Alle reden über Künstliche Intelligenz – und nicht wenige sogar mit ihr. Aber was, wenn eine Companion-App plötzlich mehr Nähe bietet als die eigene Partnerin? Mit dieser Frage beschäftigt sich die neue ZDFneo-Serie "The other gAIrl", deren Umsetzung glücklicherweise weniger verkopft ist als ihr Titel. In nur sechs Mal 15 Minuten gelingt es ihr erstaunlich gut zu erzählen, welche Auswirkungen digitale Versuchungen auf die analoge Welt haben können.
Im Mittelpunkt der Story stehen Frank und Lisa, ein auf den ersten Blick ganz gewöhnliches Paar, das sich über die Jahre hinweg jedoch ein wenig auseinandergelebt zu haben scheint. Während sie in Teilzeit eine Tanzschule leitet und sich quasi nebenbei auch noch um den gemeinsamen Sohn kümmern muss, ist er als leitender Angestellter eines mittelständischen Unternehmens ebenso stark eingespannt. Ausgerechnet von einer KI-App erhofft sich Frank den (sexuellen) Ausgleich, den er in der echten Beziehung vermisst. So entsteht Maia, eine von künstlicher Intelligenz erschaffene Traumfrau mit dem Namen seiner Ex-Freundin, die jederzeit zu wissen scheint, welche Bedürfnisse Frank gerade hat.
Es braucht nicht lange, bis Lisa von der digitalen Affäre Wind bekommt, doch weil Frank durch Maia regelrecht aufzublühen scheint, lässt sich das KI-Techtelmechtel zu – und die Probleme nehmen langsam, aber sicher Fahrt auf. Auch, weil Lisa parallel dazu mit einem Kollegen anbandelt.
Mit Leichtigkeit und Tiefgang
Es ist eine sehr zeitgemäße Romantic Comedy, die Welf Reinhart nach den Büchern von Julia Hingst und Hannes Jakobsen inszeniert hat. Und wahrscheinlich hätte man die Geschichte noch vor nicht allzu langer Zeit als absurde Spinnerei abgetan. Doch der wachsende Einfluss von künstlicher Intelligenz auf unseren Alltag lässt "The other gAIrl" plötzlich arg realistisch erscheinen. Erst recht, da die Story trotz ihrer Prämisse bemerkenswert bodenständig daherkommt.
© ZDF/Micky Graeter
Auch auf der Arbeit hat Frank Probleme: Er muss zu einem Gespräch mit seinem Chef Karsten (Jan Henrik Stahlberg) und einer Personalerin (Claudia Obert).
Ganz sicher hilft es der Serie, dass Frank und Lisa von einem echten Paar verkörpert werden: Tom Beck und Chryssanthi Kavazi, im wahren Leben seit vielen Jahren zusammen, verleihen ihren Figuren in ihrem ersten gemeinsamen Projekt vor der Kamera Leichtigkeit und Tiefgang zugleich. Dazu kommen gelungene Dialoge, die einen einen amüsanten Alltagseinblick gewähren. "Tut mir leid, dass ich mich über deine Tulpen nicht freue, wenn ich von deinem Einkauf Dünnschiss bekomme", sagt Lisa in einer Szene, die davon handelt, dass Frank ihr zwar Blumen geschenkt, aber eben auch die falsche Milch besorgt hat. Und dass plötzlich auch noch Claudia Obert in einer Gastrolle mit strengem Blick zum Mitarbeitergespräch mit Frank lädt, zeigt die kreativen Details, mit denen die Serie immer wieder aufwartet.
Es stecken also viel Herz und Humor in dieser Produktion von Drive Beta, obwohl die Produktion als sogenannte "Instant-Fiction-Serie" angelegt ist, bei der zwischen dem Schreiben des Buchs und der Ausstrahlung gerade einmal ein halbes Jahr liegen. Vor allem aber verliert "The other gAIrl" – aller Gefahren, die im Umgang mit KI lauern, zum Trotz – nicht den optimistischen Blick, zeigt die Serie am Ende doch, dass künstliche Intelligenz auch dem Zwischenmenschlichen helfen kann.
"The other gAIrl", ab sofort im ZDF-Streamingportal. Die lineare Ausstrahlung erfolgt am Sonntag, den 23. November ab 20:15 Uhr bei ZDFneo
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