Shows vergleichen. Im Schnitt waren über alle Plattformen hinweg nach Angaben von Deichmann rund 20.000 Menschen mit dabei, in der Spitze waren es 25.000. "Der wichtigste Kanal für das Event war Twitch, da das Thema ‘Streaming’ hier besonders beliebt ist und die Community dort stark interagiert. Die hohen Zuschauerzahlen und das große Engagement auf Twitch haben gezeigt, dass unsere Zielgruppe diese Plattform bevorzugt", so Kaiser. Und natürlich war es nicht nur die einzelne Live-Show. Schon im Vorfeld trommelten alle beteiligten Marken für das Event und auch nachher war es noch Teil der Kommunikation. 

Schon im Vorfeld der Show habe man 200 Millionen Views und mehrere Millionen Interaktionen auf unterschiedlichen Social-Media-Kanälen erreicht, heißt es von Deichmann. Und auch im Nachgang erreichten einzelne Videos von "Beat the Brand" etwa auf TikTok Millionen-Reichweiten. Ob es trotz des Erfolges eine Fortsetzung geben wird, ist aktuell unklar. "Eine Live-Show wie ‘Beat the Brand’ ist ein hochkomplexes Format und daher nicht einfach als fester Bestandteil in die regelmäßige Marketingkommunikation zu integrieren. Wir sehen das eher als separate Marketingmaßnahme, die gezielt eingesetzt werden sollte", erklärt Deichmanns Brand-Manager Lukas Kaiser gegenüber DWDL.de. 

"Eine Live-Show wie ‘Beat the Brand’ ist ein hochkomplexes Format und daher nicht einfach als fester Bestandteil in die regelmäßige Marketingkommunikation zu integrieren."
Lukas Kaiser, VP Global Brand Competence Center bei Deichmann


Lukas Kaiser © Deichmann Lukas Kaiser
Bei allen Unternehmen geht es bei aller Euphorie über eine gelungene Marketingmaßnahme natürlich immer in erster Linie darum, die eigene Marke zu stärken. Im Falle von Deichmann ist das vor allem das Verkaufen von Schuhen. Um das Kerngeschäft anzutreiben, blendete das Unternehmen am Ende der Show einen Rabatt-Code für den eigenen Online-Shop an. Wie viele Zuschauerinnen und Zuschauer den genutzt haben, wollte das Unternehmen auf Anfrage nicht verraten. Lukas Kaiser sagte aber, dass die Aktion zu einer "signifikanten Steigerung der Kaufaktivitäten im Online-Shop" beigetragen habe.

Und das trotz der Tatsache, dass Deichmann im Kampf um die Marken-Krone völlig chancenlos blieb. Der Sieg beim "Schlag den Star" der Marken ging an das Team von Kleinanzeigen. Das eigentliche Highlight war und ist aber der Umstand, dass die Beteiligten das Marketing von Unternehmen mit "Beat the Brand" auf eine völlig neue Stufe gehoben wurde. Die Grenzen zwischen Branded Entertainment und klassischem Entertainment sind mittlerweile jedenfalls fließend. 

 

AEOS Werberanking ©

Nachdem es in der Vorwoche gewissermaßen noch zu dem kleinen "Betriebsunfall" gekommen ist, dass die Ferrero-Marke Kinder nicht mehr die reichweitenstärkste Süßigkeiten-Brand im Fernsehen war, stellte man in der vergangenen Woche nun die zuvor gewohnten Verhältnisse wieder her: Kinder fuhr den Werbedruck etwas hoch und ließ Milka damit wieder hinter sich. Zwischen den beiden Schoko-Riesen behauptete sich Shop-Apotheke unverändert auf Rang 2.

Die Belegungsstrategie von Ferrero und Mondelez war dabei weiterhin stark unterschiedlich. Während die Kinder-Produkte recht gleichmüßig auf den Sender der Ad Alliance und von Seven.One Media auftauchten und nennenswert ansonsten vor allem noch RTLzwei in hohem Maße darunter gemischt wurde, konzentrierte Milka sein Werbebudget zum überwiegenden Teil auf die RTL-Sender und RTLzwei und ließ ProSiebenSat.1 weiterhin komplett links liegen. Dafür wurden auch kleinere Sender wie jene von Discovery sowie Welt und Sport1 noch etwas stärker bedacht.

AEOS-Werberanking © All Eyes on Screens

Einen Sprung nach oben machte im Ranking 1&1, das die mit Abstand stärkste Werbewoche des Jahres hinter sich hat und mit einer Bruttoreichweite von über 720 XRP bis auf Rang 5 im Marken-Ranking nach vorne preschte. Ganz langsam ansteigend ist auch das TV-Engagement von Volkswagen. Mit 410 XRP war es die bislang bruttoreichweitenstärkste Werbewoche in diesem Jahr, trotzdem lag man aber noch knapp hinter der Top 20 - und war damit im Fernsehen auch schon sichtbarer als jede andere Automarke.

Das Werberanking kurz erklärt

All Eyes On Screens (früher: AdScanner) stellt für das Ranking eine Liste aller in der vergangenen Woche im deutschen TV ausgestrahlten Werbespots zusammen und ermittelt für diese die in Summe erzielte Reichweite in den gemessenen Vodafone-Haushalten. Da hier die sekundengenaue Reichweite statt der bislang branchenüblichen Werbeinselreichweite als Grundlage dient, spricht All Eyes On Screens von XRP (Exact Rating Points). Da es sich um Brutto-Reichweiten handelt, werden dafür die Einzel-Reichweite jeder Ausstrahlung aufaddiert. Zur Veranschaulichung: Läuft ein Spot zehn Mal und erreicht dabei jeweils fünf Prozent der gemessenen Vodafone-Haushalte, ergibt das für die gesamte Woche 50 XRP - auch wenn es immer die gleichen fünf Prozent gewesen wären.