Das KI-Zeitalter hat für eine neue Art der journalistischen Meldung gesorgt. Immer häufiger kann man lesen, welche Unternehmen sich in die Nesseln gesetzt haben, weil sie in ihrer KI-Euphorie nicht so genau hingesehen und letztlich ein schlechtes Produkt abgeliefert haben. Da muss die Wirtschaftsberatungsgesellschaft Deloitte dem Staat Australien Geld erstatten, weil ein von ihnen mithilfe von KI erstellter Bericht voller Fehler war. Und bei Klarna setzt man mittlerweile doch wieder auf echte Menschen im Kundendienst, nachdem die KI (noch) nicht die erhoffte Dauerlösung war. 

Und auch in der Werbung ist die KI mittlerweile im Dauereinsatz. Manche Cases werden von Unternehmen als Best Practice vorgestellt - aber es gibt natürlich auch das komplette Gegenteil. Es gibt unzählige Beispiele von Kampagnen, bei denen Unternehmen wahlweise nicht so genau hingeschaut oder sich nicht so viele Gedanken gemacht haben, oder aber so sehr in einem KI-Rausch waren, dass es ihnen wohl vor allem darum ging, die neuen Möglichkeiten auszutesten - und das auf Kosten des Ergebnisses. DWDL.de hat einige KI-Fails aus den zurückliegenden Monaten und Jahren zusammengetragen. 

Als Griesson - de Beukelaer vor einigen Monaten einen neuen Spot für seine Prinzen Rolle veröffentlichte, war der Shitstorm vorprogrammiert: Die lachenden Kinder, die man dort in blühenden Landschaften sah, waren KI-generiert, was vor allem online zu einem veritablen Shitstorm führte. Der Spot wies zwar keine offensichtlichen Fehler auf, Kritikern monierten jedoch, dass das Unternehmen damit seinen Markenkern verrate. Und die Logik ist nachvollziehbar: Wenn dem Unternehmen die Authentizität seiner Werbung nicht so wichtig ist, wieso beim nächsten Mal im Supermarkt nicht zur Billig-Variante der Prinzen Rolle greifen? Vielleicht ist Griesson - de Beukelaer hier einfach vor seiner Zeit gewesen. Den Spot hat man trotzdem von YouTube entfernt, bis heute ist er dort nicht mehr zu finden. 

Der Zeit voraus?

Ein Fall von "seiner Zeit voraus" ist vielleicht auch der von Google aus dem vergangenen Jahr: Um den eigenen KI-Dienst Gemini zu bewerben, drehte man einen Spot, in dem man sehen konnte, wie ein Vater seiner Tochter dabei hilft, einen Brief an ihr Vorbild zu schreiben - und das vollständig durch KI. Google wurde dafür unter anderem für die fehlende Authentizität und Kreativität kritisiert. Einige Zeit später wollte Google beim Super Bowl einen Spot zeigen, in der Menschen Gemini Fragen stellen. In seiner Antwort über die Käsesorte Gouda verstieg sich Gemini in Aussagen, die so wohl nicht stimmen. Google tauschte das Video aus und Gemini machte plötzlich keine konkreten Angaben mehr zum globalen Gouda-Konsum. 

Mit Coca-Cola hat sich zudem ein weiterer Weltkonzern bereits in die KI-Nesseln gesetzt. Für eine Kampagne wollte man Erwähnungen der eigenen Marke in alten Büchern herausstellen. Doch einige der von Coca-Cola zitierten Passagen waren völlig falsch. Im vergangenen Jahr gab es für den Konzern in einem anderen Fall viel Kritik, weil man versucht hatte, die legendären Weihnachtsspots mithilfe von KI nachzustellen. Auch das wurde von vielen Kritikern als seelenlose Kopie abgestempelt. Doch der Konzern hat offenbar Gefallen an KI gefunden: Zuletzt wurde ein neuer "Holidays are coming"-Spot veröffentlicht. Die darin zu sehenden und mit KI erstellten Tiere sahen teilweise nicht sehr realistisch aus - andere dagegen schon. Ein Blick in die Kommentarspalte zeigt: Die meisten User reagieren allergisch auf den Einsatz von KI. 

Wenn Heidi Klum ein Finger fehlt

Immer beliebter werden aktuell auch KI-Models. Modelabels setzen immer mehr auf künstlich erstellte Männer und Frauen, weil sie neben Vielfalt auch vermeintlich mehr Möglichkeiten zu einem geringeren Preis liefern als Menschen aus Fleisch und Blut. Für den Einsatz von KI-Models wurden Unternehmen wie Levis und Calvin Klein schon vor Jahren kritisiert, doch dieser Trend scheint kaum aufhaltbar zu sein. 

Als Amazon vor mehr als zwei Jahren für seine damals noch unveröffentlichte Serie "Fallout" warb, wies das veröffentlichte Plakat im Comic-Stil gleich mehrere haarsträubende Fehler auf. Kurz danach veröffentlichte ProSieben ein Plakat zur neuen Staffel von "Germany’s Next Topmodel" - und Heidi Klum fehlte plötzlich ein Finger

Es sind die vielleicht offensichtlichsten Fälle von AI slop, also Bilder, die mit der Hilfe von KI erstellt wurden und dabei ganz offensichtlich qualitativ minderwertig sind. Für Deutschland gibt es keine naheliegende Übersetzung für den Begriff, in Österreich spricht man mittlerweile von "KI-Gatsch" (also sowas wie: KI-Matsche). Nicht immer ist klar, ob tatsächlich KI im Einsatz war oder ob Ergebnisse manchmal auch schlicht auf menschliches Versagen zurückzuführen sind. Beim Amazon-Plakat zu "Fallout" war aber sehr klar eine schlechte KI im Einsatz - und niemand hat noch einmal drübergeschaut.

AI slop nicht nur in der Werbung

Bei jeder Kampagne, bei der KI zum Einsatz kommt, sollten sich Kreative wie Unternehmenslenker fragen, was das mit der Marke macht. Der Einsatz von KI wird nun schon lange breit diskutiert, dennoch befinden wir uns im KI-Zeitalter noch ganz am Anfang. Da ist es normal, dass es mehr Kritik gibt. Wenn sich aber ein Unternehmen immer als möglichst authentisch präsentiert hat, läuft es dem Ziel möglicherweise diametral entgegen, wenn man plötzlich auf KI-Spots umstellt. Dass man auch mit KI erstellte Produkte auf Herz und Nieren (und fehlende Finger) gegenchecken muss, sollte selbstverständlich sein. Ist es offenbar nicht, fragen Sie mal die Wirtschaftsprüfer von Deloitte!

Es ist aber natürlich längst nicht so, als würde der KI-Gatsch nur in der Werbung vorkommen. Als Viaplay Anfang des Jahres die Serie "Murderesses" in Deutschland veröffentlichte, sorgte das für Hohn und Spott, weil die KI-Synchronisation derart schlecht war, dass Magenta TV die Serie kurzerhand offline nahm. Als Paramount im März dieses Jahres den Trailer zu seinem neuen Film "Novocaine" veröffentlichte, machte auch der vor allem Schlagzeilen wegen der schlechten KI-Synchro. Und als Sport1 vor einigen Monaten auf Instagram für seine neue Show "Darts Party" warb, waren nicht nur ausnahmslos alle Darts-Scheiben auf den KI-erstellten Bildern falsch, auch die Gliedmaßen der abgebildeten Menschen waren nicht immer so, wie man sich das in der Realität vorstellt.