Vor rund einem Jahr ist die sogenannte Initiative 18 an den Start gegangen. Getragen vor allem von bekanntlichen Persönlichkeiten aus der Medien- und Kommunikationsbranche will das Bündnis, dass freie, sichere und nachhaltige Medien als das 18. Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen aufgenommen werden. Der Verein spricht sich für die Sicherstellung der Presse- und Rundfunkfreiheit und den Erhalt der Medienvielfalt aus. Dafür wirbt man auch für eine "verantwortungsvolle Allokation von Werbeinvestitionen".
Dieses Unterziel der Initiative 18 hat in den zurückliegenden Monaten vielleicht die größte Aufmerksamkeit erfahren. Denn hier wird es konkret: Welche Unternehmen unterstützen die Werbekunden mit ihren Spots und Anzeigen? Sind es heimische Medien, die in Journalismus investieren? Oder sind es die globalen Big Techs, die vorwiegend Werbegelder aus Deutschland abziehen und dabei teilweise auch zur Spaltung der Gesellschaft beitragen?
Anders, als man das vermuten könnte, geben die Initiatorinnen und Initiatoren keine klare Empfehlung ab, verstärkt bei bestimmten Medien zu werben - oder eben auf bestimmten Plattformen weniger. "Wir rufen keineswegs zum Boykott verschiedener Marktteilnehmer auf, weisen aber auf absehbare Konsequenzen hin, wenn der Markt nicht zu einer nachhaltigeren Allokation von Werbebudgets kommt", erklärte Manfred Kluge, Chairman der Omnicom Media Group Deutschland und Vorsitzender der Initiative 18, zuletzt im DWDL.de-Interview. Werbekunden würden individuell entscheiden, wo sie investieren.
In einer Zeit der ökonomischen Unsicherheit, in der sich viele Unternehmen aktuell befinden, denken viele Entscheider aber wohl in erster Linie nicht an den Wert von Medien für die Demokratie - sondern eher daran, wo die eingesetzten Werbegelder kurzfristig die größtmöglichen Reichweiten erzielen. In den USA sind Unternehmen zusätzlich unter Druck, sofern sie sich für Nachhaltigkeit und/oder Minderheitenrechte einsetzen, US-Präsident Trump höchstpersönlich hat die Hatz gestartet.

"Bei der Umsatzentwicklung sehen wir noch keine Trendwende."
Frank Giersberg, Geschäftsführer des Privatmedien-Verbands Vaunet
Und dennoch: Auf den Konten der Unternehmen ist die Debatte noch nicht angekommen. Werbungtreibende Unternehmen haben ihre Werbeinvestitionen bislang also nicht in einem wahrnehmbaren Ausmaß hin zu deutschen Medien verschoben. "Bei der Umsatzentwicklung sehen wir noch keine Trendwende", sagt Frank Giersberg, der darauf verweist, dass der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) für das laufende Jahr davon ausgeht, dass Google, Amazon, Meta und TikTok rund 72 Prozent der Digital-Investments auf sich vereinen. "All dies geschieht in einem Umfeld, in dem nach dem Global Risks Report 2025 des World Economic Forums Desinformation im zweiten Jahr in Folge die wichtigsten kurzfristigen Wirtschaftsrisiken ist, da sie das gesellschaftliche Vertrauen untergräbt und Spaltungen innerhalb und zwischen Nationen verschärft."
Absichtserklärungen, aber (noch) nicht mehr

Insgesamt zieht man beim BDZV ein Jahr nach dem Start der Initiative 18 ein ambivalentes Fazit: "Das Bewusstsein für Verantwortung wächst, konkrete Umschichtungen hin zu unabhängigen Medien sind aber noch eher punktuell." Damit bleibe es fraglich, ob die Unternehmen die selbst gesteckten Ziele langfristig in ihrer Mediastrategie verankern - "oder ob sie es bei Lippenbekenntnissen belassen". Man wolle das Thema auch beim eigenen BDZV-Kongress Mitte September aufgreifen.
"Das Bewusstsein für Verantwortung wächst, konkrete Umschichtungen hin zu unabhängigen Medien sind aber noch eher punktuell."
BDZV-Sprecherin
Und was sagen die werbungtreibenden Unternehmen zu der ganzen Debatte? Die sind seit dem Start der Initiative ziemlich stringent in ihrer Haltung: Bereits im vergangenen Jahr sprach der damalige Vorsitzende der Organisation Werbungtreibender im Markenverband (OWM), Uwe Storch, von einer "sehr guten Initiative" und erklärte, der Qualitätsjournalismus erfülle "wichtige Aufgaben". Gleichzeitig wies Storch auf Knackpunkte hin, etwa die konkrete Umsetzung. "Bei möglichen Rankings oder Bewertungen von Qualitätsmedien befürchte ich systemische Risiken und Zensur als Gefahr", so Storch damals. Eine mögliche Bewertung von Medien, die es in der Form nicht gibt, sieht auch der BDZV sehr kritisch.
Seit einigen Wochen ist Maike Abel neue OWM-Vorsitzende. Im Juni erklärte sie zu der Thematik in einem Interview mit dem Branchenmagazin "Horizont", dass sie es persönlich gut finde, dass die Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt werde. Abel: "Gleichzeitig bin ich davon überzeugt, dass jedes Mitglied für sich entscheiden muss, welchen Weg es wählt. Wir können und dürfen das unseren Mitgliedern nicht vorschreiben."
Das Verständnis der Politik ist gestiegen
Bleibt noch ein Blick auf die Politik: Hier hat sich in Deutschland in den zurückliegenden Monaten einiges getan. Kultur- und Medienminister Wolfram Weimer hat sich bereits mehrfach für einen sogenannten Plattform-Soli ausgesprochen, mit dem er große Digital-Konzerne wie Google oder Meta zur Kasse bitten will. "Es ist, als hätte er unsere Analysen der Initiative 18 gesehen und unsere Forderungen auch. Das lässt manches Positive erwarten", frohlockte Klaus-Peter Schulz, Geschäftsführer und Sprecher des Verbands Die Mediaagenturen, vor einiger Zeit auf LinkedIn. Weimer konstatierte damals, dass sich durch die Tech-Konzerne "monopolähnliche Strukturen" herausgebildet hätten.
Während sich Wirtschaftsministerin und Digitalminister zuletzt skeptisch in Bezug auf eine Plattform-Abgabe zeigten, war Weimer kürzlich noch optimistisch, dass der Soli kommt. Sein Vorstoß sei "bei den Parteien der Mitte im Bundestag" durchweg auf "positive Resonanz gestoßen", sagte Weimer dem Podcast "Table Today" von Table Media. Die Frage ist wohl auch: Was macht Donald Trump, wenn der von den Plänen des deutschen Medienministers Wind bekommt? Weimer wäre nicht der erste Politiker, der seine Pläne wegen des Wüterichs im Weißen Haus fallen lässt - oder fallen lassen muss. Das neue Verständnis auf Seiten der Politik über mächtige US-Konzerne ist aber in jedem Fall erwähnenswert - und auch das ist zum Teil auf die Initiative 18 zurückzuführen.
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