Es gibt einige ikonische Marken, die sich ins kollektive Gedächtnis der Menschen eingefräst haben. Die lila Kuh gehört definitiv dazu, bis heute ziert sie die Schokoladentafeln von Milka. So eine Bekanntheit will gepflegt werden, Milka-Mutterkonzern Mondelez setzt daher jeher stark auf TV-Werbung. Im vergangenen Jahr rangierte Milka hinter Lenor, Kinder und McDonalds auf Platz vier der reichweitenstärksten Marken in den Werbeblöcken der deutschen TV-Sender (DWDL.de berichtete). 

Und Mondelez investiert auch in diesem Jahr kräftig: Zwischen Januar und Anfang August sind rund 30.000 Milka-Spots über die Bildschirme geflimmert, das hat eine Auswertung der Werbedaten von All Eyes on Screens ergeben, die DWDL.de durchgeführt hat. Brutto lagen die Werbekosten für den Konzern damit bei fast 50 Millionen Euro - und das alleine für die Marke Milka. Netto dürfte Mondelez aufgrund von Rabatten weniger gezahlt haben. So oder so ist richtig: Kein Cent landete dabei in den Taschen von Seven.One Media. Auf den Sendern der Seven.One Entertainment Group war in diesem Jahr bislang kein einziger Milka-Spot von Mondelez zu sehen. 

Das ist kein Zufall: Auch im Jahr 2023 boykottierte Milka ProSiebenSat.1 vollständig, 2024 entfielen etwa 0,5 Prozent der mehr als 60.000 Milka-Spots auf ProSieben, Sat.1 oder Kabel Eins. Alleine bei RTL waren es in diesem Zeitraum rund 7 Prozent. Im laufenden Jahr vereinen die Sender der Ad Alliance mehr als die Hälfte aller Milka-Schaltungen auf sich, auch RTLzwei, noch vermarktet durch El Cartel, ist häufig belegt. Der Rest teilt sich auf die WBD-Sender, Sport1, Visoon (Welt, N24 Doku, Comedy Central) und Sky auf. 

Und es ist längst nicht nur die Marke Milka: Mondelez insgesamt meidet die Sender von ProSiebenSat.1. Zum Konzern gehören unter anderem auch noch Mikado, Oreo, Philadelphia und Tuc. Auch diese Marken wurden im Laufe dieses Jahres noch nie bei ProSiebenSat.1 beworben. Die mehr als 46.000 ausgestrahlten Spots haben Mondelez brutto mehr als 70 Millionen Euro gekostet. 

Milka-Eis als Sonderfall

Über einen Umweg findet die Marke Milka trotz des ProSiebenSat.1-Boykotts von Mondelez übrigens doch immer wieder ihren Weg zu den Sendern. Werbung für das Milka-Eis ist nämlich durchaus bei ProSieben, Sat.1 und Kabel Eins zu sehen. Warum? Hier entscheidet nicht Mondelez, sondern Froneri. Das Unternehmen ist vor einigen Jahren als Joint Venture von Nestles Eissparte und des britischen Speiseeis-Herstellers R&R Ice Cream gestartet.

Froneri darf das Milka-Eis vertreiben, weil Mondelez entsprechende Lizenzrechte eingeräumt hat. Während Mondelez also die Marke liefert, hat es bei der Vermarktung nichts mitzureden - und hier fährt Froneri eine erkennbar andere Strategie. Mit insgesamt knapp 4.000 Spots für das Milka-Eis in diesem Jahr ist das Investment aber vergleichsweise überschaubar. Davon entfallen aber mehr als 30 Prozent auf die Sender von ProSiebenSat.1. 

Geht's nur um Rabatte? 

Doch wieso macht speziell Mondelez einen Bogen um die privaten TV-Sender aus Unterföhring? DWDL.de hätte gerne mit einem Vertreter von Mondelez darüber, aber auch über die grundsätzliche Werbestrategie des Konzerns, gesprochen. Auf Anfrage meldet sich jedoch eine PR-Agentur, die mitteilt, man könne sich dazu aktuell nicht äußern. Also nicht einmal zur Frage, wieso Mondelez so stark auf TV-Werbung setzt.

Im Markt ist die Unwucht auch schon aufgefallen. Das ist nicht weiter verwunderlich, die meisten großen Werbekunden streuen ihre Kampagnen möglichst breit, um so eine hohe Nettoreichweite zu erzielen. Das geht naturgemäß besser, wenn man unterschiedliche Sender belegt. Da fällt es auf, wenn es ein großer Werbekunde bewusst anders macht. Es gibt aber durchaus auch Gründe, das Media-Budget auf einen Haupt-Sender bzw. eine Gruppe zu fokussieren. Das Zauberwort hier heißt: (Volumen-)Rabatte. Der Verweis darauf kommt von Branchen-Experten gegenüber DWDL.de immer wieder. 

Die Rabatte sind in den zurückliegenden Jahren immer wieder Thema in der Branche gewesen, weil sie teils exzessiv vergeben wurden, sodass es zeitweise so schien, als seien Listenpreise nichts weiter als ein grober Richtwert. Im Fall von Mondelez und Milka liegt nun die Vermutung nahe, dass ein Großteil des Werbebudgets bei der Ad Alliance gebündelt wurde, um dort ein paar Prozentpunkte Rabatt mehr zu erhalten. 

Negativ-Preis für Milka-Aktion

Hier spielt auch die Tatsache mit rein, dass auch die Werbekunden aktuell verstärkt auf jeden Euro achten, den sie ausgeben. Die deutschen TV-Vermarkter spüren das schon seit einiger Zeit, die Werbekrise ist allgegenwärtig und macht sich auch in den Geschäftszahlen von RTL Group und ProSiebenSat.1 bemerkbar. Diese Vorsicht trifft nicht zuletzt auch auf Milka und andere Schoko-Produzenten zu: Mondelez beklagte in der Vergangenheit bereits massiv gestiegene Kakaopreise und generell gestiegene Kosten entlang der gesamten Lieferkette. Insgesamt sei das Geschäftsumfeld "komplexer und instabiler als je zuvor". 

Das insgesamt offenbar schwieriger gewordene Geschäft hat zuletzt auch zu einem aus Kundensicht umstrittenen Schritt von Mondelez geführt. Der Konzern erhöhte nicht nur die Preise einer regulären Tafel Alpenmilch-Schokolade von 1,49 auf 1,99 Euro, sondern reduzierte gleichzeitig auch den Inhalt eben dieser Milka-Tafeln von 100 auf 90 Gramm. Im Fachjargon nennt man das Shrinkflation. Mondelez und Milka sind dafür mit dem Goldenen Windbeutel für die dreisteste Werbelüge ausgezeichnet worden. 

Sollte dieser Schritt zu einem nachhaltigen Image-Schaden führen, könnte Mondelez eine neue Werbekampagne auflegen, um Markenbindung zu betreiben. Ob davon dann aber auch Seven.One Media etwas hätte, steht freilich auf einem anderen Blatt...

 

AEOS Werberanking ©

Auch in der vergangenen Woche hat es Milka in die Top 25 der reichweitenstärksten Marken geschafft, insgesamt 641 Spots sorgten für eine Bruttoreichweite in Höhe von 277 XRP. Die meisten Spots (13,4 Prozent) waren bei RTL zu sehen, erneut umschiffte Mondelez die ProSiebenSat.1-Sender großflächig. Anders hat's Froneri gemacht: Von den 335 Spots, in denen man für das Milka-Eis warb, liefen mehr als ein Fünftel bei ProSieben, Sat.1 & Co.

Sichtbarste Marke in den Werbeblöcken der TV-Sender ist in der zurückliegenden Woche erneut Müller gewesen, die 1.684 ausgestrahlten Spots sorgten hier für 679 XRP. Nur knapp dahinter kam Haribo mit 635 XRP ins Ziel, die Süßigkeitenmarke schaltete aber auch einige Spots weniger. Komplettiert wird das Treppchen von Dr. Oetker, wo man seine TV-Werbeaktivitäten in den vergangenen Wochen spürbar nach oben geschraubt hat. 

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Das Werberanking kurz erklärt

All Eyes On Screens (früher: AdScanner) stellt für das Ranking eine Liste aller in der vergangenen Woche im deutschen TV ausgestrahlten Werbespots zusammen und ermittelt für diese die in Summe erzielte Reichweite in den gemessenen Vodafone-Haushalten. Da hier die sekundengenaue Reichweite statt der bislang branchenüblichen Werbeinselreichweite als Grundlage dient, spricht All Eyes On Screens von XRP (Exact Rating Points). Da es sich um Brutto-Reichweiten handelt, werden dafür die Einzel-Reichweite jeder Ausstrahlung aufaddiert. Zur Veranschaulichung: Läuft ein Spot zehn Mal und erreicht dabei jeweils fünf Prozent der gemessenen Vodafone-Haushalte, ergibt das für die gesamte Woche 50 XRP - auch wenn es immer die gleichen fünf Prozent gewesen wären.