Gerade erst haben sowohl ProSiebenSat.1 als auch die RTL Group ihre Geschäftszahlen für das erste Quartal veröffentlicht. Beide Unternehmen eint, dass sie nun schon seit geraumer Zeit unter sinkenden Werbeeinnahmen bei ihren klassischen, margenstarken TV-Sendern leiden. So war es auch in den ersten Monaten des Jahres. Und die neuesten Brutto-Zahlen des Marktforschers Nielsen machen keine wirklichen Hoffnungen auf eine Erholung bei den TV-Vermarktern.
Im Gegenteil: Die Brutto-Werbespendings im Bereich TV lagen im April bei 1,24 Milliarden Euro, das waren 2,1 Prozent weniger als im April des vergangenen Jahres. Das ist auch deshalb so dramatisch, weil die TV-Vermarkter das relativ schwache erste Quartal unter anderem mit dem Ostergeschäft erklärten, dass vor einem Jahr noch in den März fiel. In diesem Jahr fiel Ostern in den April. Nicht einmal mit diesem Ostergeschäft schaffte das Fernsehen, die Brutto-Werbeeinnahmen aus dem vergangenen Jahr zu halten. Für die Netto-Einnahmen verheißt das in der Regel nichts Gutes.
Und dennoch: Im April lagen die Brutto-Werbeeinnahmen über alle Gattungen hinweg bei 2,70 Milliarden Euro, das entspricht einem Plus in Höhe von 1,7 Prozent. Dass sich der Gesamtmarkt so gegensätzlich zum Fernsehen entwickelt, ist überraschend - auch, weil TV die mit Abstand größte Gattung in der Nielsen-Werbestatistik ist. Im April lief es vor allem für die Zeitungen richtig gut. Hier legten die Brutto-Werbeeinnahmen um 18,9 Prozent auf rund 526 Millionen Euro zu. Profitiert haben die Zeitungen von - na klar - den Oster-Kampagnen der werbungtreibenden Unternehmen. Auf das ganze Jahr gesehen liegen die Zeitungen aktuell bei +7,3 Prozent, während TV bei -1,2 Prozent steht.
Bei einem dicken Plus stehen Year-to-Date jeweils auch das Radio (+6,3 Prozent) und der Bereich Out of Home (+15,2 Prozent), wobei beide Gattungen sehr von ihrem starken Start ins Jahr zehren. Während die Brutto-Werbespendings bei Out of Home aber auch im April noch um 7,9 Prozent über denen des Vorjahres lagen, waren es beim Radio nur noch 0,2 Prozent. Das Kino legte im April 28,5 Prozent zu, spielt in der Gesamtbetrachtung des Marktes aber kaum eine Rolle. Zwischen Januar und April setzten die Kinos in Deutschland mit Werbung brutto rund 33,6 Millionen Euro um.
Die Mediengattung mit den größten Verlusten ist aktuell der gesamte Online-Bereich (Werbespendings im Bereich Suche, YouTube und Social Media wie immer ausgenommen). Mit 340 Millionen Werbeeinnahmen im April lief es 6,4 Prozent schlechter als im April 2024, auf Jahressicht liegt das Minus mittlerweile auch schon bei 5,3 Prozent. Das dürfte wohl vor allem Webseiten von Verlagen treffen, die auf das Geschäftsmodell Journalismus setzen. Dass die Verlage mit ihren Zeitungen gerade so etwas wie einen zweiten Frühling erleben, dürfte die Schmerzen an dieser Stelle aber zumindest lindern.
Wie immer gilt es bei den Nielsen-Zahlen zu berücksichtigen, dass hier die Listenpreise zugrunde gelegt werden und Rabatte, Eigenanzeigen und Tauschgeschäfte nicht berücksichtigt sind. Die tatsächlichen Einnahmen etwa der TV-Sender sind teils deutlich geringer. Dennoch sind die Nielsen-Zahlen ein Indikator für die grundsätzliche Entwicklung des Marktes.
Nachdem die Supermärkte und Discounter Anfang Mai noch sehr umtriebig in Sachen TV-Werbung unterwegs waren, haben einige der Unternehmen ihre Aktivitäten in der vergangenen Woche merklich zurückgefahren. Sowohl Rewe als auch Kaufland warben deutlich weniger oft und erreichten dementsprechend auch weniger Bruttoreichweite. Edeka, in der Vorwoche noch auf Platz 6 der reichweitenstärksten Marken, verpasste in der vergangenen Woche mit 256 XRP den Einzug in die Top 25 sehr deutlich.
Neu mit im Ranking ist dafür Aldi: Der Discounter warb in der zurückliegenden Woche 725 Mal in den Werbeblöcken der TV-Sender, am häufigsten liefen Spots bei Home & Garden TV, DMAX und Vox. Die recht hohe Anzahl an Spots bei kleineren Sendern erklärt dann auch die Bruttoreichweite in Höhe von 338 XRP. Lidl schaltete etwas mehr als 1.100 Spots und kam damit auf 521 XRP - im Vergleich zur Vorwoche ist das ein moderates Plus. Die reichweitenstärkste Marke im TV war derweil Shop-Apotheke mit 817 XRP, insgesamt liefen 1.377 Spots in den Werbeblöcken.
Das Werberanking kurz erklärt
All Eyes On Screens (früher: AdScanner) stellt für das Ranking eine Liste aller in der vergangenen Woche im deutschen TV ausgestrahlten Werbespots zusammen und ermittelt für diese die in Summe erzielte Reichweite in den gemessenen Vodafone-Haushalten. Da hier die sekundengenaue Reichweite statt der bislang branchenüblichen Werbeinselreichweite als Grundlage dient, spricht All Eyes On Screens von XRP (Exact Rating Points). Da es sich um Brutto-Reichweiten handelt, werden dafür die Einzel-Reichweite jeder Ausstrahlung aufaddiert. Zur Veranschaulichung: Läuft ein Spot zehn Mal und erreicht dabei jeweils fünf Prozent der gemessenen Vodafone-Haushalte, ergibt das für die gesamte Woche 50 XRP - auch wenn es immer die gleichen fünf Prozent gewesen wären.