Es gab mal eine Zeit im deutschen Fernsehen, da galten Influencer bzw. Creator als Heilsbringer. Es erwies sich jedoch als frommer Wunsch, hohe Reichweiten nur damit zu erzielen, indem man aus dem Netz bekannte Persönlichkeiten in TV-Formate presst. Heute ist die Bandbreite größer: Influencer werden durchdachter in TV-Formate eingebunden, es werden gänzlich neue Distributionswege gesucht (wie zum Beispiel bei "7 vs. Wild" oder diversen Formaten von und mit Jens "Knossi" Knossalla") oder die Creator werden recht klassisch als Werbebotschafter gebucht. Bei vielen großen Produktionen sind Creator heute eingebunden, sei es auf die eine oder andere Art und Weise. 

Davon wollen auch Produktionsfirmen profitieren. Die Banijay-Gruppe etwa ist bereits seit 2022 bei einem Wiener Start-up für die Vermittlung von Creator und Marken investiert. 47 Prozent an der influence.vision hält Banijay aktuell. Das Unternehmen, hinter dem die beiden Gründer Branko Markovic und Florian Bösenkopf stehen, hat es sich in den vergangenen Jahren zum Ziel gesetzt, Influencer und Marken auf einer eigens dafür entwickelten Plattform miteinander zu vernetzen. Über den virtuellen Marktplatz können Creator verschiedenen Unternehmen sich und ihre Ideen pitchen, Vertragsabschluss, Briefing, Rechnungsstellung und Performance-Messung laufen ebenfalls darüber. 

influence.vision will der Ort sein, an dem alle strategisch wichtigen Punkte des Influencer Marketings zusammenkommen. Zuletzt hatte man aber auch eine Agentur-Division an den Start gebracht, die immer mehr gewachsen ist. "Viele KundInnen wünschen sich nicht nur ein übersichtliches und leistungsfähiges Tool, sondern auch strategische Beratung und operative Unterstützung bei ihren Kampagnen", sagt Branko Markovic im Gespräch mit DWDL.de. Daher hat sich influence.vision kürzlich einem Relaunch unterzogen und hört nun auf den Namen influence.vision agency. Damit mache man klar, dass man beides könne, so Markovic. "Die Kombination aus Technologie und Service macht uns heute so international und skalierbar, dass wir länderübergreifende Kampagnen global steuern können – mit Struktur, Klarheit und Reichweite." Weil man mittlerweile verstärkt auf internationale Kunden schielt, ist die neue Webseite in englischer Sprache. 

Tatsächlich ist influence.vision agency schon bei einigen großen Unternehmen und Marken in internationale Kampagnen eingebunden gewesen, zu den Kunden zählen unter anderem Volkswagen, Samsung oder auch C&A. Innerhalb des Banijay-Konzerns versucht man aber auch, Synergien mit influence.vision zu heben, wenn es um eigene TV-Produktionen geht. So hat Endemol Shine Germany über influence.vision eine Kampagne zum Start einer früheren "Kitchen Impossible"-Staffel gebucht. Dabei haben sich Influencer in verschiedenen Kochchallenges herausgefordert und diverse "Kitchen Impossible"-Rezepte neu interpretiert. So wollte man gezielt Reichweite in digitalen Zielgruppen schaffen und diese auf das Format aufmerksam machen. 

Wachstumsfeld Creator Economy

"Influencer Marketing ist eine attraktive Ergänzung unseres Kerngeschäftes", sagt Marcus Wolter, CEO von Banijay Germany gegenüber DWDL.de. Im Mittelpunkt des Banijay-Business’ steht zwar nach wie vor die Produktion von verschiedenen Inhalten, drum herum hat man in den zurückliegenden Jahren aber verschiedene Geschäftsfelder aufgebaut, vom Live-Business und einer Künstleragentur bis hin zur Vermarktung. "Die Creator Economy ist der nächste, stark wachsende Baustein." Von den beiden influence.vision-Gründern sei er "absolut überzeugt", sagt Wolter. Der Banijay-CEO: "Sie verbinden technologische Exzellenz und Unternehmertum mit dem Talent, messbaren Mehrwert für Marke und Creator zu schaffen. [...] Sie haben das Potential den Markt der Creator Economy aufzurollen." 

Marcus Wolter, Florian Bösenkopf, Branko Markovic © Steffen Z. Wolff Marcus Wolter mit den beiden influence.vision-Gründern Florian Bösenkopf (rechts), Branko Markovic (Mitte)

Durch den Relaunch und die Expansion hin zu einer Art Full-Service-Agentur will influence.vision auch in den kommenden Jahren wachsen - und zur ersten Adresse in Sachen Influencer Marketing werden. Da will auch Banijay verstärkt mit dabei sein. Gegenüber DWDL.de kündigt Marcus Wolter an, die am Unternehmen gehaltene Beteiligung noch in diesem Jahr weiter aufstocken zu wollen. Beim Einstieg im Jahr 2022 investierte Banijay einen nicht näher bezifferten, siebenstelligen Betrag in das Start-up. 

Das Wiener Unternehmen zeigt sich zufrieden mit den deutschen Investoren. "Banijay bringt nicht nur starke Inhalte, enorme mediale Reichweite und ein tiefes Verständnis für Entertainment mit – sondern auch die Offenheit, neue Wege in der Creator Economy zu gehen. Diese Kombination aus klassischem Medien-Know-how und digitaler Content-Creation ist selten – und genau deshalb so wertvoll", sagt Florian Bösenkopf gegenüber DWDL.de. Gemeinsam könne man so neue Formate entwickeln und "das Beste aus beiden Welten verbinden". 

"Banijay bringt nicht nur starke Inhalte, enorme mediale Reichweite und ein tiefes Verständnis für Entertainment mit – sondern auch die Offenheit, neue Wege in der Creator Economy zu gehen."
Florian Bösenkopf, Gründer und Geschäftsführer influence.vision


Als größte Herausforderung im Influencer Marketing bezeichnet Bösenkopf die gestiegenen Erwartungen - einerseits des Publikums, aber auch der Marken. "Authentizität ist der Schlüssel. Creator, die Inhalte veröffentlichen, hinter denen sie nicht wirklich stehen, verlieren schnell an Glaubwürdigkeit", sagt er. Gleichzeitig wachse der Anspruch, Erfolge klar und messbar zu machen. "Es reicht längst nicht mehr, nur Views oder Likes zu zählen. Marken fragen heute: Was bringt es wirklich? – in Sales, Leads oder Markenwirkung." Man fokussiere sich daher darauf, nachhaltige Beziehungen zwischen Influencern und Marken zu schaffen. 

"Für alle Beteiligten ein interessantes und lukratives Modell"

Heilsbringer für das Fernsehen waren und sind Creator also nicht - das würde auch Marcus Wolter so unterschreiben. "Die wenigsten Fans eines Creators wünschen sich diesen im Fernsehen und die Fernsehzuschauer wünschen sich Künstlerinnen und Künstler die sie, unabhängig von deren Social Media Reichweite, auf Strecke gut unterhalten können." Nur sehr wenige Creator, die das außerordentlich gut können und wollen, würden eine plattformübergreifende Karriere schaffen, so der Banijay-CEO. "Interessanter finde ich gezielte Distributions-Strategien mit der Creator Szene zu stricken." Da hat Banijay in den vergangenen Jahren einiges ausprobiert, allen voran mit Knossi. Dessen eigene "Promi Big Brother"-Edition startete 2023, erst vor wenigen Wochen wurde "Mission Unknown: Atlantik" veröffentlicht. 

"Wir bringen starke Formate mit Top Creatorn zusammen, binden ausgewählte Marken ein, nutzen die Reichweite der Creator indem wir ihre Kanäle bespielen und lizenzieren die Show anschließend oder im Laufe der Produktion an einen Sender oder Streamer. Das setzt unsere Risikobereitschaft voraus - am Ende ist es aber für alle beteiligten Partner ein interessantes und lukratives Modell und weit weg von dem Versuch, Influencer vor eine Fernsehkamera zu stellen, um ein Quiz zu moderieren", so der Banijay-Chef. Inzwischen versuchen sich aber immer mehr Produktionsfirmen in diesem Bereich. Das jüngste Format von Knossi, das "Beerdigungs"-Experiment "Deep Down - Die Vergrabenen", ist von i&u TV produziert worden. 

News der Woche

Bei der Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM) kommt es zu einigen Veränderungen im Vorstand. So haben die Mitglieder der OWM jetzt turnusgemäß einen neuen Vorstand für die Zeit bis 2028 berufen, der besteht auch aus mehreren neuen Mitgliedern. Wer den Vorstandsvorsitz übernehmen wird, entscheidet sich bei der Wahl am 20. Mai. Fest steht: Uwe Storch, im Hauptberuf eigentlich Head of Media bei Ferrero Deutschland, wird es nicht. Er ist satzungsgemäß als Vorsitzender aus der OWM ausgeschieden. "Nach 15 Jahren intensiver Unterstützung der OWM, zuletzt in zwei Wahlperioden als Vorsitzender, freue ich mich, den Staffelstab weitergeben zu dürfen. Es erfüllt mich mit tiefem Stolz und großer Dankbarkeit, dass wir gemeinsam mit der engagierten Geschäftsführerin, dem OWM Team und dem Vorstand die OWM als DIE Stimme der Werbetreibenden am Markt fest etablieren konnten", sagt Storch.  

Zu seinem Abschied aus der Organisation verweist Uwe Storch noch einmal auf einige Erfolge, die man in den vergangenen Jahren habe verbuchen können. So sei die Zahl der Mitglieder gewachsen und man habe den OWM Summit etabliert. In enger Abstimmung mit dem Markenverband, dem ZAW, den Mediaagenturen und den Publishern habe man zudem ein "völlig ungeeignetes Werbeverbot im Bereich Lebensmittelwerbung" abwenden können. Er wolle der OWM eng verbunden bleiben, so Storch weiter.

 

AEOS Werberanking ©

Nachdem Shop-Apotheke seit Mitte April werbetechnisch quasi gar nicht mehr in den Werbeblöcken der TV-Sender präsent war, hat das Unternehmen seinen Werbemotor jetzt wieder angeworfen. 1.263 Spots sind in der vergangenen Woche gelaufen, das sorgte für eine Bruttoreichweite in Höhe von 678 XRP - das bedeutete Platz zwei im Marken-Ranking von All Eyes on Screens. Nur McDonald's erreichte noch etwas mehr - benötigte dafür aber auch viel mehr Spots. Die meisten Schaltungen von Shop-Apotheke entfielen auf RTLzwei, Sat.1 und Home & Garden TV. 

Procter & Gamble hat es in der zurückliegenden Wochen mit gleich sechs Marken in die Top 25 geschafft, die reichweitenstärkste Marke des Konzerns war Oral-B mit 442 XRP. Mit toom und Bauhaus befinden sich außerdem zwei Baumarkt-Ketten im Ranking der erfolgreichsten Marken der Woche. toom schaffte mit 600 Spots eine Bruttoreichweite in Höhe von 309 XRP, Bauhaus warb zwar häufiger, erzielte aber nur 299 XRP. 

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Das Werberanking kurz erklärt

All Eyes On Screens (früher: AdScanner) stellt für das Ranking eine Liste aller in der vergangenen Woche im deutschen TV ausgestrahlten Werbespots zusammen und ermittelt für diese die in Summe erzielte Reichweite in den gemessenen Vodafone-Haushalten. Da hier die sekundengenaue Reichweite statt der bislang branchenüblichen Werbeinselreichweite als Grundlage dient, spricht All Eyes On Screens von XRP (Exact Rating Points). Da es sich um Brutto-Reichweiten handelt, werden dafür die Einzel-Reichweite jeder Ausstrahlung aufaddiert. Zur Veranschaulichung: Läuft ein Spot zehn Mal und erreicht dabei jeweils fünf Prozent der gemessenen Vodafone-Haushalte, ergibt das für die gesamte Woche 50 XRP - auch wenn es immer die gleichen fünf Prozent gewesen wären.