Die Bombe platzte am vergangenen Freitag: Kurz nach 8 Uhr in der Früh informierte RTL Deutschland über das Vorhaben, Sky Deutschland übernehmen zu wollen (DWDL.de berichtete). Die Kommunikation aus Köln in der ersten Pressemitteilung sowie in weiteren Interviews von CEO Stephan Schmitter oder auch Bertelsmann-Boss Thomas Rabe war sorgsam abgestimmt. Von der "Diversifizierung der Erlösströme" war die Rede. Und davon, dass man nach einem solchen Deal "auf Augenhöhe" mit den größten US-amerikanischen Streamingdiensten liege - sowohl bei den zahlenden Abonnenten als auch bei den Streaming-Umsätzen. 

Immer wieder wurden die Unterschiede von RTL und Sky betont: Hier die starke Free-TV-Gruppe mit hohen TV-Werbeumsätzen, da der Pay-TV-Konzern, der seine Umsätze vor allem aus den Abo-Gebühren seiner Kundinnen und Kunden generiert. Mit keinem einzigen Wort war in der Pressemitteilung von den Veränderungen in der Werbung die Rede, die der Deal mit sich bringen würde. Diese Kommunikation war kein Zufall, RTL will damit wohl den Grundton setzen in den Gesprächen, die man nun mit den zuständigen Wettbewerbs- und Medienkonzentrationsbehörden führen wird. 

An dieser Front gab es für die RTL Group zuletzt immer wieder Rückschläge. So rückte man Ende 2024 von dem Plan ab, mit der Ad Alliance die Vermarktung von RTLzwei zu übernehmen. Auch die Übernahme des Kindersenders Nickelodeon durch RTL Deutschland klappte nicht. International scheiterte man vor einigen Jahren mit dem Plan, die französische Gruppe M6 mit TF1 zu fusionieren, auch in den Niederlanden scheiterte man mit dem Versuch, RTL Nederland und Talpa Network zusammenzuführen. Mittlerweile ist RTL Nederland verkauft worden (DWDL.de berichtete). 

Sky ist ein Werbe-Schwergewicht, aber anders als RTLzwei

Diesmal soll es anders werden und die Verantwortlichen geben sich - wie bereits in der Vergangenheit - optimistisch. Und tatsächlich hat RTL gute Argumente auf seiner Seite, aber gerade die jüngste Entscheidung bezüglich der Werbevermarktung von RTLzwei weckt auch Zweifel. Hier rückten die Unternehmen von ihren Plänen ab, weil das Bundeskartellamt keinen Spielraum für ein entsprechendes Projekt sah. RTL und die Ad Alliance hätten aus dessen Sicht durch die Übernahme der RTLzwei-Vermarktung zu viel Macht auf dem Markt der Bewegtbild-Werbung gehabt. 

Es ist gut möglich, dass sich die Wettbewerbshüter im Fall der geplanten Sky-Übernahme diesen Punkt auch ganz genau ansehen werden. Sky erzielt einen Großteil seiner Einnahmen zwar über Abonnements, ist aber natürlich auch in der Werbevermarktung aktiv - und das gar nicht mal so unerfolgreich. Die Bruttowerbeeinnahmen von Sky lagen laut den Marktforschern von Nielsen zwischen Januar und Mai dieses Jahres bei rund 250 Millionen Euro. RTLzwei kam auf rund 312 Millionen Euro. Das ist gar nicht mal so viel Unterschied, auch wenn es bei diesen Zahlen einiges zu beachten gilt. Erst einmal sind es Brutto-Zahlen - und bei Sky sind außerdem noch Drittsender enthalten, die man vermarktet, wenngleich die eigenen Sender den Großteil der Einnahmen ausmachen dürften.

Die bislang eigenständige Vermarktungseinheit Sky Media kümmert sich aktuell auch noch um die Vermarktung von verschiedenen Kleinstsendern. So lassen sich etwa diverse Sender von High View (u.a. Deluxe Music), Mainstream Media (u.a. Heimatkanal und Romance TV) oder auch Hearst (The History Channel und Crime + Investigation) von Sky Media vermarkten. Auch für die Vermarktung der discovery+ App ist Sky Media zuständig. Für sie alle hätte die Sky-Übernahme durch RTL also ebenfalls weitreichende Konsequenzen, denn über kurz oder lang würden sie in der Vermarktung wohl unter das Dach der Ad Alliance kommen. Entsprechende Planungen von RTL sind schon sehr konkret.  

Ad Alliance würde Sky-Vermarktung übernehmen

"Es liegt nahe, dass die AdAlliance die Vermarktung übernimmt", heißt es von RTL gegenüber DWDL.de auf die Frage, wer im Falle der Freigabe künftig die Sky-Sender vermarktet. Ähnlich hatte sich zuvor auch schon RTL-CEO Stephan Schmitter in Interviews geäußert. In der Vermarktung könnte man so wohl auch einen Teil der 250 Millionen Euro an Synergien heben, die man bei RTL ausgemacht hat und die innerhalb von drei Jahren nach der Freigabe des Deals gehoben werden sollen. 

Nun sind die Behörden am Zug - und diese Prüfung dürfte die gesamte Branche mit Spannung verfolgen. Erst vor wenigen Tagen hat das Bundeskartellamt den sogenannten Fallbericht rund um die Prüfung der RTLzwei-Vermarktung durch die Ad Alliance veröffentlicht. Dort gibt es Argumente, die man jetzt auch auf den neuen Fall anwenden kann. Dort wurde nicht unterschieden zwischen Free- und Pay-Sendern. Generell hieß es, für den Werbemarkt hätten lineare TV-Angebote nach wie vor eine große eigenständige Bedeutung - trotz der verstärkten Aktivitäten der großen US-Streamingdienste in diesem Bereich. "Es gab gute Argumente, weiterhin von einem separaten TV-Werbemarkt auszugehen", heißt es in dem Bericht. Das würde eher gegen eine Sky-Übernahme durch RTL ohne Auflagen sprechen. Möglich wäre es aber beispielsweise, dass die Behörden RTL dazu verdonnern, Sender oder Vermarktungsmandate abzugeben. Zum Deal gehören unter anderem auch die Sender von NBC Universal Global Networks Deutschland, also Syfy, 13th Street und Universal TV (DWDL.de berichtete). 

Es gibt aber auch Teile des Berichts, die sich in die andere Richtung auslegen lassen. "Zugleich hat sich RTLzwei im Rahmen der Ermittlungen als weiterhin sehr aktiver Wettbewerber herausgestellt, dem im Bereich der privaten TV-Anbieter allenfalls noch Warner Bros. Discovery und Paramount näher kommen", heißt es. An dieser Stelle verweist das Bundeskartellamt auf die Tatsache, dass diese Unternehmen auf verschiedene, kleinere Sender setzen - während RTLzwei als Einzelangebot buchbar sei. Mal abgesehen davon, dass das Bundeskartellamt Sky hier unerwähnt lässt: Auch hier verteilen sich die Werbeeinnahmen auf eine Vielzahl von Sendern. 

"Um uns herum werden die großen globalen Plattformen immer stärker, bauen ihre Angebote aus und schöpfen mit werbebasierten Angeboten in unserem Markt Gelder ab. [...] Ich bin zuversichtlich, dass auch die Politik inzwischen ein Gefühl dafür entwickelt hat, dass wir eine Offensive aus Deutschland heraus brauchen."
RTL-CEO Stephan Schmitter


Das Bundeskartellamt wird im Falle der geplanten Sky-Übernahme durch RTL Deutschland aber wohl ohnehin nichts mitzureden haben. RTL-CEO Stephan Schmitter kündigte an, das Vorhaben bei den europäischen Kartellbehörden einzureichen. Zuständig wäre in diesem Fall die EU-Kommission. Hinzu kämen dann noch einzelne, nationale Behörden, die die Auswirkungen auf die Medienvielfalt oder das mögliche Vorliegen einer vorherrschender Meinungsmacht prüfen würden, in Deutschland etwa die KEK. 

RTL-Chancen auf EU-Ebene wohl größer

Ausschlaggebend wird für RTL wohl das, was in Brüssel entschieden wird. Hier gibt es einen Informationsaustausch mit dem Bundeskartellamt. Die gute Nachricht für RTL: Die EU-Kommission kann sich über frühere Entscheidungen der deutschen Behörde hinwegsetzen, weil bestimmte Punkte anders bewertet werden. Sollte die EU-Kommission feststellen, dass der Deal einen erheblichen Schwerpunkt auf einem Land hätte, würde es das Vorhaben wohl an das Bundeskartellamt zurückverweisen. Davon ist in diesem Fall eher nicht auszugehen, weil neben Deutschland ja auch Österreich und die Schweiz sowie Luxemburg, Liechtenstein und Südtirol betroffen sind. 

Für RTL sind das gute Nachrichten: Auf EU-Ebene sind die Chancen, grünes Licht zu bekommen, mutmaßlich höher. Auch das Bundeskartellamt hatte sich bei der Prüfung des Wechsels der RTLzwei-Vermarktung zwar nicht nur isoliert mit dem linearen TV-Fernsehmarkt beschäftigt, sondern den Big Screen als ganzes betrachtet. Einen Kipppunkt im Bereich der Bewegtbildvermarktung zugunsten der Anbieter digitaler, nicht-linearer Flächen habe man Ende 2024 aber nicht erkennen können. Die EU-Kommission könnte die bestehenden Argumente (Werbung wandert immer mehr zu US-Plattformen ab) anders bewerten. Und dann hat sich die Situation in den vergangenen rund sechs Monaten ja auch noch einmal verschärft: Die großen US-Streamer bauen Werbung in ihren Diensten immer weiter aus, von den anderen großen Tech-Plattformen ganz zu schweigen. 

Stephan Schmitter © RTL / Anne Werner Stephan Schmitter
"Um uns herum werden die großen globalen Plattformen immer stärker, bauen ihre Angebote aus und schöpfen mit werbebasierten Angeboten in unserem Markt Gelder ab. Wenn wir in die USA schauen, dann ist der stärkste Streamingservice YouTube, also kein klassisches Medienhaus. Dazu das riesige Social Media-Universum. Ich bin zuversichtlich, dass auch die Politik inzwischen ein Gefühl dafür entwickelt hat, dass wir eine Offensive aus Deutschland heraus brauchen. Ein weiterer Aspekt ist, dass es hier um sehr unterschiedliches Business geht: Wir haben ein stark werbebasiertes Geschäftsmodell, Sky ein stark abobasiertes Geschäft", erklärte RTL-CEO Stephan Schmitter im DWDL.de-Interview seinen Optimismus in Bezug auf die Freigabe des Sky-Deals

Thomas Rabe © Bertelsmann/RTL Thomas Rabe
Bei RTL kennt man sich mit langwierigen Freigabeprozessen aus. Insofern ist es ambitioniert, dass man davon ausgeht, bereits im kommenden Jahr die Freigabe zu erhalten. So oder so: Die Kommunikation in Richtung der Behörden hat bereits begonnen. Bertelsmann-Boss Thomas Rabe erklärte noch am Freitag gegenüber Reuters, dass ein möglicher Zusammenschluss mit ProSiebenSat.1 jetzt vom Tisch sei - einen solchen hatte er immer wieder selbst zur Sprache gebracht. Sky sei die bessere Alternative, so Rabe. "Eine weitere Konsolidierung für uns auf dem deutschen Markt ist nicht erforderlich und würden wir auch nicht anstreben." Auch diesen Satz kann man vor allem als Zeichen an die Behörden lesen. 

 

AEOS Werberanking ©

Die Ferrero-Marke Kinder hat auch in der zurückliegenden Woche ihren Platz an der Spitze des Markenrankings verteidigt. Mit 1.138 XRP ist sie die reichweitenstärkste Marke der gesamten Woche gewesen, dahinter folgte, wie schon in den sieben Tagen davor, Milka mit 905 XRP. Erneut lag Kinder vor Milka, obwohl Ferrero weniger Spots schaltete als Mondelez. Noch etwas mehr Spots als die beiden Süßigkeiten-Marken ließ der Second-Hand-Händler Vinted schalten, die liefen aber vor allem auf kleineren Sendern, dennoch reichte es zu 821 XRP und Platz drei im Ranking. 

Mal wieder sehr präsent im Ranking ist Procter & Gamble, der Konsumgüter-Konzern schaffte es in der vergangenen Woche mit gleich sieben Marken in die Top 25. Lenor, Pampers, Oral-B, Febreze, Gillette und Swiffer sind Marken, die immer wieder einen Platz im Ranking ergattern. Diesmal gehörte darüber hinaus auch Antikal zu den reichweitenstärksten Marken. 403 Spots sorgten hier für eine Bruttoreichweite in Höhe von 357 XRP. Über alle Marken hinweg schaltete Procter & Gamble letzte Woche mehr als 6.000 Spots. Laut All Eyes on Screens lagen die Brutto-Werbespendings dafür bei fast 40 Millionen Euro. Tatsächlich dürfte Procter & Gamble als größter Werber im deutschen TV deutlich weniger gezahlt haben. 

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Das Werberanking kurz erklärt

All Eyes On Screens (früher: AdScanner) stellt für das Ranking eine Liste aller in der vergangenen Woche im deutschen TV ausgestrahlten Werbespots zusammen und ermittelt für diese die in Summe erzielte Reichweite in den gemessenen Vodafone-Haushalten. Da hier die sekundengenaue Reichweite statt der bislang branchenüblichen Werbeinselreichweite als Grundlage dient, spricht All Eyes On Screens von XRP (Exact Rating Points). Da es sich um Brutto-Reichweiten handelt, werden dafür die Einzel-Reichweite jeder Ausstrahlung aufaddiert. Zur Veranschaulichung: Läuft ein Spot zehn Mal und erreicht dabei jeweils fünf Prozent der gemessenen Vodafone-Haushalte, ergibt das für die gesamte Woche 50 XRP - auch wenn es immer die gleichen fünf Prozent gewesen wären.